Nicht zu vernachlässigen ist der Umstand, dass § 5 GeschGehG in seinen Nr. 1–3 nur besondere Fälle regelt, in denen ein berechtigtes Interesse vorliegt. Der Tatbestandsausschluss kann aber seiner Formulierung nach auch in anderen – nicht ausdrücklich genannten – Fällen greifen, in denen ein berechtigtes Interesse vorliegt. Im Ergebnis ist daher schon auf der Tatbestandsebene zu untersuchen, ob ein solches anderweitiges berechtigtes Interesse vorliegt.[1] Der Begriff "berechtigtes Interesse" wird im Regierungsentwurf folgendermaßen konkretisiert:

"Berechtigtes Interesse kann jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse sein. Es umfasst auch Interessen wirtschaftlicher oder ideeller Art, wenn diese von der Rechtsordnung gebilligt werden. In Betracht kommen sowohl eigene Interessen wie die Durchsetzung von Ansprüchen oder Abwehr von Beeinträchtigungen wie auch die Verfolgung legitimer Gruppeninteressen, zum Beispiel wenn die Arbeitnehmervertretung über einen bevorstehenden Personalabbau unterrichtet."[2]

Die Bundesregierung geht in ihrem Entwurf also von einem weiten Verständnis des Begriffs "berechtigtes Interesse" aus. Hierdurch wird in der Praxis der Weg eröffnet, auch außerhalb klar normierter Ausnahmetatbestände erlaubterweise Geschäftsgeheimnisse offenzulegen. Als Einschränkung ist aber zu beachten, dass allein Individualinteressen des Hinweisgebers nicht ausreichen, um ein berechtigtes Interesse zu begründen.[3]

[1] Vgl. auch Dann/Markgraf, NJW 2019, 1778.
[2] BT-Drucks. 19/4727 S. 28.
[3] S. zutreffend OLG Schleswig, Urteil v. 28.4.2022, 6 U 39/21, GRUR-RS 2022, 9007.

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