1.6.1 Aufgabe des Anscheinsbeweises

Bei Anwendung der 1-%-Methode besteht der geldwerte Vorteil bereits in der konkreten Möglichkeit, den Dienstwagen zu Privatfahrten nutzen zu dürfen. Die frühere Rechtsauffassung, nach der bei erlaubter Privatnutzung des Dienstwagens die entsprechende Nutzung nur vermutet wurde (Anscheinsbeweis für eine private Nutzung), wurde aufgegeben.[1] Die Widerlegungsmöglichkeit der erlaubten privaten Nutzung ist kein entscheidendes Kriterium mehr für den Nichtansatz eines geldwerten Vorteils. Für die Dienstwagenbesteuerung kommt es allein

  • auf die Erlaubnis durch den Arbeitgeber an, das Firmenfahrzeug auch privat nutzen zu dürfen sowie darauf,
  • dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Verfügungsmacht über das Fahrzeug verschafft.

Der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung umfasst die Übernahme sämtlicher damit verbundenen Kosten, also sowohl den nutzungsabhängigen wie die unabhängigen Fahrzeugaufwendungen. Auch ohne den Einsatz zu Privatfahrten erspart sich der Arbeitnehmer zumindest die Fixkosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Fahrzeugs verausgaben müsste.

Kein geldwerter Vorteil bei unbefugter Privatnutzung

Der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Da der Arbeitgeber im Falle eines Nutzungsverbots den Dienstwagen nicht für die private Nutzung überlassen will, wendet er dem Arbeitnehmer auch keinen geldwerten Vorteil zu. Die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs hat dagegen keinen Lohncharakter. Ein Vorteil, den sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers selbst zuteilt, wird nicht "für" eine Beschäftigung gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn.

Voraussetzung für den Nichtansatz eines geldwerten Vorteils ist, dass das Nutzungsverbot durch entsprechende arbeitsvertragliche oder dienstrechtliche Unterlagen nachgewiesen wird. Die Vereinbarungen sind als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.[2] Hier stellt sich allerdings die Frage des arbeitsrechtlichen Schadensersatzes bzw. im Falle des Regressverzichts nach dessen lohnsteuerlichen Folgewirkungen.

Frühere Behandlung von Nutzungsverboten

Nach früherer Verwaltungsauffassung konnte trotz eines vom Arbeitgeber ausgesprochenen privaten Nutzungsverbots nur dann vom Ansatz eines geldwerten Vorteils für den überlassenen Dienstwagen abgesehen werden, wenn der Arbeitgeber das Verbot der privaten Nutzung überwacht hat oder wenn wegen der besonderen Umstände des Falles die verbotene Nutzung so gut wie ausgeschlossen war, z. B. wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug nach seiner Arbeitszeit und am Wochenende auf dem Betriebsgelände abstellte und den Schlüssel abgab. Nach dem Wortlaut der Lohnsteuer-Richtlinien werden Nutzungsverbote nur im Zusammenhang mit seitens der Firma vorgenommenen Kontrollmaßnahmen anerkannt.[3] Die Einhaltung des Nutzungsverbots ist durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen, die zum Lohnkonto zu nehmen sind.

Eine Sonderstellung nahmen schon bisher Firmenfahrzeuge des betrieblichen Fuhrparks ein, die nicht einem bestimmten Arbeitnehmer konkret zugeordnet werden können.[4] Bei dieser Konstellation genügt nach Verwaltungsauffassung ein schriftliches Verbot, um auf den Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Privatnutzung zu verzichten. Mit Blick auf die Rechtsprechung darf sich das Finanzamt nicht allein aufgrund der Bereitstellung eines Fahrzeugs aus dem arbeitgebereigenen Fuhrpark zu betrieblichen Zwecken auf den Anscheinsbeweis berufen und auch von einer Privatnutzung ausgehen. Voraussetzung für die Anwendung der 1-%-Regelung ist hier, dass eine private Nutzung tatsächlich auch feststeht.

 
Hinweis

Aufgabe des Anscheinsbeweises bei Nutzungsverboten

Mit den Entscheidungen vom 21.3.2013[5] hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt. In den Urteilsfällen hatte der Arbeitgeber nach den Anstellungsverträgen die private Nutzung des Dienstwagens nicht erlaubt bzw. diese ausdrücklich verboten. Im Gegensatz zum Finanzamt, das den Anscheinsbeweis für eine private Nutzung als gegeben sah, kommt der BFH zu der Auffassung, dass die alleinige Überlassung eines Dienstwagens für die berufliche Nutzung keinen derartigen Anscheinsbeweis auslöst. Dies gilt selbst dann, wenn seitens der Firma das arbeitsrechtlich vereinbarte Nutzungsverbot nicht überwacht wird. Es gibt keinen Erfahrungsgrundsatz, nach dem sich Arbeitnehmer über ein arbeitsrechtliches Verbot hinwegsetzen, bzw. dass solche Verbote nur zum Schein ausgesprochen werden.

Zuflusszeitpunkt unabhängig von tatsächlicher Nutzung für Privatfahrten

Wenn die Privatnutzung arbeitsrechtlich oder durch konkludentes Handeln zugelassen ist, fließt der Sachbezug "Dienstwagen" dem Arbeitnehmer bereits mit der unentgeltlichen bzw. verbilligten Überlassung des Fahrzeugs zu und nicht erst mit der tatsächlichen Nutzung zu privaten Fahrten. Da nach der Rechtsprechungsänderung die Anwendung der 1-%-Methode unabhängig von tatsächlichen Privatfahrten ist, kommt auch dem Beweis des...

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