3.1 Festsetzung der Pfändungsgrenzen durch das Vollstreckungsgericht

3.1.1 Keine Geltung der Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO

Aus sozialschutzrechtlichen Erwägungen privilegiert der Gesetzgeber den in besonderem Maße schutzbedürftigen Unterhaltsgläubiger, der vom Schuldner wirtschaftlich abhängig ist. Unterhaltsgläubigern ist daher ein weitergehender Vollstreckungszugriff auf das Arbeitseinkommen ermöglicht. Andererseits ist auch die durch dieses Privileg drohende Unterhaltsnot des Schuldners und der ebenfalls von ihm abhängigen weiteren Unterhaltsberechtigten angemessen zu berücksichtigen. § 850d ZPO stellt den sozialstaatlich gebotenen Interessensausgleich her. Danach gelten die Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO nicht, das Pfändungsschutzinteresse des Schuldners tritt zunächst zurück. Dem Schuldner werden allerdings auch in diesem Fall von seinem Einkommen die für seinen notwendigen Unterhalt und eventuell bestehender weiterer gesetzlicher Unterhaltspflichten erforderlichen Mittel belassen.

Anders als bei der Pfändung durch einen gewöhnlichen Gläubiger wird bei einer Einkommenspfändung wegen eines Unterhaltsanspruchs der Betrag, der dem Schuldner pfandfrei zu belassen ist, vom Vollstreckungsgericht nach den Umständen des Einzelfalls festgelegt. Den dem Schuldner zu belassenden "notwendigen Unterhalt" bemisst der Bundesgerichtshof[1] nach dem sozialhilferechtlichen Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt nach Kapitel 3 und 11 SGB XII. Vorrangige laufende gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten sind nur zu berücksichtigen, wenn der Schuldner diese auch tatsächlich bedient.[2]

3.1.2 Pfändungsprivileg auch für Unterhaltsrückstände aus der Vergangenheit

Die Pfändung erstreckt sich neben den laufenden Unterhaltsansprüchen auch auf rückständige Ansprüche aus der Vergangenheit. Nur für Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gilt das Pfändungsprivileg des § 850d ZPO nicht, wenn nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.[1] Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er sich seiner Zahlungspflicht nicht absichtlich entzogen hat, trifft den Schuldner.[2]

3.1.3 Verbindliche Festsetzung des unpfändbaren Einkommens durch das Gericht

Der nach § 850d ZPO unpfändbare Einkommensteil wird vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss betragsmäßig oder in sonstiger Form bestimmbar ausgewiesen (keine Blankettpfändung). An diese Festsetzung hat sich der Arbeitgeber zu halten, bis ihm ein abändernder Beschluss des Vollstreckungsgerichts zugestellt wird.[1] Das Gericht spricht in diesem Falle somit keine Blankettpfändung aus. Gegen den Beschluss steht dem Arbeitgeber als Drittschuldner der Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 766 ZPO zu. Das gepfändete Schuldnereinkommen über der Pfändungsgrenze, die das Vollstreckungsgericht bestimmt hat, berechnet sich nach dem Nettoeinkommen.[2] Es ist vom Arbeitgeber ohne dahingehende besondere Anordnung im Pfändungsbeschluss festzustellen. Für die in § 850a Nrn. 1, 2, 4 ZPO bezeichneten Bezüge[3] ist dabei zu berücksichtigen, dass dem Schuldner in diesem Fall nur die Hälfte unpfändbar verbleibt.[4] Diese unpfändbare Hälfte der Sonderbezüge verbleibt dem Schuldner neben dem zur Bestreitung seines Unterhalts unpfändbar zu belassenden Betrag, wird also auf diesen nicht angerechnet. Steuern und Soziallasten sind auch bei Pfändung durch einen bevorrechtigten Gläubiger vom pfändbaren Einkommensteil in Abzug zu bringen[5]; die vorbehandelten Beträge (festgelegte Pfändungsfreigrenze, bestimmter Teil von Sonderbezügen) müssen dem Arbeitnehmer also netto verbleiben.

3.1.4 Grenze des unpfändbaren Einkommens

Eine oberste Grenze des dem Schuldner unpfändbar zu belassenden Einkommensbetrags legt § 850d Abs. 1 Satz 3 ZPO fest. Der dem Schuldner verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf hiernach den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c ZPO gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte.[1] Dieser Höchstbetrag wird im Pfändungsbeschluss nicht ziffernmäßig bezeichnet; er wird durch Hinweis auf § 850c ZPO und Bezugnahme auf die Lohnpfändungstabelle[2] bestimmt (Blankettbestimmung); vom Arbeitgeber ist er nach dem in Abschn. 2.1 Gesagten zu berechnen.

Im Einzelfall kann auch im Pfändungsbeschluss auf Gläubigerantrag die Pfändung auf einen Höchstbetrag begrenzt sein (z. B.: "höchstens 150 EUR monatlich"). Diese Höchstgrenze ist vom Drittschuldner zu beachten.

Unter besonderen Umständen kann auch dem Unterhaltsschuldner im Einzelfall ein weitergehender Pfändungsschutz nach § 850f Abs. 1 ZPO gewährt werden.[3] Dies gilt auch für den Umfang der Pfändbarkeit der vorstehend behandelten Sonderbezüge. Dazu ist ein beson...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge