rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung an LSt-Anrufungsauskunft. Keine Pauschbesteuerung von Tombolagewinnen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung, wenn es nur Gewinnerlose gibt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Keine Bindung des FA an Anrufungsauskunft bei anders verwirklichtem Sachverhalt.

2. Zuwendungen, die mit einer Betriebsveranstaltung nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen, sondern nur bei Gelegenheit der Veranstaltung überreicht werden, können nicht nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG pauschal besteuert werden. Im Streitfall trifft dies für die Gewinne einer Tombola zu; anders als bei einer „normalen” Tombola war die „Verlosung” von Reisen so ausgestaltet, dass es keine „Nieten” gab, also Lose, die keinen Gewinn versprachen. Diese Gewinne im Bereich zwischen 11.000 DM und ca. 52.000 DM unterliegen der Regel-Lohnbesteuerung.

 

Normenkette

EStG § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 42e

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin als Arbeitgeberin für Lohnsteuern (LSt) haftet.

1. Die Klägerin beschäftigte im Streitjahr 1998 mehrere Arbeitnehmer und war nach § 38 Abs. 3 und § 41 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) verpflichtet, die von den Einkünften ihrer Arbeitnehmer durch Abzug zu erhebende Lohnsteuer anzumelden und abzuführen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 1998 beantragte die Klägerin beim Beklagten – dem Finanzamt (FA) – eine verbindliche Auskunft nach § 42e EStG. Den Sachverhalt schilderte sie darin wie folgt:

„Meine Mandantschaft beabsichtigt, anlässlich der Betriebsveranstaltung Weihnachtsfeier eine Verlosung für die Mitarbeiter durchzuführen. Gewinne der Verlosung sollen Reisen sein, deren Wert zwischen zweitausend und dreißigtausend DM liegen werden.

Ist eine Pauschalierung gem. § 40 (2) Ziffer 2 EStG (mit 25%) anzuwenden?”

Das FA erteilte die beantragte Auskunft mit Schreiben vom 11. Dezember 1998 unter der Überschrift „Anrufungsauskunft nach § 42e EStG” mit folgendem Wortlaut:

„… zu ihrem Schreiben vom 8.12.1998 nehme ich zur Besteuerung der Zuwendungen von Verlosungsgewinnen wie folgt Stellung:

Werden Gewinne von größerem Wert anlässlich einer Betriebsveranstaltung verlost, gehören die gesamten Zuwendungen an die Arbeitnehmer, einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen, zum Arbeitslohn. Die Anwendung des Pauschsteuersatzes von 25% gem. § 40 Abs. 2 EStG ist möglich (A 72 Abs. 6 LStR 1996).

Die Bindungswirkung tritt außer Kraft, wenn Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, geändert werden.”

Die Klägerin versteuerte die Löhne entsprechend mit dem Pauschsteuersatz.

2. Im Jahr 2001 führte das FA eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch, die auch das Streitjahr umfasste. Dabei stellte es fest (Prüfungsbericht vom 9. November 2001), dass die Weihnachtsfeier am 12. und 13. Dezember 1998 – wohl aufgrund des gleichzeitig gefeierten 10jährigen Firmenjubiläums und des außerordentlich guten Jahresergebnisses – wesentlich „üppiger” ausgefallen war, als in den Jahren zuvor und nachher, in denen sowohl der Rahmen schlichter gewesen, als auch keine Verlosung durchgeführt worden sei. Mit Ausnahme des Gesellschafter-Geschäftsführers hatten alle Arbeitnehmer einen Reisegutschein für eine Urlaubs- bzw. Erlebnisreise im Wert zwischen 11.733 und 52.036 DM nach dem Verteilungsmodus der Verlosung erhalten. Bei der Verlosung gab es also keine „Nieten”.

Der Prüfer erachtete die Pauschalbesteuerung für nicht anwendbar, weil die Reisegutscheine nur bei Gelegenheit, nicht aber anlässlich der Weihnachtsfeier zugewandt worden seien. Die verbindliche Auskunft stehe einer Änderung nicht entgegen, weil der Sachverhalt damals von der Klägerin nicht vollständig bzw. richtig dargestellt worden sei. Die Zuwendung sei daher mit den individuellen Bruttosteuersätzen nach § 39b EStG zu ermitteln.

3. Das FA wertete die Prüfungsergebnisse in einem zusammengefassten Nachforderungsund Haftungsbescheid vom 16. November 2001 aus. Es erließ für den Prüfungszeitraum drei Nachforderungsbescheide, die auch andere – nicht mehr streitige – Nachforderungstatbestände umfassten. In einem von ihnen verrechnete es die von der Klägerin für die zugewendeten Reisen abgeführte pauschaliert ermittelte LSt als Erstattung. In einem hiervon abgesetzten, vierten Bescheid nahm das FA die Klägerin für die nach § 39b EStG ermittelte LSt für die zugewendeten Reisegutscheine in Haftung. Den Lohnsteuer-Haftungsbetrag kennzeichnete es als solchen deutlich und errechnete ihn mit 112.781 DM, den Solidaritätszuschlag (6.202,95 DM) und die röm.-kath. Kirchensteuer (4.476,80 DM) entsprechend.

4. Gegen sämtliche Bescheide wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 19. Dezember 2001. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens erzielte die Klägerin mit dem FA über andere Streitpunkte Einigkeit. Es erließ am 12. Juni 2002 einem „geänderten Nachforderungsbescheid”. Auf dessen Inhalt wird verwiesen (Bl. 157 der LSt-Akte). Mit Schreiben vom 15. Juli 2001 erklärte die Klägerin, sie wende sich gegen diesen B...

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