Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialpolitik. Richtlinie 92/85/EWG. Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz. Art. 5 Abs. 3 und Art. 11 Nrn. 1 bis 3. Unmittelbare Wirkung. Schwangere Arbeitnehmerin, die während ihrer Schwangerschaft beurlaubt ist. Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub. Anspruch auf Zahlung einer Journaldienstzulage

 

Beteiligte

Gassmayr

Susanne Gassmayr

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung

 

Tenor

1. Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) entfaltet unmittelbare Wirkung und begründet für den Einzelnen Rechte, die dieser gegenüber dem Mitgliedstaat, der diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, geltend machen kann und zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind.

2. Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer aufgrund der Schwangerschaft vorübergehend beurlaubten Arbeitnehmerin auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn ihrer Schwangerschaft unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

3. Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn dieses Urlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 28. März 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Mai 2008, in dem Verfahren

Susanne Gassmayr

gegen

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Winkler als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. September 2009

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Gassmayr und der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung (im Folgenden: Bundesministerin) wegen deren Weigerung, Frau Gassmayr während der Dauer des für diese geltenden schwanger- und dann mutterschaftsbedingten Urlaubs bzw. Beschäftigungsverbots weiter Journaldienstzulage zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 9, 16 und 18 der Richtlinie 92/85 lauten:

„Der Schutz der Sicherheit und der Gesundheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen darf Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht benachteiligen; er darf ferner nicht die Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen beeinträchtigen.

Die arbeitsorganisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerinnen, der Wöchnerinnen oder der stillenden Arbeitnehmerinnen hätten keine praktische Wirksamkeit, wenn nicht gleichzeitig die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte, einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene Sozialleistung, gewährleistet wären.

Der Begriff der angemessenen Sozialleistung beim Mutterschaftsurlaub ist als ein technischer Bezugspunkt zur Festlegung des Mindestschutzstandards anzusehen; er darf keinesfalls als eine Gleichstellung von Schwangerschaft und Krankheit ausgelegt werden.”

Rz. 4

Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

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