vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit eines als Versorgungsleistung gezahlten Sterbegeldes – Abzug von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen – Nichtberücksichtigung steuerpflichtiger Einnahmen bei Vorteilsanrechnung – Auswirkung des Pauschbetrags für Versorgungsbezüge

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das an Hinterbliebene ausgezahlte Sterbegeld für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist kein steuerfreier Bezug i.S,d, § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG (entgegen Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 16.01.2019 11 K 11160/18, EFG 2019, 535).
  2. Der Abzug von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen ist nicht im Wege der Vorteilsanrechnung um die – nach Minderung um den Versorgungsfreibetrag verbleibenden - steuerpflichtigen Sterbegeldleistungen zu kürzen.
  3. Eine solche Kürzung unterbleibt auch, soweit das Sterbegeld durch den Pauschbetrag für Versorgungsbezüge steuerlich entlastet worden ist.
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 11 S. 1, § 9a S. 1 Nr. 1 b), § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Sätze 1, 3, § 33 Abs. 1, 2 S. 2

 

Streitjahr(e)

2017

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.06.2023; Aktenzeichen VI R 33/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Steuerfreiheit eines Sterbegeldbezuges und den Abzug von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen.

Die Klägerin war im Streitjahr 2017 als Geschäftsführerin tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Landesamt für Finanzen des Landes…zahlte im September 2017 aufgrund des Ablebens der Mutter an die Klägerin ein Sterbegeld in Höhe von brutto 6.550,20 € aus, für das es Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse VI, Solidaritätszuschlag und Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung einbehielt. Ein Anspruch der Klägerin ergab sich aus § 23 Abs. 3 des Ländertarifvertrages (TV-L), da ihre Mutter bis zu ihrem Ableben als Landesbeschäftigte tätig war. Es erfolgte eine entsprechende elektronische Mitteilung an den Beklagten.

In ihrer am 20.02.2018 eingereichten Steuererklärung gab sie in der Anlage N einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 40.110 € an und ließ das erhaltene Sterbegeld unberücksichtigt. Überdies begehrte sie den Abzug von Krankheitskosten i.H.v. 427 € sowie folgenden Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen:

Anschaffung der Grabstätte

500 €

Gebühren des Friedhofamtes

625 €

Kosten des Bestattungsunternehmens

1.612 €

Sterbeurkunden

10 €

Verstorbenenversorgung

130 €

Postentgelte

4 €

Krematorium

393 €

Trauerredner

215 €

Kränze

265 €

Leichenschmaus

75 €

Trauergesteck

50 €

Summe

3.879 €

In dem Bescheid für 2017 über Einkommensteuer vom 22.03.2018 erhöhte der Beklagte die erklärten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um das erhaltene Sterbegeld auf 46.660 € und berücksichtigte wegen des Sterbegeldes einen Freibetrag für Versorgungsbezüge i.H.v. 153 € und einen Pauschbetrag für Versorgungsbezüge i.H.v. 102 €. Die außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigte er erklärungsgemäß.

Die Klägerin legte durch Schreiben vom 29.03.2018 Einspruch ein, mit dem sie begehrte, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erklärungsgemäß zu verringern.

Der Beklagte wies die Klägerin durch Schreiben vom 09.05.2018 auf eine mögliche Verböserung des angefochtenen Bescheides hin, da nach seiner Ansicht die außergewöhnlichen Belastungen aufgrund des erhaltenen Sterbegeldes nicht zu berücksichtigen seien.

Nachdem die Klägerin ihren Einspruch nicht zurücknahm, erließ er am 27.06.2018 einen Änderungsbescheid für 2017 über Einkommensteuer, in dem er die Beerdigungskosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte. Den Einspruch der Klägerin wies er durch Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat durch Schreiben vom 25.07.2018 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass das erhaltene Sterbegeld nach einem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 16.01.2019 (Az. 11 K 11160/18, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2019, 535; Revision beim BFH anhängig unter dem Az. VI R 8/19) sogar steuerfrei sein könnte.

Falls das Sterbegeld zu versteuern sei, sei zumindest ein Abzug von außergewöhnlichen Belastungen zu gewähren. Die Klägerin habe die außergewöhnlichen Belastungen dann aus steuerpflichtigen Einkünften bestritten.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2017 über Einkommensteuer vom 27.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 dahingehend zu ändern, dass das erhaltene Sterbegeld bei den Einkünften unberücksichtigt bleibt,

hilfsweise,

die außergewöhnlichen Belastungen erklärungsgemäß zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, dass Beerdigungskosten nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 21.02.2018 VI R 11/16, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2018, 469) nur als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt seien. Eine tatsächliche...

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