Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Geltungsbereich. Übergang eines Unternehmensteils. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Begriff ‚Übergang’. Begriff ‚wirtschaftliche Einheit’. Übertragung eines Teils der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Muttergesellschaft auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft. Identität. Selbständigkeit. Verfolgung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Kriterium der Dauerhaftigkeit der Verfolgung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Heranziehen von Produktionsfaktoren Dritter. Absicht, die übertragene Einheit abzuwickeln

 

Normenkette

Richtlinie 2001/23/EG

 

Beteiligte

Ellinika Nafpigeia

Ellinika Nafpigeia AE

Panagiotis Anagnostopoulos u. a

 

Tenor

Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, insbesondere ihr Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b, ist dahin auszulegen, dass sie auf den Übergang einer Produktionseinheit anzuwenden ist, wenn zum einen der Veräußerer, der Erwerber oder beide gemeinsam mit Blick auf die Fortführung der vom Veräußerer ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Erwerber, aber auch mit Blick auf die spätere Auflösung des Erwerbers selbst im Rahmen einer Abwicklung handeln, und zum anderen die in Rede stehende Einheit, die das wirtschaftliche Ziel nicht erreichen kann, ohne auf von Dritten stammende Produktionsfaktoren zurückzugreifen, nicht völlig selbständig ist, vorausgesetzt, dass – was das vorlegende Gericht zu prüfen hat – zum einen der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts beachtet wird, wonach der Veräußerer und der Erwerber nicht versuchen dürfen, betrügerisch oder missbräuchlich in den Genuss von Vorteilen zu kommen, die sie aus der Richtlinie 2001/23 ziehen könnten, und zum anderen die betreffende Produktionseinheit über hinreichende Garantien verfügt, die ihren Zugang zu den Produktionsfaktoren Dritter sicherstellen, damit sie nicht von wirtschaftlichen Entscheidungen abhängig ist, die von diesen einseitig getroffen werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Areios Pagos (Kassationsgerichtshof, Griechenland) mit Entscheidung vom 8. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. November 2017, in dem Verfahren

Ellinika Nafpigeia AE

gegen

Panagiotis Anagnostopoulos u. a.,

Beteiligte:

Syllogos Ergazomenon Nafpigeion Skaramagka I TRIAINA,

Panellinia Omospondia Ergatoÿpallilon Metallou (POEM),

Geniki Synomospondia Ergaton Ellados (GSEE),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen, J. Malenovský (Berichterstatter) und C. G. Fernlund sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Ellinika Nafpigeia AE, vertreten durch S. Andriopoulos und D. Zerdelis, dikigoroi,
  • von P. Anagnostopoulos und 89 weiteren Arbeitnehmern, vom Syllogos Ergazomenon Nafpigeion Skaramagka I TRIAINA und von der Panellinia Omospondia Ergatoÿpallilon Metallou (POEM), vertreten durch V. Pittas, dikigoros,
  • von D. Karampinis, vertreten durch M. Michalopoulos, dikigoros,
  • von K. Priovolos und K. Kostopoulos, vertreten durch A. Tzellis, dikigoros,
  • der Geniki Synomospondia Ergaton Ellados (GSEE), vertreten durch S. Kazakou, dikigoros,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch S. Charitaki, S. Papaioannou und E.-M. Mamouna als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ellinika Nafpigeia AE einerseits und Herrn Panagiotis Anagnostopoulos und 89 weiteren Arbeitnehmern (im Folgenden: betroffene Arbeitnehmer) andererseits über die Erfüllung der ursprünglich zwischen diesen Parteien geschlossenen Verträge.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Mit der Richtlinie 2001/23 wurde die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. 1977, L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. 1998, L 201, S. 88) geänderten Fassung mit Wirkung vom 11. A...

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