Das Gesetz verbietet aber nicht jede unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten, sondern erlaubt ausnahmsweise auch Benachteiligungen wegen eines der an sich verbotenen Unterscheidungsmerkmale.

Nach § 5 AGG ist die Förderung von benachteiligten Gruppen, z. B. Menschen mit Behinderungen bei der Einstellung, zulässig, wenn bestehende Nachteile ausgeglichen werden sollen. Es ist also auch weiterhin zulässig, bei einer Stellenausschreibung aus diesem Grund die Bevorzugung bestimmter Bewerber anzukündigen.

Für die Praxis wichtiger ist die erlaubte Benachteiligung aufgrund konkreter beruflicher Anforderungen nach § 8 Abs. 1 AGG. Die Vorschrift ist sehr abstrakt formuliert. In der Praxis kann nach folgendem Prüfungsschema vorgegangen werden[1]:

  • 1. Stufe: Merkmal nach § 1 bzw. Nichtvorliegen ist wesentliche und entscheidende Anforderung

    • Ausreichend: Tätigkeit kann wegen des Merkmals nur schlechter bzw. nicht ordnungsgemäß erbracht werden.
    • Beziehung des Arbeitnehmers zu Dritten (Kunden) ist einzubeziehen – Rechte Betroffener sind zu berücksichtigen. Diese Erwartungen müssen nachvollziehbar empirisch belegt werden können.
    • Nicht erforderlich, dass die Aufgaben überwiegend anfallen.
  • 2. Stufe: Angemessenheit der Anforderung, d. h. Verhältnismäßigkeitsprüfung – Abwägung zwischen unternehmerischen Zielen und Nachteil für den Beschäftigten.

Die Benachteiligung einer schwangeren Frau ist nie zu rechtfertigen und immer unzulässig.

Grundsätzlich kann auch eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts und dadurch bewirkte Diskriminierung nicht sachlich gerechtfertigt werden. Geht es allerdings um den Zugang zur Beschäftigung, kann nach § 8 Abs. 1 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – auch des Geschlechts – zulässig sein. Dies setzt nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 1 AGG voraus, dass dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dabei kann nicht der Grund i. S. v. § 1 AGG, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen. Diese "wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" bezieht sich auf eine Anforderung, die von der Art der betreffenden beruflichen Tätigkeit oder den Bedingungen ihrer Ausübung objektiv vorgegeben ist. Subjektive Erwägungen reichen nicht aus. Es muss ein direkter, objektiv durch entsprechende Analysen belegter und überprüfbarer Zusammenhang zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit bestehen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Arbeitgeber.[2]

Zur Benachteiligung wegen der Religion, insbesondere nach § 9 Abs. 2 AGG der Kirchenzugehörigkeit als Voraussetzung für eine Tätigkeit siehe die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2018.[3]

Bezüglich des Verbots des Tragens eines religiösen Kopftuchs hat der EuGH entschieden, dass eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung differenziert zu betrachten ist. Wenn das Tragen jedes sichtbaren Zeichens politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen am Arbeitsplatz verboten ist, und damit eine entsprechende Neutralität gegenüber seinen Kunden oder Nutzern verfolgt wird, kann ein solches Verbot gerechtfertigt sein. Weitere Voraussetzung ist aber, dass das einem wirklichen Bedürfnis des Arbeitgebers entspricht, weil dem Arbeitgeber ansonsten Nachteile entstehen können. Zudem muss die Ungleichbehandlung geeignet sein, die ordnungsgemäße Anwendung des Neutralitätsgebots zu gewährleisten. Das setzt voraus, dass diese Politik konsequent und systematisch befolgt wird und das Verbot auf das beschränkt ist, was im Hinblick auf den tatsächlichen Umfang und die tatsächliche Schwere der nachteiligen Konsequenzen, denen der Arbeitgeber durch ein solches Verbot zu entgehen sucht, unbedingt erforderlich ist.[4]

Bezüglich des Merkmals des "Alters" gibt es in § 10 AGG nochmals besondere Ausnahmeregelungen für erlaubte Benachteiligungen, die allerdings auch immer unter dem Vorbehalt stehen, dass sie im Einzelfall angemessen und sachlich gerechtfertigt sind. § 10 Nr. 1 bis 4 AGG entspricht dabei den zugrunde liegenden EU-Richtlinien. Sie erlauben im Einzelfall die Festlegung von Mindest- und Höchstaltersgrenzen für bestimmte Tätigkeiten. Höchstaltersgrenzen sind nach § 10 Nr. 3 AGG aber nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.[5] Sie werden akzeptiert für den Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung.[6] Altersgrenzen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in Tarifverträgen[7] sind zulässig, weil die damit verbundene unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters durch Gründe der Beschäftigungsverteilung oder aus Gründ...

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