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Die Pflichten des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 und 2 MiLoG sowie nach § 17 Abs. 1 und 2 entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 1 MiLoDokV erfüllt sind. Danach sind 3 Fallgestaltungen zu unterscheiden. Die Einschränkungen gelten, wenn:

  1. der Arbeitnehmer ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.958 EUR brutto erhält.[1]

    Der Grenzwert von 2.958 EUR ist für jeden Arbeitnehmer von Bedeutung, der ein Arbeitsentgelt von mehr als 2.958 EUR erhält, z. B. auch für einen Prokuristen in einer Spedition mit einem Gehalt von 6.500 EUR. Da dieser in einer Branche nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 SchwarzArbG tätig ist, besteht grundsätzlich die Pflicht, auch die Arbeitszeit des Prokuristen aufzuzeichnen. Unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 MiLoDokV kann die Aufzeichnungspflicht entfallen.

    Was unter einem verstetigten regelmäßigen Monatsentgelt zu verstehen ist, ist in § 1 MiLoDokV nicht ausdrücklich gesagt, kann jedoch aus den Regelungen des § 2 MiLoG und dem allgemeinen Sprachgebrauch hergeleitet werden. Nach § 2 Abs. 1 MiLoG ist der Mindestlohn monatlich zu zahlen, spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat der Arbeitsleistung erfolgt. Maßstab für die Regelmäßigkeit ist daher der Monat. "Regelmäßig" bedeutet "in bestimmten Abständen wiederkehrend"[2] und "Verstetigen" "gleichmäßig und beständig machen".[3] Ein verstetigtes Arbeitsentgelt dient also dazu, dem Arbeitnehmer gleichmäßige Einkünfte zu sichern.[4] Bedingt durch die unterschiedliche Anzahl von Arbeitstagen in den einzelnen Monaten, z. B. im Februar 20 Arbeitstage, im Juli 23 Arbeitstage, würde aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden im jeweiligen Monat die Höhe des monatlichen Arbeitsentgelts abhängig von der Länge des Monats schwanken.

    Für die Ermittlung des verstetigten regelmäßigen Monatsentgelts sind sämtliche verstetigt gezahlte Bestandteile des Arbeitsentgelts des Arbeitgebers maßgeblich. Dies schließt auch Lohnbestandteile ein, die auf den Mindestlohn nicht anrechenbar sind. So können Erschwerniszuschläge oder Gefahrenzulagen, Zuschläge für regelmäßig anfallende Nacht- oder Sonntagsarbeit bei der Berechnung des Schwellenwertes von 2.958 EUR berücksichtigt werden, auch wenn die genannten Zuschläge und Zulagen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Voraussetzung ist lediglich ihre regelmäßige verstetigte Zahlung.

    Ausgenommen von einer Anrechnung sind Sachbezüge, wie z. B. die Gestellung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung.[5] Mit dem Begriff "Zahlungen" in § 1 Abs. 1 Satz 2 MiLoDokV sind ausschließlich Zuwendungen in Geld, bar oder per Überweisung, gemeint. Daher ist die Anrechnung von Sachbezügen weder vom Wortlaut noch vom Zweck der MiLoDokV gedeckt.

  2. der Arbeitnehmer ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.000 EUR brutto erhält und der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen 12 Monate nachweislich gezahlt hat.[6]

    Der Betrag von 2.000 EUR ist das Ergebnis der politischen Diskussion um Erleichterungen bei der Dokumentationspflicht. Für die Ermittlung des Arbeitsentgelts von 2.000 EUR gelten dieselben Grundsätze, die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 MiLoDokV für die Ermittlung des Grenzwertes von 2.958 EUR anzuwenden sind.

    Während es für einen neu eingestellten Arbeitnehmer ausreicht, dass im Arbeitsvertrag die Zahlung eines verstetigten regelmäßigen Arbeitsentgelts von mehr als 2.958 EUR brutto vereinbart ist, um die Nebenpflichten nach den §§ 16 und 17 MiLoG entfallen zu lassen, setzt der niedrigere Grenzwert voraus, dass ein Arbeitsentgelt von mehr als 2.000 EUR brutto in den letzten 12 Monaten verstetigt und regelmäßig gezahlt worden ist. Für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sind die 12 Monate vor dem Beginn der Tätigkeit in Deutschland maßgeblich.

     
    Praxis-Beispiel

    Der Arbeitnehmer soll ab 1.8.2021 nach Deutschland entsandt werden. Die 12-Monatsfrist läuft vom 1.8.2020 bis zum 31.7.2021.

    Zeiten ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt bleiben bei der Bestimmung des 12-Monats-Zeitraums unberücksichtigt. Dies sind z. B. Zeiten des Bezuges von Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Elterngeld. Der Zeitraum von 12 Monaten wird um die Zeiten ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt in die Vergangenheit verlängert. Die Verlängerung des 12-Monats-Zeitraums erfolgt immer um volle Monate.

     
    Praxis-Beispiel

    Der Arbeitgeber A prüft, ob er die Arbeitszeit seines Arbeitnehmers B aufzeichnen muss. B, der seit 1.1.2020 ein regelmäßiges verstetigtes Arbeitsentgelt von mehr als 2.000 EUR brutto erhält, bezog vom 15.1.2021 bis 20.3.2021 Krankengeld.

    Innerhalb des 12-Monats-Zeitraums vor dem 1.8.2021, also der Zeit vom 1.8.2020 bis 31.7.2021, bezog B für Januar und März 2021 nicht für volle Monate und für den Monat Februar überhaupt kein Arbeitsentgelt. Innerhalb der 12 Monate vor dem 1.8.2021 bezog B also nur für volle 9 Monate ein Arbeitsentgelt von mehr als 2.000 EUR. Die fehlenden 3 Monate während des Krankengeldbezugs müssen unberücksichtigt bleiben. Daher verlängert sich der 12-Monat...

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