Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Betriebseinnahme und durchlaufendem Posten und Folgen für die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Indem der Stpfl. in seiner Funktion als Rechtsanwalt Mandantengelder von seinem betrieblichen Girokonto auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto transferiert hat, hat er auf das Fremdgeld zugegriffen und es für eigene betriebliche Zwecke verwendet in der Absicht für sich Zinseinnahmen zu generieren. Maßgebend ist, dass der Stpfl. das Geld nicht mehr im fremden Namen und auf fremde Rechnung verwahrt, sondern auf eigene Rechnung und im eigenen Namen vereinnahmt hat. Somit fehlt es an der für einen durchlaufenden Posten notwendigen Verklammerung zwischen der Einnahme und der Ausgabe des streitgegenständlichen Geldes zu einem einheitlichen Vorgang.

2. Das streitgegenständliche Geld gehört auch zum Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG, da der Kläger sich durch Zugriff auf den Betrag und Überweisung auf sein verzinsliches Festgeldkonto gerade nicht wie eine Zahlstelle für die Leistungsempfängerin - seine Mandantin - verhalten hat, sondern mit Eigenbesitzwillen gehandelt hat.

 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 1 S. 1; EStG § 4 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung einer umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahme i.H.v. 527.800 EUR (455.000 EUR zzgl. 72.800 EUR Umsatzsteuer) streitig.

Der Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt und erzielt daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

In der Zeit von 2004-2006 vertrat der Kläger Frau A in einer Vaterschaftsangelegenheit. Zwischen dem Kläger und seiner Mandantin wurden sowohl am 06.09.2004 als auch am 07.11.2005 ein Mandatsübernahmevertrag geschlossen, worin ein Stundenlohn und ein Erfolgshonorar vereinbart wurde, sowie das Recht des Klägers, Geld aus dem Rechtsstreit für die Mandantin entgegenzunehmen, davon sein Honorar abzuziehen und unverzüglich an die Mandantin auszuzahlen. Im Vertrag aus 2004 wurde die Geltung französischen Rechts vereinbart (vgl. Protokoll zur öffentlichen Sitzung des Landgerichts B vom 05.11.2009 Az. 1 S. 3f.). Nach einem gerichtlichen Vergleich nahm der Kläger für seine Mandantin im Januar 2006 einen Geldbetrag i.H.v. 1.500.000 EUR entgegen. Das Geld ging am 13.01.2006 auf ein Geschäftskonto des Klägers ein, welches nicht als Anderkonto oder Fremdgeldkonto geführt wurde. Er verbuchte das Geld mit dem Buchungstext „108/4 Zahlung Dritter FG”. Am gleichen Tag (13.01.2006) erteilte der Kläger seiner Mandantin eine Rechnung über 527.800 EUR. Den (rechnerischen Differenz-) Betrag von 972.200 EUR zahlte er an seine Mandantin aus und verbuchte ihn mit dem Text „108/4 Auszahlung FG”. Den Rechnungsbetrag verbuchte er als Erlös und deklarierte ihn in seiner Umsatzsteuervoranmeldung als umsatzsteuerpflichtigen Umsatz. Am 19.01.2006 überwies er ihn auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto (Buchungstext: „Geldtransit auf 1007”). Am 10.11.2006 verbuchte der Kläger eine Privatentnahme in Höhe von 480.000 EUR.

Im Laufe des Streitjahres kam es zwischen dem Kläger und seiner Mandantin zu einem Streit über die Abrechnung des Mandatsverhältnisses. Der Kläger berief sich auf die Vereinbarung eines Erfolgshonorars i.H.v. 527.800 EUR (455.000 EUR zzgl. 72.800 EUR Umsatzsteuer). Die Mandantin bestritt die Forderung. Sie erhob im Dezember 2008 Klage beim Landgericht B (Az. 1), nachdem sie den Kläger bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 15.05.2008 zur Auszahlung des Betrags aufgefordert hatte. Im Klageverfahren bestritt die Mandantin die Wirksamkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufrechnung mit der Begründung, die Honorarvereinbarung sei unwirksam. Sodann machte der Kläger die Einnahmen in der Buchführung rückgängig und verbuchte den Betrag als Fremdgeld. Dementsprechend gab der Kläger den Betrag in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006, die er im September 2008 beim Beklagten einreichte, nicht mehr als Erlös an. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht B am 5.11.2009 schloss der Kläger mit seiner Mandantin einen Vergleich, nach dem die Geltung deutschen Rechts vereinbart wurde. In dem Vergleich heißt es:

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass wechselseitig keinerlei Ansprüche mehr aus dem beendeten Mandatsverhältnis bestehen und dass dies auch das Verhältnis des Beklagten zu den Abkömmlingen der Klägerin betrifft.”

Da der Vergleich von der Zustimmung der streitverkündeten Abkömmlinge der Mandantin des Klägers abhängig gemacht wurde, stellte das Landgericht mit Beschluss vom 23.2.2010 fest, dass die Streitverkündeten dem Streit beigetreten sind und dem Vergleich zugestimmt haben.

Nach einer Betriebsprüfung bei dem Kläger vertrat der Prüfer die Ansicht, der Gewinn sei im Streitjahr um 527.800 EUR zu erhöhen. Dieser Rechtsansicht folgend erließ der Beklagte am 23.1.2012 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2006, in dem er den Gewinn...

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