Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltshonorar als tarifbegünstigte Vergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Honorar, das einem Rechtsanwalt für die mehrjährige Bearbeitung diverser Klagverfahren für die gleichen Mandanten in einem Betrag in einem einzigen Veranlagungszeitraum zufließt, ist nicht den außerordentlichen Einkünften i. S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 4 EStG zuzuordnen.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4; FGO § 115 Abs. 2, § 135

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.01.2013; Aktenzeichen III R 84/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist eine Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) im Veranlagungszeitraum 2006 wegen außerordentlicher Einkünfte des Klägers zu 1. durch Zufluss von Anwaltshonorar für eine sich über mehrere Jahre erstreckende Anwaltstätigkeit streitig.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er übt diese Tätigkeit in einer Einzelpraxis aus. Er wird mit der Klägerin zu 2., seiner Ehefrau, gemeinsam steuerlich veranlagt. Im März 2003 wurde der Kläger von einem Geschwisterpaar in einer Erbschaftsangelegenheit mandatiert. Die Mandanten waren die gesetzlichen Erben, und zwar die Nichte und der Neffe, der Erblasserin, die ein Vermögen von ca. 10 Mio. Euro hinterlassen hatte. Da sich aufgrund eines notariellen Erbvertrages eine weitere Person namens E. berühmte, Erbe zu sein, kam es zu einem Rechtsstreit. Der Kläger vertrat die Nichte der Erblasserin in einer Erbfeststellungsklage vor dem Landgericht (Az. .....) und beide Mandanten im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht sowie als Geschädigte in einem Strafverfahren gegen E., den Notar R. sowie einen weiteren Hintermann S. Das Landgericht kam im Strafverfahren aufgrund eines Sachverständigengutachtens zu dem Schluss, dass die vorgelegten Urkunden, insbesondere der Erbvertrag, sämtlich gefälscht waren. S. wurde die Herausgabe der von ihm verschobenen Vermögenswerte auferlegt, was im Herbst 2006 auch geschah. E. und R. wurden strafrechtlich verurteilt. Das Landgericht gab der Erbfeststellungsklage mit Versäumnisurteil vom 13.10.2006 statt, nachdem es zuvor mit Beschluss vom 23.12.2003 Prozesskostenhilfe gewährt hatte.

In diesem Zusammenhang überwies S. an die Mandanten des Klägers zu 1. auf dessen Anwaltskonto den Betrag von 100.173,09 €. Nachdem die beiden Mandate betreffend die Erbrechtsklage und die Vertretung als Geschädigte im Strafverfahren Ende 2006 beendet waren, trafen der Kläger zu 1. und die beiden Mandanten am 27.12.2006 Honorarvereinbarungen über insgesamt 54.500 € (40.000 € für die Erbrechtsklage und 14.500 € für die Vertretung im Strafverfahren). Dieser Betrag wurde mit dem Fremdgeld auf dem Anwaltskonto des Klägers zu 1. verrechnet.

Der Jahresgewinn des Klägers aus seiner anwaltlichen Tätigkeit belief sich

im Jahr 2003 auf 18.768,51 €,

im Jahr 2004 auf ./. 768,60 €,

im Jahr 2005 auf 20.392,33 €,

im Jahr 2006 auf 61.931,06 €,

im Jahr 2007 auf 67.517,67 € (Anlage K 6),

im Jahr 2008 auf 45.984,03 € (Anlage K 7).

Ohne die Honorare aus der Erbrechtsangelegenheit hätte sich der Jahresgewinn des Klägers zu 1. in 2006 aus seiner anwaltlichen Tätigkeit somit auf 7.431,06 € (61.931,06 € ./. 54.500 €) belaufen.

Die Kläger gaben in ihrer Einkommensteuererklärung 2006 vom 01.06.2007 eine Tarifbegünstigung im Sinne von § 34 Abs. 2 Nrn. 2 - 5 EStG in Höhe von 54.500 € an (EStA Bl. 12 Rückseite).

Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 03.01.2007 wurde die Einkommensteuer auf 14.552 € festgesetzt, die begehrte Tarifbegünstigung erkannte der Beklagte nicht an (RbA Bl. 3 f und EStA Bl. 38 - Anlage).

Den Einspruch der Kläger vom 17.01.2008, mit dem sie darauf hinwiesen, dass es sich bei der Honorarzahlung um eine Zusammenballung der Honorare für mehrjährige Tätigkeit gehandelt habe, da die Mandanten nicht in der Lage gewesen seien, Vorschüsse zu erbringen, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.10.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei den Einnahmen von 54.500 € nicht um außerordentliche Einkünfte gehandelt habe. Die Rechtsberatung in Erbschaftsangelegenheiten und die Vertretung vor Gericht gehörten zu den typischen Aufgaben eines Rechtsanwalts. Der Kläger zu 1. habe eine in sich abgeschlossene Leistung erbracht, die sich um einen mehrjährigen Zeitraum erstreckt habe und erst nach Abschluss entlohnt worden sei.

Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 26.11.2008, beim Finanzgericht am gleichen Tage eingegangen, Klage mit dem Ziel, für die Einnahmen aus der Erbschaftsangelegenheit in Höhe von 54.500 € die Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu erhalten. Zur Begründung führen die Kläger aus, es habe sich bei dem streitigen Honorar um eine zusammengeballte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gehandelt, die in einem Kalenderjahr gezahlt worden sei.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliege das Einkommensteuerrecht prinzipiell dem Gleichbehandlungsgebot der Einkunftsarten. Grundsätzlich seien daher auch im Rahmen des § 34 EStG alle Einkunftsarten gleich zu be...

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