Entscheidungsstichwort (Thema)

EuGH-Vorlage: Anwendung des Splittingtarifs bei inländischer fiktiver unbeschränkter Steuerpflicht bei Wohnsitz in der Schweiz?

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem EuGH wird die Frage vorgelegt, ob es gegen das Freizügigkeitskommen (FZA) verstößt, wenn in der Schweiz lebende Ehegatten, die mit ihren gesamten steuerpflichtigen Einkünften der Besteuerung in der BRD unterliegen, die Zusammenveranlagung unter Berücksichtigung des Splitting-Verfahrens verweigert wird.

 

Normenkette

DBA CHE 1971 Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1; EStG 2008 § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2, § 26 Abs. 1, §§ 26b, 32a Abs. 5, § 26 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 3; AEUV Art. 267 Abs. 1a, Art. 49, 45; FZA Art. 1-2, 11, 16, 21; Anhang I FZA Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2, Art. 13, 15 Abs. 1-2; FGO § 74

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 28.02.2013; Aktenzeichen C-425/11)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Vorschriften des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 810 ff.), das am 2. September 2001 vom Bundestag als Gesetz beschlossen worden (BGBl II 2001, 810) und am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist (FZA bzw. Freizügigkeitsabkommen), insbesondere dessen Art. 1, 2, 11, 16 und 21 sowie Anhang I Art. 9, 13 und 15 dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, in der Schweiz lebenden Eheleuten, die mit ihren gesamten steuerpflichtigen Einkünften der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland unterliegen, die Zusammenveranlagung unter Berücksichtigung des Splitting-Verfahrens zu verweigern?

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist mit dem E verheiratet. Beide besitzen ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Eheleute hatten im Veranlagungszeitraum 2008 (Streitjahr) und zuvor seit dem 1. August 2007 ihren Wohnsitz (Hinweis auf § 1 Abs. 1 Satz 1 der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes – EStG 2008–), ihre ständige Wohnstätte und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchstaben a und b des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1992, 519) – DBA-Schweiz 1971 – ausschließlich in R/CH (Confoederatio Helvetica). Bis zum 1. August 2007 hatten die Klägerin und E ihren (ausschließlichen) Wohnsitz in L/BRD.

Wegen der Folgen für die abkommensrechtliche Bestimmung der Ansässigkeit gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 von Steuerpflichtigen, die nur – wie die Klägerin und E – auf Grund eines Antrags nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 2008 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu beurteilen sind, wird auf die Ausführungen von Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen DeutschlandSchweiz Art. 4 Anm. 15 verwiesen (vgl. im Übrigen: Lüdicke, Internationales Steuerrecht – IStR – 2000, 188; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 25. Januar 2000 IV B 3 – S 1301 SCHZ – 1/00, IStR 2000, 188).

Die Klägerin und E haben kein(e) Kind(er). Die Klägerin ist Unternehmensberaterin, E gestaltender Künstler, der insbesondere großflächige Bilder malt.

Im Jahr 2007 erzielte die Klägerin als Gesellschafterin der E-GdbR Einkünfte aus Gewerbetrieb. Weiterer Gesellschafter war E. Zum 1. Januar des Streitjahres wurde die E-GdbR in eine Einzelfirma der Klägerin umgewandelt, nachdem E seinen Gesellschaftsanteil auf die Klägerin übertragen hatte. Bis zum 15. Mai 2008 befand sich der Firmensitz in W/BRD, dann wurde er nach K/BRD – K –verlegt.

Bis zum 31. Dezember 2007 übte E seine Tätigkeit als gestaltender Künstler im Rahmen der K-GdbR aus, ebenso im Streitjahr. Beteiligt an der K-GdbR sind die Klägerin zu 49 v.H. und E zu 51 v.H. Bis zum 15. Mai 2008 befand sich der Firmensitz in W/BRD, dann wurde er nach K/BRD verlegt.

Die K-GdbR und das Einzelunternehmen der Klägerin hatten (auch) im Streitjahr nur Betriebsstätten (bzw. eine feste Einrichtung) unter der zuvor angegebenen Anschrift in K.

Der Kläger hat zum 1. Januar 2008 unter der Firma K ein Einzelunternehmen mit Sitz in R im Handelsregister des Kantons T angemeldet. Nach den vom erkennenden Senat getroffenen Feststellungen hat der Kläger dort jedoch im Streitjahr keine Tätigkeit ausgeübt und keine Einkünfte erzielt.

Sowohl die K-GdbR als auch das Einzelunternehmen der Klägerin erbrachten im Streitjahr ausschließlich Leistungen gegenüber im Inland ansässigen Abnehmern.

Bis zum 15. Mai 2008 fuhren die Klägerin und E regelmäßig von ihrem Wohnsitz in R/CH (durch die Republik Ö) nach W/BRD zu den jeweiligen Betriebsstätten, dann von ihrem Wohnsitz in R/CH nach K/BRD.

Die Klägerin und E wurden in den Vorjahren vom Finanzamt L zur Einkommensteuer zusammenveranlagt (unter Anwendung des Spl...

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