Was sind die Merkmale, die die Gestaltung und Umsetzung von Veränderungen oft so schwierig machen?

1.1.1 Handeln in Unbestimmtheit

Auch wenn der Begriff "Change Management" anderes vermuten lässt: Organisatorische Veränderungsprozesse lassen sich nicht managen im Sinne einer kausal-linearen Beeinflussung von Personen und Geschehnissen. Sie halten sich an keinen exakten Fahrplan. Man muss handeln, obwohl sich vieles erst im Zuge des Prozesses klären wird.

Wer sich auf den Weg der Veränderung macht, muss auch Risiken eingehen. Zeiten des Wandels sind stets auch Zeiten der Unsicherheit und Ungewissheit. Überraschungen und Störungen treten auf. Man muss bereit sein, eingetretene Bahnen zu verlassen, Umwege zu gehen, vielleicht auch einen Schritt zurück, damit es wieder nach vorne geht.

Der Umgang mit offenen und komplexen Prozessen fällt vielfach schwer. Im Umgang mit Unsicherheit braucht es Toleranz für Unwägbarkeiten, Zielkonflikte und Widersprüchlichkeiten ebenso wie die Bereitschaft zur Risikoübernahme und Risikobearbeitung statt einer Politik des Sich-Absicherns.

Spürbare Konsequenzen dieser Schwierigkeiten sind dann oft

  • unzureichende Information und Kommunikation
  • Hin und Her in den Entscheidungen und Handlungsstrategien
  • Flucht vor Auseinandersetzungen
  • Geringe Risikofreude, wenig Innovation
  • Keine Überprüfung der Auswirkungen der Veränderungen
  • Delegation der Verantwortung an externe Berater

Wie geht man mit Situationen um, die durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren, Rück- und Wechselwirkungen und einer sich daraus ergebenden Eigendynamik geprägt sind? Wie kann man handeln, wenn offene, teilweise sich widersprechende Ziele zu Dilemmata in den Entscheidungs- und Handlungssituationen führen? Woran kann man sich orientieren, wenn vieles intransparent und ungeklärt erscheint?

Wichtig ist, den Veränderungsprozess als offenen Prozess zu konzipieren, der Raum gibt für Erkunden, Erproben und Überprüfen als ein sich ständig wiederholender Prozess.

Schritte hierzu sind:

  1. Sammeln und Verdichten von Informationen und Sichtweisen
  2. Bildung von Zielen
  3. Entwicklung von Handlungsoptionen
  4. Entwicklung von Hypothesen und Modellbildung über die Wirkungszusammenhänge
  5. Prognosen aufstellen über den erwarteten Gang der Dinge
  6. Vorgehen konkretisieren
  7. Durchführen und Umsetzung kontrollieren
  8. Prozess reflektieren und daraus Konsequenzen ziehen (weiter mit 1.)

1.1.2 Emotionen in Veränderungsprozessen

Veränderungsprozesse verändern vertraute Gewohnheiten. Sie sind unbequem, weil man die "Komfortzone" verlassen und sich auf Neues, noch nicht Überschaubares einlassen muss. Dies macht Menschen unsicher, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Dies macht Menschen ärgerlich, weil gewohnte Wege plötzlich verbaut und gewachsene Beziehungen vielfach blockiert sind. Sie reagieren ungehalten, ablehnend und abwehrend und klammern sich an das Vertraute. Veränderungsprozesse sind deshalb immer mit Emotionen verbunden.

Dies ist auch gut so, denn Veränderungsprozesse brauchen Energie. Wenn man Menschen zu Veränderungen bewegen will, muss man auch ihre Gefühle ansprechen und wecken. Oft schrecken Führungskräfte davor zurück, weil sie befürchten, die auftretenden Emotionen nicht mehr bewältigen zu können. Aber man kann Gefühle verstehen und damit umgehen lernen.

Typische Gefühle in Veränderungssituationen sind:

Sorge, Erschrecken, Angst

Wenn etwas Neues, noch nicht Bekanntes, schlecht Überschaubares und kaum Abwägbares auf uns zukommt, dann empfinden Menschen dies zunächst als Bedrohung und reagieren mit Sorge, Erschrecken oder Angst. Die erste spontane Reaktion ist dann Flucht oder Verdrängung. Man will nicht wahrhaben, was auf einen zukommt. Man sieht nur die Risiken und nicht die Chancen.

Die Funktion dieser Gefühle ist, Aufmerksamkeit auf die potenziellen Gefahren zu richten. Das Auftreten dieser Gefühle ist somit ein Symptom, dass die Veränderungsbotschaft ernst genommen wird. Führungskräfte müssen diese Gefühle zulassen und mit den Mitarbeitern darüber reden. Sie müssen Mut machen und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.

Was ist zu tun?

  • Signalisieren, dass Sorgen und Ängste artikuliert werden können, sie besprechbar machen
  • Raum geben, in dem Bedenken und Ängste thematisiert werden können, und Zeit nehmen, sie zu bearbeiten
  • Stabilisierend intervenieren: "Haben wir schon ähnliche Situationen erlebt? Was haben wir da gemacht?"
  • Handlungsmöglichkeiten aufzeigen: "Wo können wir ansetzen?"
 
Praxis-Tipp

Umsetzungskraft durch Bewusstmachung

Am wirkungsvollsten ist es, wenn sich Führungskräfte bewusst machen, wie sie selbst auf Veränderungsanforderungen reagieren. Wer sich an seine eigenen Befürchtungen und Ängste erinnert, weiß was hilft und motiviert.

Ärger, Frustration und Aggression

Nach dem ersten Schreck folgt die Abwehr. Ärger macht sich breit, Wut wird artikuliert. Gerade diese Phase bereitet vielen Führungskräften Schwierigkeiten. Sie fühlen sich persönlich angegriffen, in ihren Zielen verkannt. Dabei sind Ärger und aggressive Impulse in dieser Situation leicht zu verstehen. Sie dienen dazu, Grenzen zu setzen und die eigene Identität zu vert...

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