Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Vermietung eines Hausboots mit Anlagesteg und Liegefläche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken die Verpachtung eines Hausboots einschließlich der dazugehörenden Liegefläche und Steganlage umfasst, das mit nicht leicht zu lösenden Befestigungen, die am Ufer und auf dem Grund eines Flusses angebracht sind, ortsfest gehalten wird, an einem abgegrenzten und identifizierbaren Liegeplatz im Fluss liegt und nach den Bestimmungen des Pachtvertrags ausschließlich zur auf Dauer angelegten Nutzung als Restaurant bzw. Diskothek an diesem Liegeplatz bestimmt ist. Diese Verpachtung stellt eine einheitliche steuerfreie Leistung dar, ohne dass zwischen der Verpachtung des Hausboots und der der Steganlage zu differenzieren wäre.

2. Ein solches Hausboot stellt kein Fahrzeug im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 dar.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. b

 

Beteiligte

Leichenich

Susanne Leichenich

Ansbert Peffekoven, Ingo Horeis

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Beschluss vom 04.08.2011; Aktenzeichen 8 U 7/11; ABl. EU 2012, Nr. C 25/50)

 

Tatbestand

Richtlinie 77/388/EWG ‐ Mehrwertsteuer ‐ Befreiungen ‐ Art. 13 Teil B Buchst. b ‐ Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ‐ Dauerhaft am Ufer eines Flusses vertäutes Hausboot ohne Eigenantrieb ‐ Verpachtung des Hausboots einschließlich der dazugehörenden Steganlage sowie Land- und Wasserfläche ‐ Ausschließliche Bestimmung zur auf Dauer angelegten Nutzung als Restaurant bzw. Diskothek ‐ Einheitliche Leistung“

In der Rechtssache C-532/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 2011, in dem Verfahren

Susanne Leichenich

gegen

Ansbert Peffekoven,

Ingo Horeis,

Beteiligte:

Dr. Leyh, Dr. Kossow & Dr. Ott KG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis und J. Malenovský,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von S. Leichenich, vertreten durch Rechtsanwalt H. Bister,

‐ von A. Peffekoven und I. Horeis, vertreten durch die Rechtsanwälte A. Funke und R. Lenzen,

‐ der Dr. Leyh, Dr. Kossow & Dr. Ott KG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch die Rechtsanwälte T. Wahlen und S. Schneider,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Leichenich, der Eigentümerin eines Hausboots, auf der einen Seite und Herrn Peffekoven sowie Herrn Horeis, ihren Steuerberatern, auf der anderen Seite über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit eines Umsatzes in Form der Verpachtung dieses Hausboots, das dauerhaft am Ufer eines Flusses vertäut und zur Nutzung als Restaurant bzw. Diskothek bestimmt ist.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 der Sechsten Richtlinie, der zu Abschnitt II („Steueranwendungsbereich“) gehört, bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

…“

Rz. 4

Art. 13 („Steuerbefreiungen im Inland“) Teil B („Sonstige Steuerbefreiungen“) der Sechsten Richtlinie sieht vor:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit A...

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