rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Anwendung der 1 %-Regelung für Umsatzbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nichtunternehmerische Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugen ist als unentgeltliche Wertabgabe umsatzsteuerpflichtig. Zum Nachweis des Verhältnisses zwischen unternehmerischer und privater Nutzung bedarf es objektiv nachprüfbarer Unterlagen, wie z. B. eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs.

2. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen zu den geschäftlichen Reisen Angaben enthalten, anhand derer sich die berufliche Veranlassung der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch nachprüfen lässt. Hierfür hat das Fahrtenbuch neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. – wenn ein solcher nicht vorhanden ist – den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen.

3. Die Angabe „geschäftlich” bei „Zweck der Fahrt” ist ausreichend, wenn sich anhand der sonstigen Angaben im Fahrtenbuch über Datum, Fahrtziel, Name der besuchten Personen mit Firmenangabe die jeweilige unternehmerische Veranlassung der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch nachprüfen lässt.

4. Allein aus dem Umstand, dass die Eintragungen im Fahrtenbuch von einer Mitarbeiterin des Unternehmens und nicht von den Fahrern vorgenommen worden sind, kann nicht gefolgert werden, dass die Eintragungen nicht zeitnah erfolgt sind.

5. Unschädlich ist auch, wenn im Fahrtenbuch bei den einzelnen Fahrten kein Name des jeweiligen Fahrers eingetragen worden ist. Denn maßgeblich ist nicht, wer gefahren ist, sondern ob es sich um eine Fahrt für private oder unternehmerische Zwecke gehandelt hat. Das Fahrtenbuch bezieht sich auf das Fahrzeug, welches auch für die private Nutzung zur Verfügung steht, nicht aber auf Fahrer, denen betriebliche Fahrzeuge auch zu privaten Zwecken zur Verfügung gestellt werden.

6. Der Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG (sog. 1 %-Regelung) stellt für das Umsatzsteuerrecht zwar keinen geeigneten Maßstab dar, um Fahrzeugkosten auf Privatfahrten und unternehmerische Fahrten aufzuteilen. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn das FA aus Vereinfachungsgründen den ertragsteuerlichen Wert der 1 %-Regelung als Bemessungsgrundlage im Schätzungswege unter Berücksichtigung eines pauschalen Abschlags wegen der nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten von 20 % übernimmt, wenn keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligung des Steuerpflichtigen durch die Anwendung der 1 %-Regelung gegeben sind.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 S. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Tenor

1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 2005 und 2006 vom 18. Mai 2007 und 10. April 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 29. September 2009 wird die Umsatzsteuer für 2005 auf … EUR und für 2006 auf … EUR herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 16 %, der Beklagte zu 84 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Umfang der Besteuerung der privaten Nutzung von dem Unternehmen der Klägerin zugeordneten Pkw.

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb eines Metall- und Maschinenbauunternehmens. Gesellschafter waren jeweils zu gleichen Teilen Herr J und Herr H.

Die Klägerin hatte in den Streitjahren einen VW Touareg (X-WY 10) sowie von Dezember 2001 bis November 2005 einen Porsche Boxter (X-RH 986) und ab Dezember 2005 einen Audi A8 (X-HR 200) geleast und hierfür Fahrtenbücher geführt. Der Porsche Boxter wurde nach Ablauf des Leasingvertrages von H gekauft.

Außerdem waren auf H bis zum 25. November 2005 ein Pkw mit dem amtl. Kennzeichen X-DY 609, sowie ab 21. Dezember 2006 ein Ford Transit und auf J bis zum 15. Februar 2005 ein Pkw mit dem amtl. Kennzeichen X-SJ 201 sowie ab dem 1. April 2005 ein Porsche (X-JW 911) angemeldet. Der Pkw mit dem amtl. Kennzeichen X-DY 609 stand nach Auskunft der Klägerin vom 2. August 2012 der Lebensgefährtin des H zur Verfügung.

Bei der Klägerin waren für den VW Touareg (X-WY 10) im Jahr 2005 vorsteuerbelastete Kosten (Leasingraten, Reparaturen) in Höhe von 16.159,95 EUR und im Jahr 2006 in Höhe von 16.304,78 EUR angefallen. Für den Audi A8 (X-HR 200) waren im Dezember 2005 vorsteuerbelastete Kosten in Höhe von 1.033,30 EUR und im Jahr 2006 in Höhe von 12.448,90 EUR angefallen. Für den Porsche Boxter (X-RH 986) betrugen diese im Jahr 2005 10.815,09 EUR.

In ihren Umsatzsteuererklärungen ging die Klägerin davon aus, dass entsprechend den von ihr geführten Fahrtenbüchern der VW Touareg im Jahr 2005 zu 6,84 % und im Jahr 2006 zu 3,43 % privat genutzt worden sei. Hinsichtlich...

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