Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Verbot von Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Begriff ‚Tatbestände, die auf eine Diskriminierung schließen lassen’. Beweislastregelung. Wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen. Person, die sich als Geschäftsführer eines Profifußballvereins darstellt und in der Öffentlichkeit als solcher wahrgenommen wird. Öffentliche Äußerungen, mit denen die Einstellung eines als homosexuell dargestellten Fußballspielers ausgeschlossen wird

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 10 Abs. 1, Art. 17

 

Beteiligte

Asociaţia Accept

Asociaţia ACCEPT

Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării

 

Tenor

1. Art. 2 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass Tatsachen, wie sie dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen, in Bezug auf einen Profifußballverein auch dann als „Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen”, gewertet werden können, wenn die betreffenden Äußerungen von einer Person stammen, die sich als Hauptgeschäftsführer dieses Vereins darstellt und in den Medien und in der Gesellschaft als solcher wahrgenommen wird, ohne notwendigerweise rechtlich befugt zu sein, den Verein zu binden oder bei Einstellungen zu vertreten.

2. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass Tatsachen, wie sie dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen, als „Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung” aufgrund der sexuellen Ausrichtung bei der Einstellung von Spielern durch einen Profifußballverein „vermuten lassen”, gewertet werden können, die Beweislast, wie sie in Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 geregelt ist, nicht dazu führt, dass ein Beweis verlangt wird, der unmöglich zu erbringen ist, ohne das Recht auf Achtung des Privatlebens zu verletzen.

3. Art. 17 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der bei Feststellung einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung im Sinne dieser Richtlinie als Sanktion nur eine Verwarnung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ausgesprochen werden kann, wenn diese Feststellung nach Ablauf der Verjährungsfrist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt getroffen wird, zu dem sich der Sachverhalt zugetragen hat, dann entgegensteht, wenn eine solche Diskriminierung bei Anwendung dieser Regelung nicht unter materiell- und verfahrensrechtlichen Bedingungen sanktioniert wird, unter denen die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend wäre. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob dies bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung der Fall ist, und gegebenenfalls das nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curte de Apel Bucureşti (Rumänien) mit Entscheidung vom 12. Oktober 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Februar 2012, in dem Verfahren

Asociaţia ACCEPT

gegen

Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Präsidenten des Gerichtshofs V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūnas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Asociaţia ACCEPT, vertreten durch R.-I. Ionescu, avocat,
  • des Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării, vertreten durch C. F. Asztalos, C. Nuică und C. Vlad als Bevollmächtigte,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu, E. Gane und A. Voicu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und C. Gheorghiu als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 10 Abs. 1 und Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Asociaţia ACCEPT (im Folgenden: Accept) und dem Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminarii (Nationaler Rat für die Bekämpfung der Diskriminierung, im Folgenden: CNCD) über dessen Entscheidung, eine Beschwerde wegen öffentlicher Äußerungen einer Person – die sich als Geschäftsführer eines Profi...

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