Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Richtlinie 98/59/EG. Schutz der Arbeitnehmer. Massenentlassungen. Geltungsbereich. Schließung einer amerikanischen Militärbasis. Unterrichtung und Konsultation der Arbeitnehmer. Beginn der Konsultationspflicht. Unzuständigkeit des Gerichtshofs

 

Beteiligte

Nolan

United States of America

Christine Nolan

 

Tenor

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Beantwortung der Frage, die der Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 6. Dezember 2010 vorgelegt hat, nicht zuständig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 6. Dezember 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Dezember 2010, in dem Verfahren

United States of America

gegen

Christine Nolan

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis und J. Malenovský,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Nolan, vertreten durch M. Mullins, QC, und M. De Savorgnani, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren als Bevollmächtigten,
  • der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch F. Cloarec und X. Lewis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. März 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. L 225, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Frau Nolan, einer zivilen Angestellten einer amerikanischen Militärbasis im Vereinigten Königreich, über die Pflicht zur Konsultation der Arbeitnehmer vor Entlassungen gemäß den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs, mit denen die Richtlinie 98/59 umgesetzt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 3 und 4 der Richtlinie 98/59 heißt es:

„(3) Trotz einer konvergierenden Entwicklung bestehen weiterhin Unterschiede zwischen den in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Voraussetzungen und des Verfahrens für Massenentlassungen sowie hinsichtlich der Maßnahmen, die die Folgen dieser Entlassungen für die Arbeitnehmer mildern könnten.

(4) Diese Unterschiede können sich auf das Funktionieren des Binnenmarkts unmittelbar auswirken.”

Rz. 4

Im sechsten Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„Die auf der Tagung des Europäischen Rates in Straßburg am 9. Dezember 1989 von den Staats- und Regierungschefs von elf Mitgliedstaaten angenommene Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sieht unter Nummer 7 Unterabsatz 1 erster Satz … Folgendes vor:

‚7. Die Verwirklichung des Binnenmarktes muss zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft führen …’

…”

Rz. 5

Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 98/59 findet diese keine Anwendung auf Arbeitnehmer öffentlicher Verwaltungen oder von Einrichtungen des öffentlichen Rechts (oder in Mitgliedstaaten, die diesen Begriff nicht kennen, von gleichwertigen Stellen).

Rz. 6

Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Beabsichtigt ein Arbeitgeber, Massenentlassungen vorzunehmen, so hat er die Arbeitnehmervertreter rechtzeitig zu konsultieren, um zu einer Einigung zu gelangen.

(2) Diese Konsultationen erstrecken sich zumindest auf die Möglichkeit, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken, sowie auf die Möglichkeit, ihre Folgen durch soziale Begleitmaßnahmen, die insbesondere Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulung der entlassenen Arbeitnehmer zum Ziel haben, zu mildern.

(3) Damit die Arbeitnehmervertreter konstruktive Vorschläge unterbreiten können, hat der Arbeitgeber ihnen rechtzeitig im Verlauf der Konsultationen

  1. die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und
  2. in jedem Fall schriftlich Folgendes mitzuteilen:

    i) die Gründe der geplanten Entlassung;

    ii) die Zahl und die Kategorien der zu entlassenden Arbeitnehmer;

    iii) die Zahl und die Kategorien der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer;

    iv) den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen;

    v) die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, soweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Praktiken dem Arbeitgeber die Zuständigkeit dafür zuerkennen;

    vi) die vorgesehene Methode für die Berechnung etwaiger Abfindungen, soweit sie sich nicht aus den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Praktiken ergeben.

…”

R...

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