Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtannahmebeschluß: keine Verletzung der Rundfunkfreiheit durch arbeitsgerichtliche Entscheidung betreffend des Arbeitsverhältnisses eines Rundfunksprechers

 

Orientierungssatz

1. Der grundrechtliche Schutz durch GG Art 5 Abs 1 S 2 (Rundfunkfreiheit) bei der Wahl des Vertragstyps eines Mitarbeiterverhältnisses durch eine Rundfunkanstalt ist auf den Kreis von Rundfunkmitarbeitern beschränkt, die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.

2. Nicht vom Schutz des GG Art 5 Abs 1 S 2 umfaßt sind dagegen Personalentscheidungen, bei denen der Zusammenhang mit der Programmgestaltung fehlt.

Hier: Moderator einer Musiksendung mit Wortbeiträgen, dem nur die Überleitung zwischen Wort und Musik obliegt, die Musik aber von der Musikredaktion ausgesucht und die Wortbeiträge von der Redaktion ausgearbeitet sind.

3. Der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff und das Kriterium des Einflußes auf die inhaltliche Gestaltung des Programms sind nicht deckungsgleich, so daß bei seiner isolierten Anwendung (wie sie hier aber nicht erfolgt ist) bzgl der Gestaltung von Mitarbeiterverhältnissen eine unverhältnismäßige Zurückdrängung der Rundfunkfreiheit nicht ausgeschlossen wäre.

4. Grundlegend zum Verhältnis zwischen Rundfunkfreiheit und Personalentscheidungen: BVerfG, 1982-01-13, 1 BvR 848/77, BVerfGE 59, 231.

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 20.07.1988; Aktenzeichen 7 Sa 128/88)

 

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine arbeitsgerichtliche Berufungsentscheidung, mit der der Klage eines Rundfunkmitarbeiters auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit der beklagten öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt stattgegeben wurde.

1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens war seit 1953 beim Beschwerdeführer – einer öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt – als Sprecher im Hörfunk beschäftigt. Seit 1962 wurde er ständig als Moderator eines Morgenjournals eingesetzt, das an den Werktagen von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr gesendet wurde. Der Kläger des Ausgangsverfahrens moderierte die Sendung im täglichen Wechsel mit vier anderen Mitarbeitern jeden Donnerstag. Er erhielt dafür eine Vergütung von 590 DM pro Sendung.

Die Sendung bestand im wesentlichen aus Musikstücken und Wortbeiträgen verschiedenster Art. Pro halbe Sendestunde wurden normalerweise ein bis zwei Wortbeiträge gesendet, die bis zu drei Minuten dauerten. Die Musikstücke und die Wortbeiträge wurden von der Redaktion bestimmt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens mußte die Wortbeiträge verlesen und die Zeit ansagen. Außerdem bestand seine Aufgabe in der Moderation der Sendung, und zwar vor allem in Form der Verbindung der Musikstücke und Wortbeiträge durch eigene Texte.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 1983 kündigte der Beschwerdeführer gemäß Nr. 4.2 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen das zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens bestehende Rechtsverhältnis zum 31. Oktober 1984. Zur Begründung führte der Beschwerdeführer im Kündigungsschreiben aus, daß der Kläger entgegen wiederholter Aufforderung Art und Länge seiner Moderation nicht eingeschränkt und vor allem eigene Ergänzungen angefügt habe.

Das Arbeitsgericht München hat die Feststellungsklage auf Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und Weiterbeschäftigung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht München hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage mit Urteil vom 16. Juli 1986 stattgegeben. Das Berufungsurteil wurde indes auf die Revision des Beschwerdeführers hin vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 16. Dezember 1987 (5 AZR 468/86) aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, daß die Dauer der Tätigkeit des Klägers nicht ausreiche, um die Arbeitnehmereigenschaft zu bejahen. Vielmehr komme es entscheidend auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit an.

