rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbarkeit einer entgeltlichen Tätigkeit als Aufsichtsrat eines eingetragenen Vereins; Unternehmereigenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das fehlende Unterordnungsverhältnis bzw. die fehlende Weisungsgebundenheit des Aufsichtsratsmitglieds reichen für die sowohl in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG als auch in Art. 9 Abs. 1 S. 1 MwStSystRL für die Unternehmereigenschaft vorausgesetzte „selbständige Ausübung” der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied nicht aus.

2. Der Stpfl. hat zudem kein wirtschaftliches Risiko getragen. Ein solches Risiko ist nach Auffassung des erkennenden Senats zu bejahen, wenn der Stpfl. eine erfolgsabhängige Vergütung erhalten oder ein Verlustrisiko getragen hätte. Eine solche Vergütung ist nicht gegeben, denn der Stpfl. erhielt in den Streitjahren Zahlungen aufgrund eines garantierten Auslagenersatzanspruchs. Eine ein wirtschaftliches Risiko begründende persönliche Haftung für Pflichtverletzungen ist für Aufsichtsratsmitglieder in der Vereinssatzung nicht vorgesehen.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2; MwStSystRL Art. 9 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht die vom Kläger in den Streitjahren 2011-2013 als Aufsichtsratsmitglied des G e.V. erhaltenen Sachbezüge der Umsatzsteuer unterworfen hat.

Bei dem Kläger, der hauptberuflich neben seiner Aufsichtsratstätigkeit bei dem G e.V. geschäftsführender Gesellschafter zunächst der L GmbH und sodann der D GmbH war, fand für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt.

Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 11.04.2016 wird verwiesen.

Dort wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger Aufsichtsratsvergütungen des G e.V. zu Unrecht als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer erklärt habe. Die (Brutto-) Bemessungsgrundlagen für die nach Auffassung der Betriebsprüfung der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Aufsichtsratsvergütungen betrugen entsprechend den Ermittlungen der Betriebsprüfung

2011:

… € (darin enthaltene Umsatzsteuer: … €)

2012:

… € (darin enthaltene Umsatzsteuer: … €)

2013:

… € (darin enthaltene Umsatzsteuer: … €).

Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erließ der Beklagte gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide 2011-2013 vom 19.05.2015, gegen die der Kläger Einspruch einlegte.

Zur Begründung seines Einspruchs führte der Kläger im Wesentlichen aus, dass die Aufsichtsratsmitglieder des G e.V. ehrenamtlich tätig seien. Gemäß der Finanzordnung des Vereins stehe den Aufsichtsratsmitgliedern zur Ausübung ihrer Tätigkeit ein Budget in Höhe von bis zu … € zur Verfügung. Dieses Budget berechtige die Aufsichtsratsmitglieder zum Erhalt von Dauerkarten, Karten für … Spiele und die damit verbundenen Reisekosten, Tageskarten sowie Fanartikel. Er habe sein Budget dementsprechend genutzt. Die Umsatzsteuerpflicht der Sachzuwendungen aus dem Budget scheide aus, da die Sachzuwendungen kein Entgelt für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gewesen seien. Er habe vielmehr seine Aufsichtsratstätigkeit nur durch die ihm zur Verfügung gestellten Eintrittskarten ausüben können. Die Vereinsmitglieder erwarteten von allen Aufsichtsratsmitgliedern, dass diese sich einen eigenen Eindruck über die Verfassung des Vereins bildeten. Insofern folge die fehlende Umsatzsteuerbarkeit der Sachzuwendungen aus dem Budget auch aus den hier anwendbaren Grundsätzen der Rechtsprechung zu im überwiegenden betrieblichen Interesse erbrachten Arbeitgeberleistungen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2018 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst unter Ergänzung seiner Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren vorgetragen, er habe wegen der fehlenden nachhaltigen Erzielung von Einnahmen keine unternehmerische Tätigkeit gemäß § 2 UStG ausgeübt. Auch sei er mangels einer Gegenleistung des G e.V. nicht im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG tätig geworden.

Mit Schriftsatz vom 19.02.2020 verweist der Kläger nunmehr auf das EuGH-Urteil vom 13.06.2019 – C-420/18 – IO. Hiernach sei ein Aufsichtsratsmitglied dann nicht als Unternehmer tätig, wenn es weder im eigenen Namen noch für eigene Rechnung oder in eigener Verantwortung tätig werde. Dem Urteil des EuGH folgend habe der BFH mit Urteil vom 27.11.2019 – V R 23/19 – entschieden, dass einem Aufsichtsratsmitglied bei einer vereinbarten Festvergütung wegen fehlendem wirtschaftlichen Risiko die Unternehmereigenschaft fehle.

Sollten – auch wenn er dies weiterhin bestreite – die Sachzuwendungen aus dem Budget für Aufsichtsratsmitglieder des G e.V. an ihn eine Vergütung darstellen, erfolge diese unabhängig von der qualitativen oder quantitativen Ausübung seiner Aufsichtsratstätigkeit. Er trage daher als Aufsichtsratsmitglied kein wirtschaftliches Risiko und sei demzufolge nicht als Unternehmer für die erhaltenen Zuwendungen umsatzsteuerpflichtig.

Mit Schriftsatz vom 16.07.2020, auf den Bezug genommen wird, ...

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