Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen und Pflegeversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben im Rahmen der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Versagung des Sonderausgabenabzugs im Rahmen der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
  2. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind als personen- und familienbezogene Abzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen in Gänze im Ansässigkeitsstaat zu berücksichtigen. Eine proportionale Aufteilung entsprechend der Herkunft der bezogenen Einkünfte kommt nicht in Betracht.
 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 49 Abs. 1 Nr. 7, § 50 Abs. 1 S. 4; EG Art. 12, 18, 39; DBA Niederlande Art. 12 Abs. 2, 3 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben im Rahmen der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht.

Der Kläger arbeitete bis Mitte 2005 bei einer Firma im Inland. Seit 2005 ist er Rentner. Sein Wohnsitz befand sich im Streitjahr 2006 in den Niederlanden. Dort lebte er zusammen mit seiner Ehefrau, die im Streitjahr nicht berufstätig war und keine eigenen Einkünfte erzielte. Er selbst bezog von seiner ehemaligen Arbeitgeberin, einer inländischen Firma, eine nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 (Bundesgesetzblatt II 1960, 1782, künftig DBA Niederlande) in den Niederlanden zu versteuernde Betriebsrente in Höhe von ca. 28.733 EUR (Gesamtentgelt lt. Lohnabrechnungen 30.305,86 EUR abgl. RNGS Zinsen 1.572,36 EUR) und eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der BRD in Höhe von 16.032 EUR, die nach DBA im Inland zu versteuern war. Für beide Renten wurden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für eine inländische (gesetzliche) Krankenversicherung einbehalten.

Für das Streitjahr gab der Kläger eine Einkommensteuererklärung ab, in der er die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau beantragte. Ferner machte er u.a. die von ihm geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 4.257 EUR bei den Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben sowie bestimmte außergewöhnliche Belastungen geltend.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) folgte dem nicht, sondern führte für den Kläger eine Einzelveranlagung durch. Im Einkommensteuerbescheid vom 30. Juli 2007 erfasste es die bezogene Rente aus der BRD zu 50% (= 8.016 EUR) als Einkünfte gem. § 22 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte hierauf eine Mindeststeuer gem. § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung von 2.004 EUR (25% von 8.016 EUR) fest. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte es nicht.

Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2007 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte es aus, dass natürliche Personen, die im Inland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten, mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig seien. Gem. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG seien für beschränkt Steuerpflichtige die Vorschriften betreffend die Sonderausgaben (§ 10 EStG) und die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33, 33a EStG) nicht anzuwenden. Daher komme der beantragte Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen nicht in Betracht. Gleiches gelte für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geboten sei, einen im Ausland lebenden Steuerpflichtigen nach den gleichen Grundsätzen zu besteuern wie einen im Inland ansässigen Steuerpflichtigen. Für 2005 sei er zusammen mit seiner Ehefrau unter Berücksichtigung der Splittingtabelle und unter Anrechnung der Vorsorgeaufwendungen in der BRD veranlagt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dann für das Streitjahr 2006 seine persönlichen Umstände, die sich seit Jahren nicht geändert hätten, unberücksichtigt bleiben würden und insbesondere die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge keine Berücksichtigung fänden, obwohl er diese zwangsweise zahlen müsse. Dies führe zu einer höheren Belastung seiner Alterseinkünfte, die nicht rechtens sein könne, zumal bei Gebietsansässigen die geleisteten Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt würden. Ein Ausgleich oder eine Anrechnung hierfür sei in den Niederlanden nicht vorgesehen. Ferner habe das FA bei der Berechnung der Mindeststeuer das BMF-Schreibens vom 10. September 2004 IV A 5-S 2301-10/04 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2004, 860) außer Acht gelassen, wonach eine Vergleichsrechnung vorgeschrieben sei.

Der Kläger beant...

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