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch nach der Zurückverweisung der Sache die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Feststellungsklage stattgegeben. Es hat allerdings im Unterschied zu seiner ersten Entscheidung einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers des Ausgangsverfahrens verneint. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt:

Auch im Rundfunkbereich unterscheide sich das Arbeitsverhältnis vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Kläger als Arbeitnehmer einzuordnen. Die weisungsgebundene Tätigkeit stehe beim Kläger klar im Vordergrund. Die abzuspielenden Musikstücke bestimme die Musikredaktion; die von der Redaktion gefertigten Wortbeiträge lese der Kläger lediglich vor. Bei der Zeitansage verstehe sich die Fremdbestimmung von selbst. Lediglich die Verbindung der Musikstücke und Wortbeiträge gestalte der Kläger selbst. Dies mache aber den kleinsten Teil seiner Tätigkeit aus. Bei aller Originalität der Moderation des Klägers sei seine Tätigkeit danach nicht weniger fremdbestimmt als die eines typischen Arbeitnehmers. Insoweit komme die zeitliche und örtliche Weisungsgebundenheit lediglich hinzu.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß das unbefristete Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 28. Oktober 1983 aufgelöst worden sei. Es hat allerdings einen Weiterbeschäftigungsanspruch verneint, da ein überwiegendes Interesse des Beschwerdeführers daran bestehe, den Kläger nicht zu beschäftigen. Das überwiegende Interesse ergebe sich daraus, daß nunmehr eine Vertragsanpassung gemäß § 242 BGB erforderlich sei.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer das Urteil des Landesarbeitsgerichts an und rügt die Verletzung seines Grundrechts auf Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor:

Die Annahme, daß es auf den Geschäftsinhalt und nicht auf die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge ankomme, führe in Verbindung mit der weiteren Annahme, daß sich der Einfluß des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit nicht bereits bei der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft auswirke, im Zusammenhang mit der Praktizierung des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs zu einer unverhältnismäßigen und sachwidrigen Zurückdrängung der Rundfunkfreiheit. Die Beschränkung der Auswirkung der Rundfunkfreiheit auf die Möglichkeit der Zeitbefristung werde der Bedeutung des Grundrechts nicht gerecht. Der Beschwerdeführer werde dadurch in seinem Recht verletzt, bei der Begründung von Mitarbeiterverhältnissen den geeigneten Vertragstyp zu wählen.

Die Rundfunkfreiheit umfasse in ihrer wesentlichen Bedeutung die Programmfreiheit. Die Programmfreiheit begründe aber zwingend das Auswechslungsbedürfnis bezüglich der Mitarbeiter, die an Ausgestaltung und Präsentation eines Programmes inhaltlich gestaltend mitwirken, wenn sich die Erforderlichkeit eines Programmwechsels ergebe. Indem das Landesarbeitsgericht die Auswirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf den Kreis „freischaffender Künstler” und ihnen vergleichbarer Mitarbeiter beschränkt habe, habe es verkannt, daß der Kläger des Ausgangsverfahrens zu den in der Programmgestaltung tätigen Mitarbeitern gehöre, deren Rechtsbeziehungen unter Berücksichtigung der Rundfunkfreiheit zu beurteilen seien.

Die Möglichkeit der Befristung reiche zur Sicherung der Rundfunkfreiheit des Beschwerdeführers nicht aus. Zum einen sei nahezu jede Frist willkürlich. Zum anderen könne sich die Erforderlichkeit der Änderung einer Programmkonzeption oftmals erst nach einer langjährigen Sendedauer ergeben. In Betracht käme daher nur die Befristung auf die einzelne Sendung. Dies stoße aber auf unüberwindliche praktische Schwierigkeiten.

Die Konzeption des „Morgen-Journal” sei 1983 geändert worden. Beispielsweise würden dem Moderator bei Interviews nur Thema und Dauer vorgegeben, während er den Lauf des Gesprächs selbst bestimmen könne. Über die hierfür erforderlichen journalistischen Fähigkeiten habe der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht verfügt, so daß sein Einsatz in Live- Sendungen untragbar geworden sei.

Seit der Entfernung aus dem „Musik-Journal” werde der Kläger des Ausgangsverfahrens in der Abteilung Wirtschaft und Unterhaltung eingesetzt; zur Sendung gelangten lediglich Aufzeichnungen.

4. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung hat die Auffassung vertreten, die Verfassungsbeschwerde sei unbegründet. Nach den tatrichterlichen Feststellungen könne nicht von einer programmgestaltenden Tätigkeit des Klägers des Ausgangsverfahrens ausgegangen werden. Er sei zu dem Kreis der Rundfunkmitarbeiter zu zählen, deren Mitwirkung sich in der technischen Realisation eines Programmes erschöpfe.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers fordere Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kein Recht der Rundfunkanstalt auf „freie Vertragsgestaltung”. Das Grundrecht fordere nur, daß bei Vorliegen eines Mitarbeiterverhältnisses oder einer freien Mitarbeit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beachtet werde.

