Für Annahmeverzug im ungekündigten Arbeitsverhältnis hält die Rechtsprechung an der Konstruktion des Bürgerlichen Gesetzbuchs fest, dass grundsätzlich nur ein tatsächliches Angebot den Arbeitgeber in Annahmeverzug setzen kann.[1] Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung demzufolge zur rechten Zeit, am rechten Ort, in der rechten Art und Weise und als Leistung seiner Person anbieten.[2] Der Arbeitnehmer muss also zur Arbeit erscheinen, wie vertraglich vereinbart und wie es der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts in zulässiger Weise angeordnet hat. Dies gilt auch im gekündigten Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist, wenn nicht besondere Umstände ein tatsächliches oder sogar jedes Leistungsangebot unzumutbar werden lassen, denn vor Ablauf der Kündigungsfrist bestehen auch im gekündigten Arbeitsverhältnis die gegenseitigen Pflichten weiter. Der Arbeitnehmer hat also auch seine Arbeitsleistung tatsächlich anzubieten und zu erbringen. Die ordentliche fristgerechte Kündigung allein ist noch keine Erklärung des Arbeitgebers, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr annehmen zu wollen. Auch ein Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren bedeutet nicht die Ablehnung der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Erklärt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, die Arbeit auch vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr annehmen zu wollen, oder verweist er ihn z. B. im Rahmen einer sich erhitzenden Debatte über die Kündigung zunächst vom Betriebsgelände, so muss der Arbeitnehmer für die Folgezeit seine Arbeitsleistung grundsätzlich zumindest wörtlich anbieten. Ausnahmsweise hält die Rechtsprechung in Abwandlung des § 295 Satz 1 BGB sowohl ein tatsächliches als auch ein wörtliches Angebot für entbehrlich, wenn dieses für den Arbeitnehmer unzumutbar wäre.[3] Die Unzumutbarkeit kann sich aus den Begleitumständen der Kündigung oder aus einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Beschäftigung ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Fehlendes Angebot

  • Arbeitnehmer kann wegen Verkehrsstörungen oder Witterungsbedingungen (Eis, Schnee) nicht zur Arbeit erscheinen; das gilt regelmäßig auch dann, wenn der Arbeitgeber das Verkehrsmittel (Werksbus) zur Verfügung stellt[4]
  • Arbeitnehmer erscheint verspätet zur Arbeit und Arbeitsleistung hat infolgedessen für den Arbeitgeber keinen Nutzen mehr, etwa Arbeit mit einem extra deswegen angereisten Kunden
  • Zugangsverhinderung durch streikende Arbeitnehmer oder Streikposten während eines Arbeitskampfs

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