rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Zufluss von Arbeitslohn zum Zeitpunkt von Wertgutschriften auf einem Zeitwertkonto des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auf einer wirksamen schriftlichen Vereinbarung beruhende Wertgutschriften auf einem Zeitwertkonto zugunsten des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH führen noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn die Beträge aus der Entgeltumwandlung bei einem Dritten angelegt werden und der Gesellschafter-Geschäftsführer zunächst keinen Anspruch auf die Auszahlung der Versicherungssumme hat, sondern nach den getroffenen Vereinbarungen grundsätzlich erst in der späteren Freistellungsphase sowie nach der Vereinbarung eines Auszahlungsplans mit der GmbH über die angelegten Beträge verfügen kann. Daher führen erst die späteren Auszahlungen aus dem Zeitwertkonto an den Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer bei diesem zu einem Zufluss (vgl. FG Köln, Urteil v. 26.4.2016, 1 K 1191/12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Organstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers (entgegen BMF, Schreiben v. 17.6.2009, BStBl 2009 I S. 1286).

2. Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht dem Begriff der Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV. Ein Wertguthaben setzt eine schriftliche Vereinbarung über den Aufbau des Wertguthabens voraus, nach der Arbeitsentgelt, das mit einer vor oder nach der Freistellung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird, eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung aus dem Wertguthaben zu entnehmen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.6.2017, 12 K 1044/15).

 

Normenkette

EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 11 Ab S. 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 38a Abs. 1 S. 2; AO § 191 Abs. 1; SGB IV § 7b

 

Tenor

Der Haftungsbescheid vom 6. Januar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2015 wird aufgehoben.

Der Haftungsbescheid vom 13. Juli 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2015 wird insoweit aufgehoben, als es die Lohnsteuer für die Zeitwertkonten (Arbeitslohn in Höhe von 726,00 EUR p. A.) betrifft.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für not wendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Wertgutschriften auf dem Zeitwertkonto des damaligen Geschäftsführers der Klägerin zum Zufluss von Arbeitslohn geführt haben mit der Folge, dass die Klägerin zeitgleich entsprechende Lohnsteuern sowie Solidaritätszuschläge hierzu beim Beklagten hätte anmelden und an diesen abführen müssen und nunmehr wegen Unterlassens dieser Maßnahmen vom Beklagten durch Erlass zweier Haftungsbescheide nach § 42 d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch genommen werden kann.

Die Klägerin, ein Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in C…, wurde durch Vertrag vom 4. November 2004 (UR-Nr. …/2004 der Notarin B… aus C…) gegründet und kurze Zeit später in das Handelsregister beim Amtsgericht C… eingetragen (HRB …). Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand ist die „Verwaltung von Zeitkonten”. Am Stammkapital der Klägerin in Höhe von insgesamt 35 000,00 EUR waren in der Zeit ab 13. August 2009 folgende Personen mit folgenden Gesellschaftsanteilen als Gesellschafter beteiligt:

a)

Herr D…

12 750,00 EUR

b)

Herr E…

10 150,00 EUR

c)

Herr F…

7 000,00 EUR

d)

Herr G…

5 100,00 EUR

In der Zeit vor dem 13. August 2009 hatte Herr E… ebenfalls nur eine Minderheitsbeteiligung inne.

Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war seit dem 1. Januar 2005 der 1963 geborene Herr E…. Gemäß § 1 Abs. 1 und 5 des Geschäftsführervertrags vom 15. Dezember 2014 vertrat Herr E… die Gesellschaft allein und war bei seiner Tätigkeit an Weisungen seitens der Gesellschafter gebunden. Sein Jahresbruttogehalt betrug 42 000,00 EUR. Er war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Nach § 9 bedurften Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform.

Am 28. November 2008 schlossen die Klägerin, vertreten durch Herrn E…, und Herr E… eine schriftlich fixierte Vereinbarung zur Einführung von Zeitwertkonten im Sinne von § 7 b SGB IV. Diese Vereinbarung wurde durch eine weitere schriftliche Vereinbarung vom 28. Januar 2009 zwischen der Klägerin, vertreten durch Herrn E…, sowie Herrn E… als Arbeitnehmer ergänzt. Beide Vereinbarungen sollten Herrn E… ermöglichen, durch die Einzahlung eines Teils seines Bruttolohns eine spätere Freistellung von der Arbeitsleistung, z. B. für eine Vorruhestandsregelung, eingehen zu können. Die Höhe des monatlichen Einzahlungsbetrages für die Zeit ab Februar 2009 wurde ...

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