II.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die beschwerdeführende Rundfunkanstalt kann mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung der Rundfunkfreiheit geltend machen (BVerfGE 59, 231 (254); 64, 256 (259)).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

a) Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine gerichtliche Entscheidung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften und Grundsätze dieses Rechtsgebietes hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Ihm obliegt lediglich die Kontrolle, ob die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts Verfassungsrecht verletzt, insbesondere die Einwirkung von Grundrechten auf die einfachrechtlichen Normen und Maßstäbe verkannt haben (vgl. BVerfGE 18, 85 (92)). Auch der Umstand, daß die vom Landesarbeitsgericht angewendeten Maßstäbe eher als Richterrecht anzusehen sind, gibt keinen Anlaß zu einer intensiveren verfassungsrechtlichen Nachprüfung (BVerfGE 59, 231 (257)).

b) Prüfungsmaßstab ist das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Rundfunkfreiheit ist in erster Linie Programmfreiheit. Der grundrechtliche Schutz erstreckt sich aber auch auf das Recht der Rundfunkanstalten, den Programmerfordernissen bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen (BVerfGE 59, 231 (257)). Das ergibt sich daraus, daß der Rundfunkauftrag nicht allein durch rechtlich normierte Anforderungen oder organisatorische Regelungen zu gewährleisten ist. Seine Erfüllung setzt auch, wenn nicht in erster Linie, voraus, daß die Sendungen von Personen gestaltet werden, die in der Lage sind, die gebotene Vielfalt in das Programm einzubringen. Insoweit hängt die Erfüllung der Aufgaben des Rundfunks davon ab, daß deren personelle Voraussetzungen hergestellt und aufrechterhalten werden können (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 259).

Insbesondere können veränderte Berichtsgegenstände, Programmtechniken, Wettbewerbslagen und Publikumsbedürfnisse eine Veränderung von Programmstrukturen erforderlich machen. Die Rundfunkanstalten müssen solchen Erfordernissen durch den Einsatz von für die jeweilige Aufgabe qualifizierten Mitarbeitern gerecht werden. Dazu wären sie aber nicht in der Lage, wenn sie ausschließlich auf ständige feste Mitarbeiter angewiesen wären (BVerfG, a.a.O., S. 259). Wenn daher Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung der Programme gegen fremde Einflüsse geschützt sind, so muß das grundsätzlich auch für die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung des Personals gelten, von dem die Programmgestaltung abhängt (BVerfG, a.a.O., S. 260).

Allerdings ist der grundrechtliche Schutz der Bestimmung über das Rundfunkpersonal auf den Kreis von Rundfunkmitarbeitern beschränkt, die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken. Nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfaßt sind dagegen Personalentscheidungen, bei denen der Zusammenhang mit der Programmgestaltung fehlt (BVerfG, a.a.O., S. 260 f.).

Ein Zusammenhang mit der inhaltlichen Gestaltung des Programms liegt vor, wenn die Rundfunkmitarbeiter typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen, wie dies etwa bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist. Bei diesem Mitarbeiterkreis schließt der Grundrechtsschutz die Befugnis ein, bei der Begründung von Mitarbeiterverhältnissen den jeweils geeigneten Vertragstyp zu wählen (BVerfG, a.a.O., S. 260).

Der Zusammenhang mit der Programmgestaltung fehlt, wenn sich die Personalentscheidungen auf Mitarbeiter beziehen, welche nicht unmittelbar den Inhalt der Sendungen mitgestalten. Hierzu zählen nicht nur das betriebstechnische und Verwaltungspersonal, sondern ebenso solche Mitarbeiter, deren Tätigkeit sich, wenn auch im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Programms stehend, in dessen technischer Realisation erschöpft und ohne inhaltlichen Einfluß auf dieses bleibt (BVerfG, a.a.O., S. 261). Dazu kann auch, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, die Tätigkeit eines Rundfunksprechers zählen (BVerfG, a.a.O., S. 271).

