Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Veranlagungswahlrecht eines US-Staatsangehörigen bei beschränkt inländischer Steuerpflicht. Ausschluss des Antragsrechts ist verfassungsgemäß und europarechtskonform

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Staatsangehöriger der USA kann keinen Antrag auf Durchführung der Veranlagung für beschränkt steuerpflichtige Personen nach § 50 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b EStG stellen; denn dieser setzt gem. § 50 Abs. 2 S. 7 EStG voraus, dass der Antragsteller Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union (EU) oder eines anderen Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet.

2. § 50 Abs. 2 S. 7 EStG ist weder aufgrund eines Widerspruchs zu völkerrechtlichen Verträgen (Art. 24 DBA USA) noch wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig.

3. Ein Anspruch auf Durchführung einer Veranlagung ergibt sich auch nicht aus Art. XI Abs. 1 des Freundschafts-, Handels und Schifffahrtsvertrages zwischen der BRD und den USA.

 

Normenkette

EStG § 50 Abs. 2 Nr. 4b, Abs. 2 S. 7, § 1 Abs. 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, 3; AEUV Art. 167; DBA USA Art. 24 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.09.2020; Aktenzeichen I R 80/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der beschränkt steuerpflichtige Kläger Aufwendungen, die in Zusammenhang mit seinen inländischen Einkünften aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Opernsänger stehen, im Rahmen einer Veranlagung steuerlich geltend machen kann.

Der Kläger ist Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und hatte im Streitjahr 2012 seinen alleinigen Wohnsitz in den Niederlanden; über einen inländischen Wohnsitz verfügte der Kläger unstreitig nicht.

Vom xx. Oktober bis xx. Dezember 2012 erzielte er als Opernsänger im X Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von xx.xxx EUR,die sich wie folgt zusammensetzen:

Honorare als Opernsänger

xx.xxx,xx EUR

Erstattung von Fahrtkosten

x.xxx,xx EUR

Vermittlungsprovision f. Agentur AG-Anteil

x.xxx,xx EUR

Altersvorsorgeaufwendungen (BVK) AG-Anteil

xxx,xx EUR

steuerpflichtiger Bruttolohn

xx.xxx,xx EUR

Der Arbeitgeber meldete beim Beklagten (das Finanzamt –FA–) Lohnsteuer in Höhe von xx.xxx,xx EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhevon xxx,xx EUR an und führte diese Beträge an das zuständige FA ab. Dieser Lohnsteuerabzug erfolgte aufgrund Punkt 4 des BMF-Schreibens vom 31. Juli 2002 zur Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Künstlern (IV C 5-S 2369-5/02, Bundessteuerblatt –BStBl– 2002 I, 707) pauschal mit einem Steuersatz von 25 % aus der Bemessungsgrundlage von xx.xxx,xx EUR.

Am 27. Februar 2014 reichte der Kläger beim FA C. einen Antrag auf Durchführung einer Veranlagung für beschränkt steuerpflichtige Personen ein, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 16 ff der FG-Akte). Darin erklärte er Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, in Höhe von xx.xxx EUR und Werbungskosten in Zusammenhang mit seinen inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von xx.xxx,xx EUR wie folgt:

Kosten für Aufenthaltserlaubnis

xx,xx EUR

Vermittlungsprovision Künstleragentur

x.xxx,xx EUR

Kosten für doppelte Haushaltsführung

x.xxx,xx EUR

Summe Werbungskosten

xx.xxx,xx EUR

Von den Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung entfielen x.xxx EUR auf Fahrtkosten (Familienheimfahrten: 10 × XXX km × 0,30 EUR - Entfernungspauschale), Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von x.xxx EUR sowieUnterkunftskosten (Miete für angemietete Unterkunft) in Höhe von x.xxx EUR. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Ergänzungsliste zur Anlage N (Bl. 26 der ESt-Akten) ergänzend Bezug genommen. Zudem beantragte der Kläger, Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von xxx EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Dieser Antrag für beschränkt Steuerpflichtige wurde am 7. März 2014 an das zuständige Finanzamt B. (Beklagter –FA–) weitergereicht.

Mit Bescheid vom 18. März 2014 lehnte das FA den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer für 2012 ab mit der Begründung, der Kläger sei kein Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union (EU) oder eines anderen Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung finde. Eine Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr 2012 geltenden Fassung (EStG) sei somit nicht möglich.

Mit seiner am 8. April 2014 per Telefax bei Gericht eingegangenen Sprungklage hält der Kläger sein Begehren auf Durchführung einer Veranlagung für beschränkt Steuerpflichtige in vollem Umfang aufrecht.

Zur Begründung trägt er vor, die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 7 EStG sei verfassungswidrig, denn sie verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Durch den Ausschluss des Klägers als US-Staatsbürger mit Wohnsitz...

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