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Das Arbeitsrecht ist für eine Compliance-Organisation von großer Bedeutung, da es zum einen aufgrund seiner zahlreichen Regelungen, die in Unternehmen eingehalten werden müssen, einen wichtigen Aspekt von Compliance darstellt. Zum anderen dient es aber auch als rechtliches Werkzeug zur Implementierung von Compliance-Regeln im Unternehmen, zur Überwachung sowie zur Aufklärung und Sanktionierung von Compliance-Verstößen. Wichtigster Bestandteil der Compliance-Struktur sind die eigentlichen Compliance-Regeln, die wiederum arbeitsrechtlich implementiert werden müssen. In der Praxis geschieht das oftmals u. a. durch den Erlass eines Verhaltenskodex bzw. "Code of Conduct" sowie von speziellen Verhaltensrichtlinien für bestimmte Themenbereiche, wie z. B. "Geschenke und Einladungen" (Gifts and Entertainment) oder Arbeitsanweisungen, gerade auch in regulierten Wirtschaftsbereichen oder solchen mit hohem Verbraucherschutzniveau. Schließlich müssen die geschaffenen Compliance-Strukturen innerhalb des Unternehmens und der Belegschaft kommuniziert und die getroffenen Maßnahmen dokumentiert werden, um die gewünschte Haftungsbegrenzung tatsächlich zu gewährleisten.

Im Folgenden soll ein Überblick über die arbeitsrechtliche Implementierung von Compliance-Regeln im Unternehmen[1], die Überwachung dieser Regeln und Feststellung von Verstößen gegen die Compliance-Regelungen[2], arbeitsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen Compliance-Regeln[3] und die Bedeutung und Funktion eines sog. "Compliance-Officers"[4] gegeben werden.

[1] Vgl. dazu unten Abschn. 1.1.
[2] Vgl. dazu unten Abschn. 2.
[3] Vgl. dazu unten Abschn. 3.
[4] Vgl. dazu unten Abschn. 4.

1.1 Die arbeitsrechtliche Implementierung von Compliance-Regelungen im Unternehmen

Compliance-Regelungen verhindern Gesetzesverstöße nur dann, wenn sie für alle Arbeitnehmer verbindlich sind. Nur bindende Compliance-Regeln können arbeitsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen rechtfertigen.

Um verbindliche Regelungen zu schaffen, stehen dem Arbeitgeber bei der Einführung von Compliance-Regeln im Wesentlichen 3 verschiedene Instrumentarien des Individual- und Kollektivarbeitsrechts zur Verfügung.

Er kann sich erstens seines Direktionsrechts nach § 106 GewO bedienen und den Arbeitnehmern konkrete Weisungen erteilen. Zweitens kann der Arbeitgeber Compliance-Regeln in die Arbeitsverträge aufnehmen und drittens besteht die Möglichkeit, mit dem Betriebsrat – sofern vorhanden – Betriebsvereinbarungen zu schließen.[1] Die arbeitsrechtliche Implementierung durch Tarifverträge ist bis jetzt noch nicht praxisrelevant.[2] Die Entscheidung zwischen den verschiedenen Instrumenten muss der Arbeitgeber einzelfallbezogen treffen. Jedes Instrument hat Vor- und Nachteile. Individuelle Vertragsgestaltungen z. B. erlauben eine differenziertere Handhabung, sind aber nicht ohne Weiteres abänderbar. Betriebsvereinbarungen vereinfachen die Einführung und Abänderbarkeit, sind jedoch kaum individualisierbar. Ferner unterliegt jedes Instrument unterschiedlichen Wirksamkeitsanforderungen. Arbeitsvertragliche Regelungen z. B. müssen sich regelmäßig am strengen Maßstab der gesetzlichen Regelungen zur AGB-Kontrolle[3] messen lassen.[4] Betriebsvereinbarungen hingegen unterliegen weniger strengen Schranken, haben jedoch eine wirksame Einigung der Betriebsparteien zur Voraussetzung.[5]

Zur nachhaltigen Implementierung einer Compliance-Organisation sind regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter unerlässlich. Bei der Einführung empfiehlt es sich, die Mitarbeiter in persönlichen Schulungen zu unterweisen und nicht lediglich durch E-Learning-Programme oder Mails. Die Mitarbeiter haben die Gelegenheit, Nachfragen zu stellen, so ist erfahrungsgemäß die Akzeptanz der Regelungen höher. Laufende Nachschulungen sind sinnvoll, um den Wissensstand der Mitarbeiter zu erhalten und zu vertiefen.[6] Im AGG gibt es sogar spezielle Schulungsvorgaben: Der Arbeitgeber ist nach § 12 Abs. 1 AGG verpflichtet, vorbeugend Diskriminierungen zu verhindern. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AGG gilt die Durchführung einer (geeigneten und effektiven) Schulung als Erfüllung dieser Pflicht.

[1] Vgl. § 77 BetrVG,

vgl. Mengel, Compliance und Arbeitsrecht, 2009, S. 11; Mengel/Hagemeister, BB 2007, S. 1386, 1387 ff.

[2] Borgmann, NZA 2003, S. 352, 353 f.
[4] Vgl. ErfK-Preis, 21. Aufl. 2021, § 611 BGB, Rz. 3; Schreiber, NZA-RR 2010, S. 617, 623.
[5] §§ 75 ff. BetrVG,

vgl. HWK-Gaul, 9. Aufl. 2020, § 77 BetrVG, Rz. 10.

[6] Vgl. nur Klahold/Lochen in Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, S. 1205 f; Moosmayer, Compliance, 3. Aufl. 2015, D Rz. 175 ff.

1.1.1 Ausübung des Direktionsrechts

Das erste wichtige Instrument zur Implementierung von Compliance-Regeln ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzlicher Vorschriften festgelegt sind. Das Direktionsrecht erstreckt sich außerdem gemäß § 1...

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