Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Vorumsätze in der Seeschifffahrt, Begriff des Seeschiffs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Artikel 15 Nummer 4 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992, auf den Nummer 5 des gleichen Artikels verweist, gilt nicht nur für Schiffe, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr eingesetzt sind, sondern auch für Schiffe, die auf hoher See zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind.

2. Artikel 15 Nummer 8 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Befreiung die Dienstleistungen erfasst, die dem Reeder selbst für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe erbracht werden.

3. Im Rahmen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems sind die nationalen Steuerbehörden verpflichtet, den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu wahren. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob der Steuerpflichtige unter den Umständen der Ausgangsverfahren vernünftigerweise annehmen konnte, dass die streitige Entscheidung von einer zuständigen Behörde getroffen worden war.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 15 Nr. 4 Buchst. A, Nr. 8

 

Beteiligte

Elmeka

Elmeka NE

Ypourgos Oikonomikon

 

Verfahrensgang

Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) (Urteil vom 03.03.2004; ABl. EU 2004, Nr. C 168/2)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Befreiungen ‐ Artikel 15 Nummern 4 Buchstabe a, 5 und 8 ‐ Befreiung der Vermietung von Seeschiffen ‐ Umfang“

In den verbundenen Rechtssachen C-181/04 bis C-183/04

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidungen vom 3. März 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 2004, in den Verfahren

Elmeka NE

gegen

Ypourgos Oikonomikon

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters J. Makarczyk, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kũris und G. Arestis (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, S. Spyropoulos, I. Bakopoulos und S. Chala als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten, im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 1. Dezember 2005

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Artikel 15 Nummern 4 Buchstabe a, 5 und 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 384, S. 47) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) sowie die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Elmeka NE (im Folgenden: Elmeka) und dem Ypourgos Oikonomikon (Finanzminister) über dessen Weigerung, mit Frachtgebühren für Transporte von Kraftstoffen zur Versorgung von Seeschiffen verbundene Umsätze von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

Artikel 15 der Sechsten Richtlinie lautet:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsbestimmungen befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

4. Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die

a) auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind,

b) als Bergungs- oder Rettungsschiffe auf See oder zur Küstenfischerei eingesetzt sind, wobei im letztgenannten Fall Lieferungen von Bordproviant ausgenommen sind,

5. Lieferungen, Umbauten, Instandsetzungen, Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen der unter Nummer 4 Buchstaben a) und b) bezeichneten Seeschiffe sowie Lieferungen, Vermietungen, Instandsetzungen und Wartungen der in diese Schiffe eingebauten Gegenstände ‐ einschließlich der Ausrüstung für die Fischerei ‐ oder der Gegenstände für ihren Betrieb;

8. andere Dienstleistungen als die nach Nummer 5, die für den unmittelbaren Bedarf der dort bezeichne...

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