Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuernachforderung für Jubiläumszuwendungen: Überschreitung der Freigrenze von 110 € – Einbeziehung der An- und Abreisekosten zu auswärtiger Betriebsveranstaltung in die Berechnung des geldwerten Vorteils

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei dem durch den auswärtigen Ort einer Feier zur Ehrung der Jubilare notwendig gewordenen Bustransfer der Arbeitnehmer handelt es sich um Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung ohne eigenen Konsumwert, die nicht in die Berechnung des geldwerten Vorteils einzubeziehen sind und daher nicht die Überschreitung der Freigrenze von 110 € nach R 19.5 LStR 2008 auslösen können.
  2. Für die Beurteilung von Reisekosten zu einer solchen Betriebsveranstaltung als geldwerter Vorteil kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitgeber oder die Arbeitnehmer selbst die Anreise organisieren.
  3. Derartige beruflich veranlasste Reisekosten führen bereits deshalb nicht zu einer Bereicherung der Arbeitnehmer, weil sie wie steuerfreier Werbungskostenersatz zu behandeln sind.
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 16, § 8 Abs. 2 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 40

 

Tatbestand

Die Klägerin wird durch Nachforderungsbescheid vom 5.9.2014, geändert im Einspruchsverfahren am 3.2.2017, für Lohnsteuern i.H.v. 42.035,54 Euro in Anspruch genommen. Der Einspruch blieb im Übrigen ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 7.2.2017). Daraufhin hat die Klägerin am 3.3.2017 Klage erhoben.

Die Lohnsteuernachforderung beruht auf den Ergebnissen einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1.1.2007 bis 31.12.2009 (Prüfungsbericht vom 27.8.2014). Streitig ist die Lohnversteuerung von Zuwendungen im Zusammenhang mit Ehrungen von Jubilaren (Prüfungsbericht Tz. 4a). Im Einspruchsverfahren wurde dem Einspruchsbegehren für 2007 abgeholfen. Für den noch streitbefangenen Zeitraum 2008 verblieb im Hinblick auf die Jubiläumszuwendungen eine Bemessungsgrundlage von 18.027,46 Euro.

Die vom Beklagten angenommenen zu versteuernden geldwerten Vorteile beziehen sich auf eine abendlichen Veranstaltung zur Ehrung der Jubilare im Saal () am 24.10.2008. Hierzu war die ganze Belegschaft eingeladen. Von 248 Arbeitnehmern sagten 160 Arbeitnehmer ihre Teilnahme zu. Die Arbeitnehmer waren grundsätzlich darauf verwiesen selbständig an- und abzureisen. Es bestand jedoch die Möglichkeit, von der Hauptverwaltung der Klägerin zum Veranstaltungsort und für den späteren Rückweg (wahlweise zur Hauptverwaltung oder zum Hauptbahnhof) einen zeitweise halbstündlich verkehrenden „Shuttle-Bus” in Anspruch zu nehmen. Mit der Zusage, an der Veranstaltung teilnehmen zu wollen, war auch die beabsichtigte „Busbenutzung” getrennt für die Hin- und Rückfahrt kenntlich zu machen. Davon machten 54 (Hinfahrt) bzw. 49 (Rückfahrt) Arbeitnehmer Gebrauch.

Im Hinblick auf die Einbeziehung von Anreisekosten in die Bemessungsgrundlage des den Arbeitnehmern zugewendeten geldwerten Vorteils hat der Beklagte unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 14.10.2015 Tz. 2.b) und 6), Bundessteuerblatt (BStBl) I 2015, 832, die Gesamtkosten berechnet. Der Beklagte hat bei seiner Berechnung die gesamten Aufwendungen der Klägerin um Gemeinkosten und Sonderkosten gekürzt und den verbliebenen Betrag i.H.v. 18.027,46 Euro einschließlich eines Betrages von 499,80 Euro für den Shuttle-Bus auf die angemeldeten 160 Teilnehmer verteilt. Der daraus resultierende Betrag von 112,67 Euro lag über der sogenannten 110 Euro-Grenze (Lohnsteuerrichtlinien -LStR- 2008 R 19.5; ständige Rechtsprechung vgl. Finanzgericht -FG- Düsseldorf Urteil vom 7.10.2010 16 K 1298/09 L, juris Datenbank m.w.N.; § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG- ab 2015) und führte zur Lohnversteuerung.

Die Klägerin geht von einer Bemessungsgrundlage von nur 17.527,66 Euro aus, mit der Folge, dass pro Teilnehmer weniger als 110 Euro aufgewandt wurden nämlich nur 109,55 Euro und damit die 110 Euro-Grenze unterschritten wäre. Eine Nachversteuerung wäre dann insoweit nicht durchzuführen.

Die Klägerin meint, dass die Kosten des Bus-Shuttles von 499,80 Euro als Teil des äußeren Rahmens der Veranstaltung nicht in die Berechnung des geldwerten Vorteils einzubeziehen seien. Es handele sich um im Arbeitgeberinteresse liegende Transferkosten, die der Tatsache geschuldet seien, dass die Veranstaltung an einem anderen Ort stattfinde. Schon aus Gründen des Versicherungsschutzes im Falle des Alkoholausschanks bei einer Betriebsfeier treffe den Arbeitgeber im Hinblick auf die Abfahrt eine erhöhte Fürsorgepflicht. Die An- und Abreise habe keinerlei Erlebnischarakter, so dass sich eine Qualifizierung als geldwerter Vorteil verbiete. Die Steuerfreiheit der Reisekosten sei zudem in § 3 Nr. 16 EStG gesetzlich anerkannt. Die Reisekosten könnten daher nicht über einen Umweg entgegen der gesetzlichen Regelung besteuert werden. Die gesetzliche Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG 2015 könne hingegen nicht so verstanden werden, dass ausnahmslos alle Aufwendungen des Arbeitgebers den Arbe...

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