Rz. 5

Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkunternehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Dienst- oder Werkleistung. Dieser bestimmt sich u. a. danach, ob der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt und in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Dieses Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht kann sowohl Inhalt als auch Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.[1] Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Darüber hinaus kann sich die persönliche Abhängigkeit auch aus einer sehr detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Umgekehrt kann allerdings aus der Gewährung eines Freiraums hinsichtlich der Zeit, wann die geschuldete Leistung zu erbringen ist, nicht auf das Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit geschlossen werden. Das Merkmal der Arbeitszeitsouveränität ist in vielen Arbeitsverhältnissen enthalten, da zunehmend den Arbeitnehmern große Zeitsouveränität eingeräumt wird (Gleitzeit, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit).

Wesentliches Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ist die Pflicht, die geschuldete Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Ist der aus dem Vertragsverhältnis Verpflichtete berechtigt, die von ihm geschuldete Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so spricht dies in aller Regel gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.[2]

 

Rz. 6

Kein Kriterium ist hingegen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Der Arbeitnehmer ist zwar typischerweise, aber nicht immer, vom Arbeitgeber wirtschaftlich abhängig. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist daher zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft weder erforderlich noch ausreichend. Auch Selbstständige können von einem Auftraggeber wirtschaftlich wie ein Arbeitnehmer abhängig sein und werden dann als arbeitnehmerähnliche Selbstständige (z. B. in § 2 BUrlG oder § 1 MuSchG) bezeichnet.[3]

 

Rz. 7

Maßgebliches Kriterium ist also der Grad der persönlichen Abhängigkeit, der sich festmachen lässt an

  • der Weisungsgebundenheit
  • einer stark einengenden Vertragsgestaltung
  • der Eingliederung in eine betriebliche Arbeitsorganisation
  • der Art der Tätigkeit
  • der tatsächlichen Vertragsdurchführung
  • der Pflicht zur persönlichen Leistung
  • fehlendem unternehmerischem Handlungsspielraum und
  • einem Vergleich mit gesetzlichen Vorgaben für bestimmte Berufsgruppen.

Demgegenüber kommt es nicht auf folgende Kriterien an:

  • Bezeichnung durch die Parteien,
  • steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder
  • wirtschaftliche Abhängigkeit.
 

Rz. 8

Der Grad der persönlichen Abhängigkeit wird auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit bestimmt. Insoweit lassen sich abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien nicht aufstellen. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen freier Dienst- oder Werkverträge erbracht werden, andere regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Aus Art und Organisation der Tätigkeit kann auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zu schließen sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation anzunehmen als bei gehobenen Tätigkeiten. Ein Arbeitsverhältnis kann aber auch bei Diensten höherer Art gegeben sein, selbst wenn dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit verbleibt.

Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.[4] Fehlt es aber an einem vertraglich festgelegten, abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht. Dann muss der Auftraggeber nämlich durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistung erst bestimmen und muss damit Arbeit und Einsatz bindend organisieren.[5]

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