Rz. 40

 
Hinweis

Einen vollständigen Schutz gegen die Inanspruchnahme gibt es nicht. Auch wenn der Auftraggeber noch so weitreichende Vorkehrungen vor einer Inanspruchnahme auf Zahlung des Mindestlohns durch die Arbeitnehmer eines Nachunternehmers getroffen hat. Erhalten diese Arbeitnehmer ihren Lohn nicht, können Sie den Auftraggeber oder einen anderen Unternehmer der Nachunternehmerkette in Anspruch nehmen.

Unter diesem Gesichtspunkt sollte auch immer abgewogen werden, wie viel administrativer Aufwand betrieben wird, um sich als Auftraggeber "abzusichern". Das gilt immer insbesondere dann zu erwägen, wenn es sich nur um einen oder 2 Arbeitnehmer handelt, die mit einem relativ geringen Arbeitsvolumen im Rahmen eines Auftrags für den Auftraggeber tätig werden.

Der Vorteil besteht allerdings darin, dass der Zoll hier keine Fahrlässigkeit im Rahmen des Bußgeldtatbestands des § 21 Abs. 2 MiLoG vorwerfen kann.

 

Rz. 41

Folgende Maßnahmen zum Schutz vor einer Haftung als Auftraggeber sind denkbar:

  • Es sollten nur die Angebote berücksichtigt werden, aus denen hervorgeht, dass die Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns eingerechnet ist. Die Dienstleistung muss zu dem angebotenen Preis auch dann betriebswirtschaftlich sinnvoll erbracht werden können, wenn der Nachunternehmer den Mindestlohn zahlt. Ggf. kann in die Ausschreibung aufgenommen werden, dass der Auftragnehmer die Kalkulation insoweit offen zu legen hat, dass erkennbar ist, dass die Mindestlöhne realistischer Weise gezahlt werden können.
  • Der Auftraggeber hat keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Auftragnehmer ihm Bescheinigungen zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die bei ihm oder seinen Subunternehmern auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer vorlegt. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 14 AEntG.[1] Daher sollte der Auftragnehmer vertraglich zusichern, dass ein von ihm eingesetzter Nachunternehmer sowie von diesem eingesetzte weitere Auftragnehmer den Mindestlohn zahlen. Zugleich sollte die Pflicht des Auftragnehmers zur monatlichen Vorlage eines Nachweises über die Zahlung des Mindestlohns durch ihn und ggf. auch seine Nachunternehmer (z. B. Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden und hierfür gezahlte Arbeitsentgelte) vereinbart werden, einschließlich eines Einsichtsrechts in die (anonymisierten) Lohn- und Gehaltslisten. Erforderlich ist dementsprechend aber auch die regelmäßige Durchsicht und Prüfung der vorgelegten Nachweise.
  • Ob es demgegenüber praktikabel ist, vom Auftragnehmer zu verlangen, dass er eine Bescheinigung des Steuerberaters über die Zahlung des Mindestlohns an mit Bezug zu dem jeweiligen Vertrag mit dem Auftraggeber eingesetzte Arbeitnehmer vorlegt, erscheint zweifelhaft. Der Steuerberater wird das oft aus eigener Anschauung kaum wissen und setzt sich einem zusätzlichen Haftungsrisiko aus, von dem fraglich ist, ob es von seiner Berufshaftpflichtversicherung überhaupt gedeckt ist.
  • Der Auftragnehmer sollte vertraglich zusichern, dass er die angefragten Leistungen selbst erbringt. Es ist sinnvoll zu vereinbaren, dass der Auftragnehmer seinerseits nur nach vorheriger Zustimmung des Auftraggebers (wiederum abhängig vom Inhalt des beabsichtigten Vertrags) Nachunternehmer einsetzen darf, ggf. nur gegen Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Sicherheiten.
  • Im Falle einer Weitergabe des Auftrags an weitere Nachunternehmer sollte mit dem eigenen Vertragspartner vereinbart werden, dass er den Auftraggeber von der Haftung gegenüber den Arbeitnehmern eines der Nachunternehmen vollständig freistellt.
  • Ggf. können auch (zusätzliche) Sicherheitsleistungen für das neue Haftungsrisiko z. B. durch Bürgschaftsstellung durch den Auftragnehmer und Kündigungsrecht für den Auftraggeber bereits für den Fall des Verstoßes gegen die vereinbarten Nachweispflichten vereinbart werden. Das ist zulässig, auch in AGB, jedoch muss der Zweck einer solchen Bürgschaft deutlich benannt sein.[2] Eine Gewährleistungsbürgschaft deckt den Zweck der Sicherung des Mindestlohns nicht ohne weitere Vereinbarung ab.
 

Rz. 42

 
Hinweis

Es ist aber in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass derartige Vorsichtsmaßnahmen nur dann erforderlich sind, wenn es sich um die Einschaltung eines Subunternehmers zur Erfüllung eines Dienst- oder Werkvertrags handelt, der über die Erfüllung des betrieblichen Eigenbedarfs hinaus geht.

Und ebenso ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei immer nur um Vorsichtsmaßnahmen handelt. Da es sich um eine Bürgenhaftung handelt, nützen alle Vorsichtsmaßnahmen nichts, wenn der Fall der Nichtzahlung des Mindestlohns durch den Nachunternehmer eingetreten ist.

Die derzeit in der Praxis zu beobachtende Handhabung, dass jedes Unternehmen einem anderen Unternehmen, das sein Vertragspartner ist, Erklärungen zur Unterzeichnung zuschickt, wonach der Mindestlohn gezahlt wird, im Extremfall sogar verlangt, dass der Steuerberater die monatliche Zahlung des Mindestlohns attestiert (was er nicht wird) ist überflüssig ...

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