Rz. 9

Eine "messerscharfe" Definition des Arbeitnehmerbegriffs ist nicht möglich. Denn dazu sind die verschiedensten Tätigkeiten im Arbeitsleben zu vielfältig. Allerdings haben sich durch die Rechtsprechung Fallgruppen herausgebildet, für die sich recht klare Leitlinien zur Abgrenzung erkennen lassen.

2.3.1 Transport und Verkehr

 

Rz. 10

Für den Bereich Transport und Verkehr hat das BAG darauf abgestellt, dass sich die Arbeitnehmereigenschaft schon aus der Art der Organisation der Tätigkeit ergeben kann. Danach war ein Co-Pilot Arbeitnehmer, da er den Weisungen des Flugkapitäns unterlag.[1] In den "Frachtführer-Entscheidungen" hat das BAG allein den Umstand, dass der Frachtführer das Firmenlogo und die Arbeitskleidung des Auftraggebers tragen musste, als nicht ausreichend für die Arbeitnehmereigenschaft angesehen. Es kommt erst dann zu einem Arbeitsverhältnis, wenn die Tätigkeit des Transporteurs stärker eingeschränkt ist als das nach den Regelungen für den Frachtführer oder aus anderen rechtlichen Gründen erforderlich ist.[2] Maßgebend war hier der Umstand, ob der Transporteur die nicht nur theoretische Möglichkeit hat, neben den Transporten für die Kunden des Auftraggebers eigene Transporte durchzuführen und auch in nennenswertem Umfang eigenes Personal einsetzen konnte.[3] Diese Möglichkeit besteht vor allem dann, wenn der Transporteur dem Auftraggeber nicht "rund um die Uhr" zur Verfügung stehen muss, sondern die zeitliche Einteilung der Transporte in gewissem Umfang selbst gestalten kann.

2.3.2 Handel, Vertrieb und Versicherungen

 

Rz. 11

Im Bereich des Handels können bei Franchisenehmern Abgrenzungsprobleme entstehen. Zwar sind sie regelmäßig selbstständig; werden sie allerdings durch die enge vertragliche Gestaltung so in die Organisation des Franchisegebers einbezogen, dass sie jeden unternehmerischen Freiraum verlieren, können sie auch Arbeitnehmer sein.

Ein Kommissionär ist regelmäßig selbstständig, es sei denn, ausnahmsweise ergibt sich aufgrund besonderer Vertragsgestaltungen eine gegenüber der gesetzlichen Regelung gesteigerte Abhängigkeit.[1]

Für Versicherungsvertreter hat das BAG klargestellt, dass Vereinbarungen, die lediglich der Konkretisierung gesetzlicher Vorgaben dienen, keine Weisungsabhängigkeit und damit kein Arbeitsverhältnis begründen.[2]

2.3.3 Rundfunk, Presse

 

Rz. 12

In diesem Bereich hat das BAG betont, dass – soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen – sich die nicht programmgestaltende, aber rundfunk- und fernsehtypische Mitarbeit an Sendungen in der Regel nur im Rahmen von Arbeitsverhältnissen durchführen lässt.[1] Dagegen kann programmgestaltende Mitarbeit sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen erbracht werden. Programmgestaltende Mitarbeiter sind nicht schon deshalb Arbeitnehmer, weil sie in ihrer Arbeit auf den Apparat der Anstalt und das Mitarbeiterteam angewiesen sind. Auch bei ihnen ist aber ein Arbeitsverhältnis dann zu bejahen, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Das ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich "zugewiesen" werden. Die ständige Dienstbereitschaft kann sich sowohl aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung der Vertragsbeziehungen ergeben. Es ist ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft, wenn der Mitarbeiter in Dienstplänen aufgeführt wird, ohne dass die einzelnen Einsätze im Voraus abgesprochen werden.[2]

2.3.4 Sonstige Dienstleistungen

 

Rz. 13

  • Für Zeitungszusteller hat das BAG darauf hingewiesen, dass bei einfachen Tätigkeiten dem Arbeitnehmer regelmäßig kein eigener nennenswerter Entscheidungsspielraum für die Gestaltung der Tätigkeit verbleibe, sodass sich daraus regelmäßig die Arbeitnehmereigenschaft ableiten lasse.[1] Für Zeitungszusteller bestand bis zum 31.12.2017 eine besondere Übergangsregelung, die eine stufenweise Anpassung des Mindestlohns vorsah (§ 24 Abs. 2 MiLoG). Nunmehr ist auch diesen Personen der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen. Zeitungszusteller sind nach der Definition nur solche Personen, die ausschließlich periodisch erscheinende Zeitschriften an den Endkunden zustellen. Werbungsausträger fallen nicht darunter und auch nicht solche Personen, die – wie bei verschiedenen Briefdiensten der Fall – neben Zeitungen auch gleichzeitig noch Post zustellen.[2]
  • Familienhelferinnen nach § 31 SGB VIII[3], Ehe- und Erziehungsberater, Mitarbeiter, die Kunden des Auftraggebers nach dessen Terminvorgaben in seine Produkte einweisen[4] und Sargträger[5] sind regelmäßig Arbeitnehmer.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge