Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiungen, Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften, Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), Outsourcing

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff der „Verwaltung“ von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage stellt einen autonomen Begriff des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Inhalt die Mitgliedstaaten nicht verändern können.

2. Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser Bestimmung die Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung der Sondervermögen durch einen außenstehenden Verwalter fallen, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung dieser Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind.

Dagegen fallen unter diesen Begriff nicht die Leistungen, die den Aufgaben einer Verwahrstelle im Sinne der Artikel 7 Absätze 1 und 3 und 14 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20.. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) entsprechen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6

 

Beteiligte

Abbey National

Abbey National plc

Inscape Investment Fund

Commissioners of Customs & Excise

 

Verfahrensgang

VAT and Duties Tribunal London (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 02.04.2004)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 ‐ Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften ‐ Befreiung ‐ Begriff ‘Verwaltung’ ‐ Tätigkeit einer Verwahrstelle ‐ Auslagerung administrativer Aufgaben der Verwaltung

In der RechtssacheC-169/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal, London (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 2. April 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 5. April 2004, in dem Verfahren

Abbey National plc und

Inscape Investment Fund

gegen

Commissioners of Customs & Excise

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr (Berichterstatter), A. Borg Barthet und U. Lõhmus,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Abbey National plc, vertreten durch J. Woolf, Barrister, und J.-C. Bouchard, avocat, beauftragt durch R. Croker, Solicitor,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch K. Manji, E. O’Neill und S. Nwaokolo als Bevollmächtigte im Beistand von R. Hill, Barrister,

‐ der luxemburgischen Regierung, vertreten durch S. Schreiner als Bevollmächtigten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. September 2005

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten der Abbey National plc (im Folgenden: Abbey National) und des Inscape Investment Fund gegen die Commissioners of Customs & Excise (im Folgenden: Commissioners), bei denen es um die Besteuerung in einem Fall von Leistungen der Verwahrstellen einer Reihe zugelassener Investmentfonds in Form eines „Trust“ („authorised unit trusts“) und einer offenen Investmentgesellschaft („Open-ended investment company“, im Folgenden: OEIC) und im anderen Fall von administrativen und buchhalterischen Leistungen geht, die eine dritte Gesellschaft nach Auslagerung durch die Verwaltungsgesellschaft einer OEIC erbringt.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

Artikel 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten Richtlinie lautet:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

d) die folgenden Umsätze:

1. die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber,

2. die Vermittlung und die Übernahme von Verbind...

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