Rz. 2

Arbeitnehmer ist nach Rechtsprechung, herrschender Lehre und auch nach der Regelung des § 611a Abs. 1 BGB, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.[1] Diese kurze Definition enthält verschiedene Tatbestandsmerkmale, die im Einzelfall näher zu konkretisieren sind.

[1] Ständige Rspr. des BAG z. B. BAG, Urteil v. 12.9.1996, 5 AZR 104/95[4]; BAG, Urteil v. 24.3.2004, 5 AZR 233/03; BAG, Urteil v. 27.9.2012, 2 AZR 838/11.

2.1 Privatrechtlicher Vertrag

 

Rz. 3

Ein Arbeitsverhältnis wird durch einen privatrechtlichen Vertrag nach § 611a Abs. 1 BGB begründet. § 611a Abs. 1 BGB regelt in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) den Arbeitsvertrag. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.[1]

 

Rz. 4

Bei der Frage, ob ein Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis oder freier Dienstvertrag einzuordnen ist, ist die Privatautonomie bezüglich der Rechtsformwahl stark eingeschränkt. Der Rechtsbegriff des Arbeitnehmers ist Bestandteil des Arbeitnehmerschutzrechts und daher weder vertrags- noch tarifdispositiv.[2] Es ist also nicht entscheidend, wie die Parteien das Vertragsverhältnis selbst bezeichnen, denn der rechtliche Status des Arbeitnehmers richtet sich nicht nach den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner. Es richtet sich einzig danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Der wirkliche Vertragsinhalt ist der praktischen Durchführung des Vertrags selbst zu entnehmen. Weichen ausdrücklich getroffene Vereinbarung und praktische Durchführung voneinander ab, so ist die tatsächliche Handhabung maßgeblich, denn sie lässt Rückschlüsse darauf zu, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien selbst tatsächlich ausgehen . Entscheidend für die Abgrenzung sind die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung oder andere formelle Merkmale wie etwa Abführung von Umsatzsteuer oder Gewerbeanmeldung.

 
Hinweis

Die arbeitsrechtliche Beurteilung erfolgt unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen/steuerrechtlichen Behandlung. So ist der Übungsleiterfreibetrag von derzeit 3.000 EUR im Jahr lediglich ein steuerrechtlicher Privilegierungstatbestand ohne Auswirkungen auf die Frage des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses. Entsprechendes gilt für die Sozialversicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB IV. Eine Beschäftigung im Rahmen eines Minijobs stellt grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis dar. Auch bei einer Kumulation – Minijob mit Übungsleiterfreibetrag mit Entgelt von 738 EUR – ändert sich nichts an dieser Beurteilung und es gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG).

Bezüglich der geringfügig Beschäftigten hat der Gesetzgeber besondere Pflichten des Arbeitgebers hinsichtlich der Dokumentation der Arbeitszeit geschaffen. Gerade bei "Minijobbern" können besondere Probleme entstehen, wenn hier zwar die Vergütung geregelt ist, jedoch nicht die Arbeitszeit, sodass sich nicht nachvollziehen lässt, welcher Stundenlohn vereinbart ist.

2.2 Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit

 

Rz. 5

Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkunternehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Dienst- oder Werkleistung. Dieser bestimmt sich u. a. danach, ob der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt und in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Dieses Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht kann sowohl Inhalt als auch Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.[1] Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Darüber hinaus kann sich die persönliche Abhängigkeit auch aus einer sehr detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Umgekehrt kann allerdings aus der Gewährung eines Freiraums hinsichtlich der Zeit, wann die geschuldete Leistung zu erbringen ist, nicht auf das Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit geschlossen werden. Das Merkmal der Arbeitszeitsouveränität ist in vielen Arbeitsverhältnissen enthalten, da zunehmend den Arbeitnehmern große Zeitsouveränität eingeräumt wird (Gleitzeit, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit).

Wesentliches Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ist die Pflicht, die geschuldete Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Ist ...

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