Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Wanderarbeitnehmer. Tragweite der E-101-Bescheinigung. Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit

 

Normenkette

EWGV 1408/71 des Rates Art. 14a Nr. 1 Buchst. a, Art. 14c; EWGV 574/72 des Rates Art. 11a, 12a Abs. 7

 

Beteiligte

Banks u.a

Barry Banks u. a

Théâtre Royal de la Monnaie

 

Verfahrensgang

Tribunal du travail de Bruxelles (Belgien)

 

Tenor

1. Der Begriff Arbeit in Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Ratesvom 2. Juni 1983 und danach durch die Verordnung (EWG) Nr. 3811/86 des Rates vom 11. Dezember 1986 geänderten und aktualisierten Fassung erfaßt jede – im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder selbständig erbrachte -Arbeitsleistung.

2. Die gemäß Artikel 11a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 in ihrer durch die Verordnung Nr. 2001/83 und danach durch die Verordnung Nr.3811/86 geänderten und aktualisierten Fassung ausgestellte E-101-Bescheinigung bindet, solange sie nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt worden ist, den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in den sich der Selbständige zur Ausführung einer Arbeit begibt, wie auch die Person, die Leistungen dieses Selbständigen in Anspruch nimmt.

3. Die gemäß Artikel 11a der Verordnung Nr. 574/72 ausgestellte E-101-Bescheinigung kann Rückwirkung entfalten.

 

Gründe

1.

Das Tribunal du travail Brüssel hat mit Beschluß vom 21. April 1997, beimGerichtshof eingegangen am 7. Mai 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetztArtikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 14a Nummer 1Buchstabe a und 14c der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu-und abwandern, (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) und der Artikel 11a und12a Absatz 7 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (im folgenden: Verordnung Nr.574/72) in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni1983 (ABl. L 230, S. 6) und danach durch die Verordnung (EWG) Nr. 3811/86 des Rates vom 11. Dezember 1986 (ABl. L 355, S. 5) geänderten und aktualisierten Fassung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Banks, acht weiteren Opernsängern und einem Dirigenten, unterstützt von drei weiterenKünstlern, (im folgenden: Kläger) und dem Théâtre Royal de la Monnaie Brüssel(im folgenden: TRM) wegen Beiträgen, die das TRM gemäß dem belgischen allgemeinen System der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer von den Gagen der Kläger einbehalten hat.

3.

Die Kläger sind Bühnenkünstler britischer Staatsangehörigkeit. Sie wohnen imVereinigten Königreich, wo sie gewöhnlich erwerbstätig sind, und unterliegen alsSelbständige dem britischen System der sozialen Sicherheit. Sie wurden vom TRMin den Jahren 1992 bis 1995 für Auftritte in Belgien engagiert. Die Engagementsder Künstler beliefen sich mit einer Ausnahme – hier umfaßte derLeistungszeitraum vier Monate und sechs Tage – auf jeweils weniger als dreiMonate.

4.

Das TRM behielt von den Gagen die Beiträge ein, die aufgrund des Anschlusses der Kläger an das belgische allgemeine System der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer geschuldet waren. Dieser Einbehalt erfolgte aufgrund von Artikel 3 Absatz 2 der Königlichen Verordnung vom 28. November 1969 zur Durchführungdes Gesetzes vom 27. Juni 1969 zur Änderung der Arrêté-loi vom 28. Dezember1944 über die soziale Sicherheit derjenigen, die dem System der sozialen Sicherheitder im Lohn- oder Gehaltsverhältnis stehenden Arbeitnehmer angehören (Moniteurbelge vom 5. Dezember 1969), der dieses System auf Bühnenkünstler erstreckt hat. Die Verträge der Kläger sahen diesen Einbehalt ausdrücklich vor.

5.

Im Laufe ihres Engagements oder im Laufe des Verfahrens vor dem vorlegenden Gericht legten die Kläger jeweils eine vom britischen Ministerium für soziale Sicherheit gemäß Artikel 11a der Verordnung Nr. 547/72 ausgestellte E-101-Bescheinigung vor, aus der hervorging, daß sie selbständig sind, während ihres Engagements beim TRM eine selbständige Tätigkeit ausüben werden und währenddieser Zeit gemäß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71weiterhin den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs über soziale Sicherheit unterstellt bleiben werden. Nach der genannten Bestimmung unterliegteine Person, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und die eine Arbeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaatsausführt, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, so...

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