1 Pflege eines nahen Angehörigen

Eine Familienpflegezeit dient der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Nahe Angehörige sind ebenso wie im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) insbesondere Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, lebenspartnerschaftsähnliche Partner, Geschwister, Schwäger sowie Kinder und Enkelkinder.[1] Voraussetzung für die Familienpflegezeit ist die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI. Darüber hinaus kann eine Familienpflegezeit für die Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen genommen werden. Der Minderjährige wird in diesem Fall von Dritten "gepflegt", während der angehörige Arbeitnehmer durch eine Teilzeittätigkeit die (zusätzliche) Betreuung sicherstellen kann. Aber auch ein Wechsel zwischen häuslicher Pflege und außerhäuslicher Betreuung ist innerhalb der Familienpflegezeit ohne weitere Voraussetzungen möglich. Beruf und Familie sollen durch das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) daher miteinander vereinbart werden können.

2 Familienpflegezeit durch Teilzeittätigkeit

Eine Familienpflegezeit ist nach der Definition in § 2 Abs. 1 des FPfZG eine Teilzeittätigkeit mit einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden für die Dauer von maximal 24 Monaten zur Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Bei wöchentlich unterschiedlichen Arbeitszeiten kommt es auf den jährlichen Durchschnitt der wöchentlichen Arbeitszeit an. Befristet bis zum 30.4.2023 darf die wöchentliche Arbeitszeit für die Dauer von längstens einem Monat auch weniger als 15 Stunden betragen.[1] Ähnlich wie bei der Altersteilzeit erhält der Arbeitnehmer während der Teilzeittätigkeit eine entsprechend reduzierte Vergütung, die jedoch über ein zinsloses Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufgestockt wird.

[1] § 16 Abs. 1 FPfZG.

3 Anspruch auf Familienpflegezeit

3.1 Geltendmachung der Familienpflegezeit

Arbeitnehmer haben gegenüber dem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Diese ist vom Arbeitnehmer spätestens 8 Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich anzukündigen.[1] Für Familienpflegezeiten, die spätestens am 1.4.2023 beginnen, gilt eine abweichende Regel: Es genügt eine Ankündigungsfrist von 10 Arbeitstagen. Außerdem wird statt der Schriftform nur die Textform (z. B. E-Mail) verlangt.[2] Gleichzeitig muss er erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung in Anspruch genommen werden soll. Auch die Verteilung der Arbeitszeit ist anzugeben. Wird die Familienpflegezeit im Anschluss an eine Pflegezeit i. S. v. § 3 Abs. 1 oder 3 PflegeZG genommen, soll die Familienpflegezeit möglichst frühzeitig erklärt werden, spätestens 3 Monate vor Beginn. Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht nicht, wenn der Arbeitgeber in der Regel 25 oder weniger Mitarbeiter ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt.

[2] § 16 Abs. 2 FPfZG.

3.2 Vereinbarung über die Pflegezeit

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben über die Verringerung und Verteilung[1] der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung zu treffen.[2] Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Teilzeitanspruchslösung erinnert an den Teilzeitanspruch nach § 15 Abs. 5 BEEG. Wie in § 15 BEEG sollen dem gewünschten Umfang oder der Verteilung vom Arbeitgeber nur dringende betriebliche Gründe entgegengehalten werden können. Eine automatische Durchführung des Teilzeitwunsches im Falle der fehlenden Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist allerdings nicht vorgesehen. Auch wenn der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch nicht rechtzeitig ablehnt, führt dies nicht – wie in § 8 TzBfG – zur zwangsweisen Durchsetzung des Teilzeitbegehrens des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer muss seinen Teilzeitanspruch also ggf. gerichtlich im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, um die Familienpflegezeit rechtzeitig antreten zu können.

[2] Bis zum 30.6.2022 genügte die Textform, § 16 Abs. 5 FPfZG.

3.3 Verlängerung der Familienpflegezeit

Wurde die Familienpflegezeit nicht für die kompletten 24 Monate beantragt, kann sie bis zu dieser Gesamtdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Der Arbeitgeber muss zustimmen, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann.[1]

Übergangsweise konnte statt einer Verlängerung auch eine neue Familienpflegezeit nach einer Unterbrechung beantragt werden.[2] Erforderlich ist dann aber die Zustimmung des Arbeitgebers. Die Gesamtdauer beider Familienpflegezeiten durfte 24 Monate nicht überschreiten. Außerdem musste die Familienpflegezeit spätestens am 30.4.2023 enden.[3]

Ebenfalls eine neue Familienpflegezeit kann nach einer beendeten Pflegezeit genommen werden, wenn der gleiche Angehörige gepflegt wird, die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschritten wird und die erste Familienpflegezeit aufgrund der Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie erfolgte.[4] Außerdem kommt eine Familienpfle...

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