Nicht jede Veränderung bedarf gleich eines Change Managements. Organisationen verändern sich schon immer auf ihre ganz eigene Weise und finden dabei naturwüchsige Formen, wie sie sich in Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer spezifischen Umwelt weiterentwickeln.

Change Management bedeutet hingegen zielorientierte Eingriffe in und Unterbrechungen der normalen Abläufe und Entwicklungsprozesse. Dies führt zu einer Reihe typischer Phänomene, die Veränderungsprozesse kennzeichnen:

  • Routinen werden unterbrochen, Gewohnheiten werden gestört
  • Unsicherheit entsteht, Unruhe, Emotionen kommen auf
  • Diskussionen beginnen, Leistungen sinken
  • Es kommt zu Abwehrreaktionen, Konflikte und Widerstände entstehen
  • Der Weg ist oft nicht klar vorhersehbar: Ungewissheit herrscht, Orientierungsbedarf entsteht
  • Gewohntes muss aufgegeben, verlernt werden: dies kostet Anstrengung 
  • Der Weg verläuft nicht geradlinig, es kommt zu Rückfällen und -schritten
  • Der Erfolg ist nicht sofort sichtbar, Sehnsucht nach den ‚alten Zeiten’ kommt auf

Die besondere Dynamik dieser Veränderungssituationen stellt Führungskräfte und Mitarbeiter vor Herausforderungen, die ihr gewohntes Bewältigungsrepertoire oft überfordern.

Wissen über wesentliche Merkmale von Veränderungsprozessen kann dazu beitragen, die Sensibilität der Beteiligten gegenüber dem Prozessgeschehen zu erhöhen. Konzepte und Methoden der Veränderungsarbeit helfen, Vorgehensweisen zu planen und zu strukturieren, Prozesse zu gestalten und zu steuern sowie die Nachhaltigkeit der Veränderungen abzusichern.

1.1 Merkmale von Veränderungsprozessen

Was sind die Merkmale, die die Gestaltung und Umsetzung von Veränderungen oft so schwierig machen?

1.1.1 Handeln in Unbestimmtheit

Auch wenn der Begriff "Change Management" anderes vermuten lässt: Organisatorische Veränderungsprozesse lassen sich nicht managen im Sinne einer kausal-linearen Beeinflussung von Personen und Geschehnissen. Sie halten sich an keinen exakten Fahrplan. Man muss handeln, obwohl sich vieles erst im Zuge des Prozesses klären wird.

Wer sich auf den Weg der Veränderung macht, muss auch Risiken eingehen. Zeiten des Wandels sind stets auch Zeiten der Unsicherheit und Ungewissheit. Überraschungen und Störungen treten auf. Man muss bereit sein, eingetretene Bahnen zu verlassen, Umwege zu gehen, vielleicht auch einen Schritt zurück, damit es wieder nach vorne geht.

Der Umgang mit offenen und komplexen Prozessen fällt vielfach schwer. Im Umgang mit Unsicherheit braucht es Toleranz für Unwägbarkeiten, Zielkonflikte und Widersprüchlichkeiten ebenso wie die Bereitschaft zur Risikoübernahme und Risikobearbeitung statt einer Politik des Sich-Absicherns.

Spürbare Konsequenzen dieser Schwierigkeiten sind dann oft

  • unzureichende Information und Kommunikation
  • Hin und Her in den Entscheidungen und Handlungsstrategien
  • Flucht vor Auseinandersetzungen
  • Geringe Risikofreude, wenig Innovation
  • Keine Überprüfung der Auswirkungen der Veränderungen
  • Delegation der Verantwortung an externe Berater

Wie geht man mit Situationen um, die durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren, Rück- und Wechselwirkungen und einer sich daraus ergebenden Eigendynamik geprägt sind? Wie kann man handeln, wenn offene, teilweise sich widersprechende Ziele zu Dilemmata in den Entscheidungs- und Handlungssituationen führen? Woran kann man sich orientieren, wenn vieles intransparent und ungeklärt erscheint?

Wichtig ist, den Veränderungsprozess als offenen Prozess zu konzipieren, der Raum gibt für Erkunden, Erproben und Überprüfen als ein sich ständig wiederholender Prozess.

Schritte hierzu sind:

  1. Sammeln und Verdichten von Informationen und Sichtweisen
  2. Bildung von Zielen
  3. Entwicklung von Handlungsoptionen
  4. Entwicklung von Hypothesen und Modellbildung über die Wirkungszusammenhänge
  5. Prognosen aufstellen über den erwarteten Gang der Dinge
  6. Vorgehen konkretisieren
  7. Durchführen und Umsetzung kontrollieren
  8. Prozess reflektieren und daraus Konsequenzen ziehen (weiter mit 1.)

1.1.2 Emotionen in Veränderungsprozessen

Veränderungsprozesse verändern vertraute Gewohnheiten. Sie sind unbequem, weil man die "Komfortzone" verlassen und sich auf Neues, noch nicht Überschaubares einlassen muss. Dies macht Menschen unsicher, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Dies macht Menschen ärgerlich, weil gewohnte Wege plötzlich verbaut und gewachsene Beziehungen vielfach blockiert sind. Sie reagieren ungehalten, ablehnend und abwehrend und klammern sich an das Vertraute. Veränderungsprozesse sind deshalb immer mit Emotionen verbunden.

Dies ist auch gut so, denn Veränderungsprozesse brauchen Energie. Wenn man Menschen zu Veränderungen bewegen will, muss man auch ihre Gefühle ansprechen und wecken. Oft schrecken Führungskräfte davor zurück, weil sie befürchten, die auftretenden Emotionen nicht mehr bewältigen zu können. Aber man kann Gefühle verstehen und damit umgehen lernen.

Typische Gefühle in Veränderungssituationen sind:

Sorge, Erschrecken, Angst

Wenn etwas Neues, noch nicht Bekanntes, schlecht Überschaubares und kaum Abwägbares auf uns zukommt, dann empfinden Menschen dies zunächst als Bedrohung und reagieren mit Sorge, Erschrecken o...

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