Zusammenfassung

 
Überblick

Der Wandel gewinnt an Komplexität. Waren Veränderungsprojekte noch Mitte des vorigen Jahrhunderts zeitlich begrenzte Eingriffe in die kontinuierliche Unternehmensentwicklung, standen sie spätestens in den 90er Jahren bereits auf dem Dauerspielplan der Unternehmen. Seither haben die Dynamik der technologischen Entwicklung und die Herausforderungen globalisierter Märkte noch weiter an Tempo gewonnen. Die zunehmende Digitalisierung fast aller Lebensbereiche erscheint zunächst wie eine Erweiterung der technologischen Möglichkeiten, entpuppt sich bei näherem Hinsehen jedoch als tiefgreifender Paradigmenwechsel, der Unternehmen in ihren Grundlagen erschüttern kann. Experten gingen bisher davon aus, dass in einigen Wirtschaftsbereichen nur 25 % der heutigen Unternehmen die nächsten 10-20 Jahre überstehen werden. Die Corona-Pandemie hat die Situation verschärft - Stichwort Insolvenzverschleppung - und: 44 % der Firmen wären ohne staatliche Hilfe pleite[1].Sicher sind Unternehmen unterschiedlich von den Auswirkungen der Digitalisierung betroffen. Einer aktuellen Untersuchung zufolge verfügt aber nur knapp jedes zweite Unternehmen (42%) über eine übergeordnete Strategie für die digitale Transformation[2].

Mit der Frage nach den Auslösern für eine womöglich grundlegende Erneuerung sollten sich jedoch alle Unternehmen intensiv auseinander setzen. Vielfach stehen die Unternehmen vor einem Paradigmenwechsel, der nicht nur ihre alten Geschäftsmodelle in Frage stellt, sondern zugleich die inneren Organisierungsformen, die Verhaltensmuster und mentalen Einstellungen und Sichtweisen einem radikalen Wandel unterwirft. Da die Einwirkung der Digitalisierung einen Kulturwandel bedingt, ist besonders HR gefordert, Management, Führungskräften und Mitarbeitern Impulse zu geben, wie sie diese Auswirkungen bewältigen können. Bevor auf die spezifischen Anforderungen dieser Transformation eingegangen wird, ist zunächst zu klären, was alle Veränderungsprozesse grundsätzlich charakterisiert und was sie auslösen.

1 Grundlagen des Change Management

Nicht jede Veränderung bedarf gleich eines Change Managements. Organisationen verändern sich schon immer auf ihre ganz eigene Weise und finden dabei naturwüchsige Formen, wie sie sich in Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer spezifischen Umwelt weiterentwickeln.

Change Management bedeutet hingegen zielorientierte Eingriffe in und Unterbrechungen der normalen Abläufe und Entwicklungsprozesse. Dies führt zu einer Reihe typischer Phänomene, die Veränderungsprozesse kennzeichnen:

  • Routinen werden unterbrochen, Gewohnheiten werden gestört
  • Unsicherheit entsteht, Unruhe, Emotionen kommen auf
  • Diskussionen beginnen, Leistungen sinken
  • Es kommt zu Abwehrreaktionen, Konflikte und Widerstände entstehen
  • Der Weg ist oft nicht klar vorhersehbar: Ungewissheit herrscht, Orientierungsbedarf entsteht
  • Gewohntes muss aufgegeben, verlernt werden: dies kostet Anstrengung 
  • Der Weg verläuft nicht geradlinig, es kommt zu Rückfällen und -schritten
  • Der Erfolg ist nicht sofort sichtbar, Sehnsucht nach den ‚alten Zeiten’ kommt auf

Die besondere Dynamik dieser Veränderungssituationen stellt Führungskräfte und Mitarbeiter vor Herausforderungen, die ihr gewohntes Bewältigungsrepertoire oft überfordern.

Wissen über wesentliche Merkmale von Veränderungsprozessen kann dazu beitragen, die Sensibilität der Beteiligten gegenüber dem Prozessgeschehen zu erhöhen. Konzepte und Methoden der Veränderungsarbeit helfen, Vorgehensweisen zu planen und zu strukturieren, Prozesse zu gestalten und zu steuern sowie die Nachhaltigkeit der Veränderungen abzusichern.

1.1 Merkmale von Veränderungsprozessen

Was sind die Merkmale, die die Gestaltung und Umsetzung von Veränderungen oft so schwierig machen?

1.1.1 Handeln in Unbestimmtheit

Auch wenn der Begriff "Change Management" anderes vermuten lässt: Organisatorische Veränderungsprozesse lassen sich nicht managen im Sinne einer kausal-linearen Beeinflussung von Personen und Geschehnissen. Sie halten sich an keinen exakten Fahrplan. Man muss handeln, obwohl sich vieles erst im Zuge des Prozesses klären wird.

Wer sich auf den Weg der Veränderung macht, muss auch Risiken eingehen. Zeiten des Wandels sind stets auch Zeiten der Unsicherheit und Ungewissheit. Überraschungen und Störungen treten auf. Man muss bereit sein, eingetretene Bahnen zu verlassen, Umwege zu gehen, vielleicht auch einen Schritt zurück, damit es wieder nach vorne geht.

Der Umgang mit offenen und komplexen Prozessen fällt vielfach schwer. Im Umgang mit Unsicherheit braucht es Toleranz für Unwägbarkeiten, Zielkonflikte und Widersprüchlichkeiten ebenso wie die Bereitschaft zur Risikoübernahme und Risikobearbeitung statt einer Politik des Sich-Absicherns.

Spürbare Konsequenzen dieser Schwierigkeiten sind dann oft

  • unzureichende Information und Kommunikation
  • Hin und Her in den Entscheidungen und Handlungsstrategien
  • Flucht vor Auseinandersetzungen
  • Geringe Risikofreude, wenig Innovation
  • Keine Überpr...

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