rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsamer Wohnsitz am Beschäftigungsort beiderseits berufstätiger Ehegatten kann eine steuerlich berücksichtigungsfähige doppelte Haushaltsführung begründen. Einkommensteuer 1993 und 1994

 

Leitsatz (amtlich)

1. Behalten beiderseits berufstätige Ehegatten neben ihrer gemeinsamen Wohnung am Beschäftigungsort auch ihre Wohnung am Heimatort bei, so können, auch wenn während der Aufenthalte am Beschäftigungsort kein hauswirtschaftliches Leben in der Heimatwohnung herrscht, die Kosten der Zweitwohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung bei jedem Ehegatten zur Hälfte zu berücksichtigen sein. Voraussetzung ist, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen weiterhin am Heimatort befindet.

2. Da sich die Ehegatten auch am Beschäftigungsort gemeinsam verpflegen, und auch schon vor Aufnahme der Beschäftigung längere Zeit dort gewohnt hatten, kommt ein Abzug von Pauschbeträgen für Mehraufwendungen für Verpflegung nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG 1990 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tenor

Die Einkommensteuerbescheide für 1993 vom 26. Juni 1995 und für 1994 vom 30. August 1995 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 1996 werden in der Weise geändert, daß

  • die festgesetzte Einkommensteuer 1993 auf 38.998 DM und
  • die festgesetzte Einkommensteuer 1994 auf 40.482 DM herabgesetzt wird.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Ehegatten für die Streitjahre 1993 und 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide bezogen als Architekten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seit ihrem Studium an der …-Universität lebten beide in O.-Stadt. In der Gegend um O.-Stadt leben auch ihre beiden verheirateten Kinder mit den Enkelkindern sowie die Geschwister des Klägers und der Klägerin. Nach der deutschen Einigung ergab sich für die damals 55-jährige Klägerin die Möglichkeit, ab Januar 1992 bei einem … Architekturunternehmen eine Anstellung zu finden; die Klägerin hoffte, diese Tätigkeit bis zum Erreichen der Ruhestandsgrenze im März 1996 ausüben zu können. Ab Februar 1992 erhielt auch der damals 58-jährige Kläger eine Anstellung bei demselben Architekturunternehmen. Im Zuge des Arbeitsplatzwechsels mieteten die Kläger zum 1. Februar 1992 gemeinsam eine 3-Zimmer Wohnung in W.-Stadt; ihre 3-Raum Wohnung in O.-Stadt behielten sie bei. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für 1993 und 1994 machten die Kläger bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend, und zwar Fahrtkosten für 20 (1993) bzw. 22 (1994) Heimfahrten sowie die Aufwendungen (Miete einschließlich Nebenkosten) der Wohnung in W.-Stadt. Außerdem erklärte der Kläger Verluste von 1.234 DM (1993) bzw. 497 DM (1994) aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Gutachterausschuß der Architektenkammer …, die er als freiberufliche Tätigkeit ansah. Der Beklagte –das Finanzamt– erkannte die doppelte Haushaltsführung nicht an. Die Verluste aus Gutachtertätigkeit versagte er mangels Einkunftserzielungsabsicht, berücksichtigte allerdings die hierfür geltend gemachten Aufwendungen (insbesondere Kammerbeitrag, Berufshaftpflichtversicherung) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit ihren Einsprüchen wandten sich die Kläger gegen die Versagung der doppelten Haushaltsführung. Sie trugen vor, sie hätten den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in O.-Stadt beibehalten, wo ihre Familie, ihre Freunde und Bekannten leben. Sie seien dort weiterhin mit Hauptwohnsitz gemeldet, gingen dort zur Wahl, hätten ihre Hausärzte beibehalten und würden dort ein gepachtetes Gartengrundstück weiterhin bewirtschaften.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, eine doppelte Haushaltsführung der Kläger scheitere daran, daß sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen am Beschäftigungsort in W.-Stadt befinde. Bereits die Dauer der auswärtigen Beschäftigung deute darauf hin, daß sich die eigentliche Haushaltsführung und damit der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlagert habe und die Heimatwohnung lediglich für Besuchszwecke vorgehalten werde. Weitere Indizien hierfür seien, daß sich beide Wohnungen in Größe (jeweils ca. 60 m²) und Ausstattung entsprächen, daß die Kläger sogar die Mehrzahl der Wochenenden am Beschäftigungsort verbracht und über mehrere Jahre hinweg (von 1992 bis 1994) nur zwischen 20 und 22 Heimfahrten unternommen hätten.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– sei eine doppelte Haushaltsführung auch bei beiderseits berufstätigen Ehegatten möglich, wobei nicht entgegenstehe, daß die Eheleute auch am Beschäftigungsort zusammen wohnten. Hiervon gehe nunmehr auch die Finanzverwaltung aus. Entgegen der Ansicht des Finanzamts habe sich ihr Lebensmittelpunkt nicht von O.-Stadt nach W.-Stadt verändert. Beide Kläger hä...

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