Als wesentliche Arbeitsbedingung stellt sich für den Arbeitnehmer der Sitz des Betriebs oder der Ort der Arbeitsstätte im Sinne einer politischen Gemeinde dar, an dem er seine arbeitsvertraglichen Leistungen zu erfüllen hat. Aber auch die Zuordnung zu einer organisatorischen Einheit kann hierunter fallen.

Wo der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat, ergibt sich meist aus dem Arbeitsvertrag, der ggf. auszulegen ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Versetzungsvorbehalt im Arbeitsvertrag

Eine Arbeitnehmerin schloss mit der Rechtsvorgängerin ihrer jetzigen Arbeitgeberin 1999 einen Arbeitsvertrag, in dem die Anschrift der Arbeitgeberin in der Stadt E aufgeführt war.

Weiter heißt es im Vertrag:

I. Besondere Vereinbarungen

3. Derzeitiger Dienstsitz: s. o.

II. Allgemeine Vereinbarungen

1. Beschäftigungsort, Versetzungsvorbehalt

1.1. Tätigkeit Ort sind die jeweiligen Geschäftsräume (der Arbeitgeberin).

1.2. (Die Arbeitgeberin) behält sich vor, dem Mitarbeiter bei unveränderten Bezügen im Rahmen des Unternehmens auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, eventuell auch nur vertretungsweise, an einem anderen Arbeitsplatz zu übertragen.

Die jetzige Arbeitgeberin entschloss sich, die Betriebsstätte in der Stadt E zu schließen und teilte der Arbeitnehmerin mit, diese werde in die Stadt A versetzt. Gleichzeitig erklärte sie "höchst vorsorglich" eine Änderungskündigung. Die Versetzung hielt sie später nicht mehr aufrecht, sondern berief sich nur noch auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung, die die Arbeitnehmerin nicht angenommen hatte.

Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Änderungskündigung berief sich die Arbeitgeberin darauf, arbeitsvertraglich sei der Arbeitsort auf den Standort in der Stadt E festgelegt worden, weshalb ihr die Versetzung der Arbeitnehmerin durch Direktionsrecht nicht möglich gewesen sei.

Das BAG entschied, die Änderungskündigung sei unwirksam, weil die Arbeitgeberin den Ort der Arbeitsleistung in der Stadt A der Klägerin durch Direktionsrecht habe zuweisen können. Es legte den Arbeitsvertrag aus und führte aus, dass in I.3. des Arbeitsvertrags ausdrücklich nur vom "derzeitigen" Dienstsitz gesprochen worden sei, was bereits zeige, dass sich der Arbeitgeber ausdrücklich die Möglichkeit einer anderweitigen Festlegung des Dienstsitzes vorbehalten habe. Aus der Formulierung in II.1.1 folge nichts anderes, weil dort lediglich auf die "jeweiligen" Geschäftsräume Bezug genommen werde. Auch II.1.2 führe zu keinem anderen Ergebnis. Dort sei der Arbeitsort nicht erwähnt.

Bei einer entsprechenden Versetzungsklausel kann das Direktionsrecht auch zu einer Versetzung ins Ausland führen, wenn die möglichen Arbeitsorte nicht durch den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften auf das Inland beschränkt sind.[2]

Es ist auch möglich, eine Versetzungsklausel in einen anderen Betrieb des Unternehmens zu vereinbaren. Auch einer vorübergehenden Entsendung in ein anderes Unternehmen des Konzerns und damit zu einem anderen Arbeitgeber wird als zulässig betrachtet. Anders sieht es bei einer Konzernversetzungsklausel auf Dauer aus, weil hier der Arbeitnehmer das damit verbundene Risiko nicht mehr beherrschen kann. Hier wird man diesem ein Widerspruchsrecht einräumen müssen, wie es auch § 613a Abs. 6 BGB beim Betriebsübergang vorsieht.[3]

Wird ein Arbeitnehmer angestellt, um in der Zentrale eines Unternehmens zu arbeiten und wird diese Vereinbarung im Arbeitsvertrag festgehalten, überschreitet der Arbeitgeber seine Direktionsbefugnis, wenn er den Arbeitnehmer in eine Filiale des Unternehmens versetzt. Die Einschränkung der Weisungsbefugnis ergibt sich in einem solchen Fall unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag. Gleiches gilt für alle Regelungen des Individualarbeitsvertrags, mit denen eine bestimmte Arbeitsstätte vereinbart wurde.

Fehlt eine Vereinbarung über einen Arbeitsort, gilt:

  • Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des BAG überall, ohne geografische Beschränkung auf eine bestimmte politische Gemeinde und unabhängig vom Beruf im Betrieb eingesetzt werden.[4] Allerdings wird in der Literatur unter Anknüpfung an § 269 Abs. 1 BGB die Auffassung vertreten, das Direktionsrecht beschränke sich auf den Betrieb, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit beginne.[5] Dieser kann jedoch zumindest auch aus mehreren Filialen bestehen. Dann kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer von einem Betriebsteil in einen anderen versetzen.[6] Andere[7] lehnen diese Auffassung ab.
  • Geht es um die Frage, ob der Arbeitnehmer auch in einer anderen Ortschaft tätig werden muss, ist bei Fehlen einer arbeitsvertraglichen Regelung zu prüfen, ob sich aus der Natur des Schuldverhältnisses Hinweise bezüglich des Ortes ergeben.
  • Ist auch dies nicht der Fall, wird die Auffassung vertreten, dass der Betriebssitz als vertraglich festgelegt gilt (§ 269 Abs. 1 BGB). Ohne Versetzungsvorbehalt kommt dann eine einseitige Änderung nicht in Betracht.[8]
 
Praxis-Tipp

Versetzungs...

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