rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht für die von einem inländischen Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer gezahlte Abfindung, wenn der Arbeitnehmer zunächst unbeschränkt steuerpflichtig war und dann umzugsbedingt ein nur noch beschränkt steuerpflichtiger, französischer Grenzgänger geworden ist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird von einem inländischen Arbeitgeber eine Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes an einen Arbeitnehmer gezahlt, der zu Beginn des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war und der später aufgrund eines Umzugs nach Frankreich ein beschränkt steuerpflichtiger, von der inländischen Besteuerung freigestellter Grenzgänger i. S. v. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich 1959 (BGBl 1961 II S. 398, BStBl 1961 I S. 343) i. d. F. des Zusatzabkommens vom 28.9.1989 (BGBl 1990 II S. 770, BStBl 1990 I S. 413; gültig vom 1.1.1990 bis 31.12.2015) geworden ist, so steht das Besteuerungsrecht für die gesamte Abfindung Deutschland als Tätigkeitsstaat zu. Ein ausschließliches Besteuerungsrecht Frankreichs ergibt sich insoweit weder aus Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich noch aus Art. 13 Abs. 1 DBA-FRA, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer anschließend ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber in Deutschland beginnt und insoweit (wieder) als Grenzgänger i. S. v. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich anzusehen ist.

2. Art.13 Abs. 5 DBA-FRA 1959/1989 (sog. Grenzgängerregelung) ist nicht auf Abfindungen anwendbar.

3. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG weist in solchen Fällen (siehe 1.) den gesamten Abfindungsbetrag den inländischen Einkünften zu. Auf eine tatsächliche Besteuerung kommt es nicht an; auch DBA-befreite inländische Einkünfte sind einzubeziehen.

 

Normenkette

EStG § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, d, § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 39b Abs. 3; DBA FRA 1959/1989 Art. 13 Abs. 1 S. 1; DBA FRA 1959/1989 Art. 13 Abs. 1 S. 2; DBA FRA 1959/1989 Art. 13 Abs. 5; DBA FRA 1959/1989 Art. 18; AO § 155 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2, § 218

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der im Juli 1961 geborene Kläger als französischer Grenzgänger einen Anspruch auf Erteilung eines Bescheids über die Freistellung von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag hat, die sein inländischer Arbeitgeber aufgrund Zahlung einer Abfindung einbehalten hat.

Der Kläger hatte ursprünglich in X (Deutschland) einen Wohnsitz, den er zum 28. November 2008 aufgab, und nach Frankreich umzog. Er meldete sich beim Einwohnermeldeamt der Verbandsgemeindeverwaltung X zum 28. November 2008 ab und meldete bei der Stadt Y in Frankreich (Departement Z) in der Rue …1 zum 1. Dezember 2008 einen Wohnsitz an.

Von 1. April 1987 bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2014 stand er ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis bei der Firma Q. und war in deren Werk in A. tätig. Nach Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes sah der Arbeitgeber ab 1. Dezember 2008 aufgrund einer Freistellungsbescheinigung des beklagten Finanzamtes (FA, Beklagter) vom 11. Februar 2009, die den Kläger als französischen Grenzgänger bezeichnete und auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 10 der Lohnsteuerakten), vom Lohnsteuerabzug ab.

Dieses Arbeitsverhältnis wurde mit Aufhebungsvertrag vom 2./3. September 2014 „auf Veranlassung des Arbeitgebers aus betrieblichen Gründen im gegenseitigen Einvernehmen” zum 30. September 2014 beendet. Der Kläger erhielt als Ausgleich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine einmalige Abfindung in Höhe von … EUR. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag (Bl. 3 ff. der Lohnsteuerakten) verwiesen. Der Abfindungsbetrag errechnete sich aufgrund der am 30. Juni 2014 geltenden 27-jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers und seines Alters aus dem sog. Sockelbetrags von … EUR, dem sog. Zusatzbetrag von 40 Bruttomonatsentgelten (BME) á … EUR = … EUR, dem sog. Turbobetrag von … EUR, der sog. Attraktivierung von 6 BME á … EUR = … EUR sowie des anteiligen Weihnachtsgeldes/ Sondervergütung für 2014 von … EUR. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die „Ausführungsbestimmungen zur Verlängerung des freiwilligen Sozialplans zur Umsetzung der strukturellen Personalanpassungsmaßnahme im indirekten Bereich des Geschäftsfeldes … der Firma Q. in Deutschland und zur Zusatzvereinbarung zum Stellenvermittlungskonzept vom …2013” (Bl. 21 ff. der Lohnsteuerakten) sowie auf die „Individuelle Berechnungsgrundlage der Firma Q. für eine Ausscheidensvereinbarung” vom 16. Juli 2014 (Bl. 28 der Lohnsteuerakten) ergänzend Bezug genommen.

Seit dem 1. Oktober 2014 steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis mit der Firma B.. Im Hinblick auf diese Tätigkeit ist der Kläger als Grenzgänger zu qualifizieren. Auf die entsprechende Freistellungsbescheinigung vom 28. August 2014 (Bl. 51 der FG-Akten) wird ergänzend Bezug genommen.

Mit „Be...

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