Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenberaterin nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine selbstständige Rentenberaterin, die im Anschluss an ein dreijähriges Studium an einer Verwaltungsfachhochschule für Renten- und Sozialversicherung zunächst als Beamtin im gehobenen Dienst bei der Deutschen Rentenversicherung (Landesversicherungsanstalt) gearbeitet, dort u. a. als Dozentin Fortbildungsseminare durchgeführt hat und nunmehr mit einer von einem Amtsgericht erteilten Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Rechtsberatungsgesetzes eine selbstständige Tätigkeit als Rentenberaterin ausübt, erzielt keine freiberuflichen, sondern gewerbliche Einkünfte. Die Tätigkeit als Rentenberaterin wird nicht von den Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfasst, und kann auch nicht als eine einem bestimmten Katalogberuf, z. B. einem Fachanwalt für Sozialrecht, ähnliche Tätigkeit gleichgesetzt werden.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.05.2019; Aktenzeichen VIII R 2/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Tätigkeit der Klägerin als selbständige Rentenberaterin als gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit zu qualifizieren ist.

Die Klägerin absolvierte bis September 1994 ein 3-jähriges Direktstudium an der Verwaltungsfachhochschule B. mit den Fachgebieten der Rentenversicherung und der Sozialversicherung als Diplom-Verwaltungswirtin (FH). Sie war danach im Beamtenverhältnis im gehobenen Dienst bei der Deutschen Rentenversicherung (Landesversicherungsanstalt C…) zunächst als Sachbearbeiterin im Grundsatzbereich/Inland der LVA C… tätig. Ab Mai 1995 begann sie eine nebenamtliche Tätigkeit als Dozentin für Ausbildungslehrgänge, Beamtenanwärterlehrgänge, der Fortbildung und Umschulung der Versichertenältesten. Am 25.03.1996 wurde sie zur Verwaltungsinspektorin auf Lebenszeit und am 13.11.1998 zur Verwaltungsoberinspektorin ernannt. Seit 1998 war sie Dozentin bei Fortbildungsseminaren für die Versichertenältesten der LVA C.. Nach Beendigung einer Elternzeit begann sie am 01.11.2002 eine Tätigkeit im Rechtsbehelfsbereich der LVA C…. Die Tätigkeit bestand neben dem Bearbeiten von Klageverfahren im Schriftwege in der Vertretung der LVA vor dem Sozialgericht C… .

Im Jahre 2007 beantragte die Klägerin für ihre selbständige Tätigkeit als Rentenberaterin die Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Rechtsberatungsgesetzes. Hierfür hatte sie nach den Ausführungen im Schreiben der Präsidentin des Amtsgerichts C. vom 13.11.2006 den Nachweis zu erbringen, dass sie neben den allgemeinen Grundkenntnissen des gesamten Rechtsgebietes und des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens über fundierte Kenntnisse des materiellen Sozialrechts verfüge, und eine mehrjährige, fundierte praktische Erfahrung auf dem Sachgebiet des Rentenrechts zu belegen. Im Zulassungsverfahren verwies die Präsidentin des Amtsgerichts C. mit Schreiben vom 13.11.2006 darauf, dass das Nebeneinander von Rentenberater und Fachanwälten für Sozialrecht es gebiete, dass in den Teilbereichen der Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz Kenntnisse vorliegen müssen, wie sie auch von einem Fachanwalt zu erwarten seien. Die Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetzes für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung, beschränkt auf das Gebiet der Rentenberatung, wurde der Klägerin nachfolgend am 31.08.2007 durch die Präsidentin des Amtsgerichts C. ohne vorherige persönliche Anhörung erteilt, nachdem das Landessozialgericht eine Prüfung zur Feststellung der Sachkunde aufgrund der Vorkenntnisse der Antragstellerin für nicht erforderlich erachtet hatte.

Seit Januar 2009 ist die Klägerin als Rentenberaterin im Rechtsdienstleistungsregister des Landessozialgerichts D. eingetragen. Hierdurch ist die bisherige behördliche Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten mit Ablauf der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes zum 31.12.2008 erloschen.

Mit ihren Steuererklärungen für die Streitjahre 2010 und 2011 hatte die Klägerin freiberufliche Einkünfte erklärt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung qualifizierte der Beklagte diese in Einkünfte aus Gewerbebetrieb um. Entsprechend der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 07.01.2013 und 08.02.2013 geänderte Bescheide, mit denen Gewerbesteuermessbeträge und Gewerbesteuer für die Streitjahre festgesetzt wurden.

Zur Begründung ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Einsprüche machte die Klägerin geltend, ihre Einkünfte seien als freiberuflich zu qualifizieren. Rentenberater seien angesichts der Unübersichtlichkeit und der zunehmenden Bedeutung des Sozialversicherungsrechts Spezialisten, die mittlerweile ähnlich wie Steuerberater und Rechtsanwälte rechtsberatend, rechtsgestaltend und streitverhütend tätig seien. Als unabhängige Interessenvertreter ihre...

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