In Anbetracht der stetig wachsenden Umfelddynamik stellt sich für Unternehmen die Frage, wie sie die optimalen Rahmenbedingungen für eine schnelle Anpassung an neue Chancen bzw. Herausforderungen ihres Umfelds schaffen können. Appelle an die Belegschaft, agiler zu handeln, flexibler zu arbeiten oder innovativer zu denken, sind nicht ausreichend. Menschen handeln entsprechend des Systems, dem sie angehören. Unternehmen müssen am Kontext ansetzen und die Bedingungen für Veränderungsfähigkeit schaffen.

Unternehmen sollten sich zunächst mit ihrem vorherrschenden Menschenbild und dem Mindset auseinandersetzen (Kapitel 3.1). Dabei ist ein differenzierter Blick wichtig. Für unterschiedliche Funktionen sind in der Regel jeweils andere Mindsets sinnvoll. Besteht Klarheit über das Mindset, können anschließend Kontextfaktoren gezielt gestaltet werden. Die Kapitel 3.2. bis 3.4. gehen auf wesentliche Kontextfaktoren ein.

3.1 Leistungsart und Mindset, Bild der Organisation

Je nach der Aufgabenstellung sind unterschiedliche Arten der Leistungsfähigkeit und Denkweisen erforderlich. Die sogenannte taktische Leistungsfähigkeit ist entscheidend für die erfolgreiche Erreichung eines Ziels nach einem definierten Plan mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die adaptive Leistungsfähigkeit zeigt sich beim Hinterfragen bestehender Ziele bzw. Pläne und bei der Entdeckung neuer Möglichkeiten und Wege. In der Produktion und Logistik ist die taktische Leistungsfähigkeit besonders wichtig. In Forschung und Entwicklung ist die adaptive Leistungsfähigkeit erfolgsentscheidend.

Für jedes Unternehmen sind beide Leistungsarten wichtig. Angesichts der gestiegenen Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit der Organisation sollten Unternehmen allerdings kritisch hinterfragen, ob ihre aktuelle Gewichtung der taktischen und adaptiven Leistungsfähigkeit angemessen ist.

Zu welchem Zeitanteil beschäftigt sich die Unternehmensführung beispielsweise mit folgenden oder ähnlichen Fragestellungen zur taktischen Leistungsfähigkeit:

  • Wie hoch sind die Fehlerkosten in der Produktion?
  • Wie hoch sind die Plan-Ist-Abweichungen von EBIT und Umsatz?
  • Wie stark wurden Budgets ausgeschöpft?
  • Wie hoch ist der Auslastungsgrad der Mitarbeiter?
  • Werden Projekte rechtzeitig abgeschlossen?

Und welchen Zeitraum nehmen Fragen zur adaptiven Leistungsfähigkeit ein:

  • Wie können wir neue Märkte entdecken?
  • Welche Technologien können uns bei der Entwicklung neuer Märkte helfen?
  • Was sind Zielgruppen, die noch nicht zu unserem Kundenkreis gehören?
  • Welche Bedürfnisse unserer Kunden befriedigen wir noch nicht?
  • Welche Chancen werden sich in einigen Jahren bieten?

Für eine stärkere Ausprägung der adaptiven Leistungsfähigkeit ist ein sogenanntes Growth Mindset förderlich.[1] Führungskräfte bzw. Mitarbeiter mit diesem Mindset…

  • betrachten neue Herausforderungen als Chance dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln,
  • fürchten sich nicht vor Fehlern,
  • lernen aus Wissbegierde,
  • haben ein dynamisches Selbstbild.

Personen mit einem sogenannten „Fixed-Mindset“…

  • sind davon überzeugt, dass hauptsächlich ihr Talent ihren Erfolg beeinflusst,
  • vermeiden Fehler, weil sie sie als Bedrohung ihres Selbstbilds und Status betrachten,
  • lernen primär, um ein bestimmtes Problem zu lösen,
  • fühlen sich vom Erfolg anderer bedroht.

Unsere Denkweise ist naturwissenschaftlich geprägt. Wir denken in Ursache-Wirkungszusammenhängen und neigen dazu, von der Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen. Dementsprechend dominiert für die meisten von uns das Bild einer Maschine als Vorstellung von Organisationen. Die Funktionsweise von Maschinen ist vorhersehbar. Über definierte Stellhebel kann die Leistung optimiert werden. Es kommt darauf an, dass der geplante Output effizient und verlässlich erzeugt wird. In einer zunehmend komplexen Welt stößt diese Vorstellung von Organisationen an Grenzen. Zukunftsfähig ist eine Organisation im komplexen Umfeld, wenn sie sich ständig an neue Gegebenheiten anpasst und aus sich selbst heraus weiterentwickelt. In der Vorstellung der Organisation als ein Organismus muss bspw. Kontrolle Freiraum weichen sowie selbständige Vernetzung und eigenständiges Lernen der Belegschaft gefördert werden (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Unterschiedliche Betrachtungsweisen von Organisationen

Strebt die Unternehmensführung eine Steigerung der Veränderungsfähigkeit ihres Unternehmens an, sollte sie zunächst Klarheit auf drei Ebenen schaffen:

  • Welches Verhältnis von taktischer und adaptiver Leistungsfähigkeit ist für unser Unternehmen als Ganzes und für die einzelnen Unternehmensfunktionen ideal?
  • Besitzen Führungskräfte und Mitarbeiter das passende Mindset für die spezifischen Veränderungsanforderungen ihrer Organisationseinheit?
  • Welches Bild der Organisation sollte uns bei der Entwicklung des Unternehmens leiten?
[1] Vgl. Dweck, C. (2017).

3.2 Strategieentwicklung, Planung, Steuerung

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