Entscheidungsstichwort (Thema)

Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Leistungen zur Deckung des Risikos der Pflegebedürftigkeit

 

Beteiligte

Manfred Molenaar

Barbara Fath-Molenaar

Manfred Molenaar

Allgemeine Ortskrankenkasse Baden-Württemberg

 

Tenor

Es verstößt nicht gegen die Artikel 6 und Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag, wenn ein Mitgliedstaat Personen, die in seinem Gebiet arbeiten, jedoch in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, zu Beiträgen zu einem System der sozialen Sicherheit zur Deckung des Risikos der Pflegebedürftigkeit heranzieht. Es verstößt jedoch gegen die Artikel 19 Absatz 1, 25 Absatz 1 und 28 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung

(EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, den Anspruch auf eine Leistung wie das Pflegegeld, die eine Geldleistung bei Krankheit darstellt, davon abhängig zu machen, daß der Versicherte in dem Staat wohnt, in dem er der Versicherung angeschlossen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-160/96

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Sozialgericht Karlsruhe (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Manfred Molenaar,

Barbara Fath-Molenaar

gegen

Allgemeine Ortskrankenkasse Baden-Württemberg

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 6 und 48 Absatz 2 EG-Vertrag

erläßt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten C. Gulmann, H. Ragnemalm, M. Wathelet und R. Schintgen sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G. Kapteyn, J. L. Murray, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet (Berichterstatter), G. Hirsch, P. Jann, L. Sevón und K. M. Ioannou,

Generalanwalt: G. Cosmas

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • von Herrn Molenaar und Frau Fath-Molenaar, vertreten durch Rechtsanwalt S. de Witt, Freiburg,
  • der Allgemeinen Ortskrankenkasse Baden-Württemberg, vertreten durch Rechtsassessor K. Hirzel, Justitiar,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch Universitätsdozent M. Potacs, Bundeskanzleramt, als Bevollmächtigten,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch L. Nordling, Rättschef für EU-Fragen im Außenministerum, als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater P. Hillenkamp und M. Patakia, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Molenaar und Frau Fath-Molenaar, vertreten durch Rechtsanwalt W. Schirp, Freiburg, der Allgemeinen Ortskrankenkasse Baden-Württemberg, vertreten durch K. Hirzel, der deutschen Regierung, vertreten durch E. Röder, der österreichischen Regierung, vertreten durch Magister G. Hesse, Bundeskanzleramt, und der Kommission, vertreten durch P. Hillenkamp, in der Sitzung vom 8. Oktober 1997,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Dezember 1997,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1.

Das Sozialgericht Karlsruhe hat dem Gerichtshof mit Beschluß vom 28. März 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Mai 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 6 und 48 Absatz 2 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Molenaar, einem niederländischen Staatsangehörigen, sowie Frau Fath-Molenaar, einer deutschen Staatsangehörigen (im folgenden: Kläger) und der Allgemeinen Ortskrankenkasse Baden-Württemberg (AOK) über das Recht der Kläger, Leistungen der deutschen sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (im folgenden: Pflegeversicherung) in Anspruch zu nehmen.

3.

Diese Versicherung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1995 durch das Pflegeversicherungsgesetz eingeführt, das das Elfte Buch des Sozialgesetzbuchs bildet (SGB XI). Sie soll die Kosten decken, die durch die Pflegebedürftigkeit der Versicherten, d. h. das dauerhafte Bedürfnis verursacht werden, sich in großem Umfang der Hilfe Dritter zu bedienen, um die Verrichtungen des täglichen Lebens (u. a. Körperpflege, Ernährung, Mobilität, Führung des Haushalts) zu erledigen.

4.

Nach dem SGB XI haben sämtliche Personen, die in der Krankenversicherung pflichtversichert oder freiwillig versichert sind, Beiträge an das System der Pflegeversicherung zu entrichten.

5.

Die Pflegeversicherung eröffnet zunächst Anspruch auf Leistungen zur Deckung der Kosten, die durch von Dritten zu Hause geleistete Pflege entstehen. Diese Leistungen der sogenannten 5häuslichen Pflege”, deren Umfang vom Grad der Pflegebedürftigkeit der betreffenden Person abhängt, können nach Wahl des Begünstigten in Form der Pflege durch zugelassene Dienste od...

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