Entscheidungsstichwort (Thema)

Stripteasetänzern von Gästen zugewendetes Spielgeld kein Trinkgeld i.S. von § 3 Nr. 51 EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Trinkgeld wird dem Arbeitnehmer "von Dritten (...) gegeben", wenn der Arbeitnehmer an dem zugewendeten Geld eine originäre Berechtigung, i.d.R. (Mit-)Eigentum, erwirbt. Dagegen genügt es nicht, wenn das Eigentum an dem Geld auf den Arbeitgeber übergeht und dem Arbeitnehmer gegen diesen lediglich aufgrund des Arbeitsvertrages ein Auszahlungsanspruch zusteht.

Können Gäste eines Stripteaselokals zu einem bestimmten Kurs Spielgeld erwerben, das sie den Tänzern zuwenden können, und kann dieses Spielgeld ausschließlich durch die Tänzer bei dem Lokalbetreiber und Arbeitgeber in Geld zurückgetauscht werden, und zwar zu einem Kurs, der unterhalb des Kurses liegt, zu dem die Gäste das Spielgeld erwerben, liegt in der Hingabe des Spielgeldes keine Zuwendung eines steuerfreien Trinkgeldes i.S. von § 3 Nr. 51 EStG. Die Arbeitnehmer erhalten von den Gästen selbst kein Geld, und der Auszahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber beruht allein auf dem Arbeitsvertrag (s. auch Urteil des FG Hamburg vom 30. März 2010, 6 K 87/09).

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 51

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Zahlungen als steuerfreie Trinkgelder.

I.

Die Klägerin war im Streitjahr als Tänzerin im Lokal "A" in der X-Straße in Hamburg angestellt. In dem Lokal befanden sich eine Bar, eine Bühne und zahlreiche Tische ("tables"). Die Gäste, die dieses Lokal aufsuchten, erhielten bei Bezahlung des Eintrittsgeldes einen Spielgeldschein, einen sogenannten "A-Spielgeldschein". Im Laufe des Besuches konnten sie an der Kasse oder beim Servicepersonal beliebig viele "A-Spielgeldscheine" zu einem bestimmten Preis erwerben. Wenn sie bei einem Tänzer oder einer Tänzerin für einen bestimmten zusätzlichen Betrag einen privaten "tabledance" buchten, führte der jeweilige Tänzer auf dem betreffenden Tisch eine Tanzdarbietung vor, bei der er oder sie sich vollständig entkleidete. Im Verlauf dieser Darbietung konnten die Gäste den Tänzern nach Belieben "A-Spielgeldscheine" zustecken. Hingegen konnten mit den "A-Spielgeldscheinen" keine Getränke o.Ä. erworben werden.

Der Arbeitslohn der Klägerin setzte sich aus drei Bestandteilen zusammen: Neben einer Tagesgage in Höhe von Euro 75,00 erhielt sie eine Zahlung von Euro 10,00 für jeden "tabledance". Darüber hinaus tauschten die Tänzer, so auch die Klägerin, die ihnen zugewendeten "A-Spielgeldscheine" später bei ihrer Arbeitgeberin, der "A" Betriebs GmbH & Co. KG, wieder gegen Geld ein. Die Gäste oder Dritte hatten dagegen keine Möglichkeit, die "A-Spielgeldscheine" gegen Geld zurück zu tauschen. Der Umtauschkurs änderte sich mehrfach und lag immer unterhalb des Kurses, zu dem die Gäste die "A-Spielgeldscheine" erwarben.

II.

In ihrer am 17. Januar 2005 beim Finanzamt Hamburg-1 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von Euro 8.890,00 brutto (nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages noch Euro 7.846,00). Das Finanzamt Hamburg-1 folgte der Erklärung und setzte die Einkommensteuer durch Bescheid vom 04. Mai 2005 auf Euro 0 fest (Ermittlungsakten -ErmA- Bl. 63).

Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen (im Folgenden: Steuerfahndung) leitete durch Verfügung vom 14. April 2008 (ErmA Bl. 29) ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin ein. In dem Bericht über das wesentliche Ermittlungsergebnis vom 26. August 2008 (ErmA Bl. 67 ff.) stellte die Steuerfahndung fest, dass die Klägerin im Streitjahr Zahlungen in Höhe von insgesamt Euro 40.090,00 von ihrer Arbeitgeberin erhalten hatte. Hinsichtlich der zugesteckten "A-Spielgeldscheine" vertrat die Steuerfahndung aufgrund eines bei den Betreibern des A sichergestellten Flyers (ErmA Bl. 41) die Auffassung, die Gäste hätten dieses Spielgeld benötigt, um die "letzten Hüllen" der Tänzerinnen fallen zu sehen. Dem Kunden sei durch den Flyer der Eindruck vermittelt worden, er könne durch die Zuwendung des Spielgeldes Einfluss auf den Ablauf der Darbietung nehmen; der Kunde habe daher die entsprechende Leistung gekauft und der Tänzerin nicht etwa ein Trinkgeld gezahlt. Eine Trinkgeldzahlung sei nur hinsichtlich der - außerhalb des "A" wertlosen - "A-Spielgeldscheine" anzunehmen, die die Gäste einer Tänzerin unmittelbar vor dem Verlassen des Lokals zusteckten. Die Steuerfahndung schätzte diesen Betrag auf 10 % der insgesamt durch das "A" an die Klägerin in Euro ausgezahlten "A-Spielgeldscheine" von Euro 22.615,00, so dass ein nach Auffassung der Steuerfahndung steuerpflichtiger Arbeitslohn von Euro 37.828,50 verblieb. Auf den weiteren Inhalt des steuerlichen Berichtes wird Bezug genommen.

Entsprechend dem Antrag der Steuerfahndung (ErmA Bl. 74 ff.) erließ das Amtsgericht Hamburg am 01. Oktober 2008 einen Strafbefehl, in dem es eine Geldstrafe von Euro 3.850,00 verhängte. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11....

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