c) Auf der Grundlage dieses Prüfungsmaßstabes ist die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Nach den oben dargelegten Kriterien hängt der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers bei der Wahl des Vertragstyps des Mitarbeiterverhältnisses mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens davon ab, ob der Kläger dem Kreis derjenigen Rundfunkmitarbeiter zuzuordnen ist, die am Programm inhaltlich gestaltend mitwirken. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die vom Beschwerdeführer nicht angegriffen worden sind, ist das nicht der Fall. Die inhaltliche und die formale Gestaltung der Rundfunksendung „Morgen-Journal” war dem Kläger des Ausgangsverfahrens vorgegeben. Die Musikauswahl erfolgte durch die Musikredaktion; Wortbeiträge wurden ebenfalls von Redakteuren erarbeitet und waren vom Kläger lediglich vorzulesen. An eigenständiger Tätigkeit oblag ihm nur die Überleitung zwischen den einzelnen Musikstücken und den Wortbeiträgen, wobei diese Tätigkeit nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den geringsten Teil seiner Tätigkeit ausmachte.

Die Tatsachenfeststellungen rechtfertigen deshalb den Schluß, daß die Tätigkeit des Klägers des Ausgangsverfahrens die eines Sprechers ist und sich, wenn auch im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Programms stehend, in dessen technischer Realisation erschöpft, ohne inhaltlichen Einfluß auf dieses zu haben. Es fehlt somit am inneren Zusammenhang mit der Erfüllung des Programmauftrages bei der Personalentscheidung, so daß diese nicht vom Schutz der Rundfunkfreiheit umfaßt ist (BVerfG, a.a.O., S. 261).

Auch die Rüge, daß eine isolierte Verwendung des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes unter Absehung von der Bedeutung des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit bei der Beurteilung des Status der Rundfunkmitarbeiter zu einer unverhältnismäßigen Zurückdrängung der Rundfunkfreiheit führe, greift im vorliegenden Fall nicht durch.

Die Rüge ist lediglich insoweit berechtigt, als das für den Grundrechtsschutz der Rundfunkanstalten bei Personalentscheidungen maßgebliche Kriterium der Einfluß des Rundfunkmitarbeiters auf die inhaltliche Gestaltung des Programmes ist. Dieses Kriterium kommt aber in dem vom Landesarbeitsgericht dargelegten Arbeitnehmerbegriff nicht vor. Der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff und das Kriterium des Einflusses auf die inhaltliche Gestaltung des Programms sind nicht deckungsgleich. Es ist deshalb denkbar, daß ein Rundfunkmitarbeiter den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfüllt, gleichwohl aber Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung des Programms hat, so daß bei einer isolierten Anwendung des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes auf Rundfunkmitarbeiter eine unverhältnismäßige Zurückdrängung der Rundfunkfreiheit nicht ausgeschlossen ist. Das könnte der Fall sein, wenn das Kriterium des inhaltlichen Einflusses des Rundfunkmitarbeiters auf die Programmgestaltung völlig unberücksichtigt bliebe und dadurch der Zugang zum Schutzbereich der Rundfunkfreiheit verstellt würde.

Die vom Beschwerdeführer insoweit vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen indes im vorliegenden Fall nicht durch, weil das Landesarbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung ohne Rücksicht auf seinen Obersatz im wesentlichen geprüft hat, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens inhaltlichen Einfluß auf die Gestaltung des Programmes hatte. Insofern ist der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff für die angegriffene Entscheidung bedeutungslos geblieben. Vielmehr hat das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte, am Grundrecht der Rundfunkfreiheit orientierte Kriterium des inhaltlichen Einflusses des Rundfunkmitarbeiters das Prüfungsprogramm des Landesarbeitsgerichts bestimmt. Damit kann aber mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, daß die Entscheidung nicht auf der Prämisse beruht, der Rundfunkfreiheit komme für den Status der Rundfunkmitarbeiter keine Bedeutung zu.

Auch soweit der Beschwerdeführer einen Eingriff in seine Programmfreiheit rügt, weil er durch die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens an der Änderung der Programmkonzeption des „Morgen-Journal” gehindert werde, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

Wäre der Beschwerdeführer gezwungen, den Kläger auch künftig zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, könnte dies unter Umständen dazu führen, daß sich eine Änderung der Programmkonzeption nicht mehr realisieren ließe. Dies würde einen Eingriff in die Programmfreiheit des Beschwerdeführers darstellen. Die Rüge greift aber im vorliegenden Fall nicht durch, weil das Landesarbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung eine Anpassung des zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens bestehenden Vertragsverhältnisses nach § 242 BGB für geboten erachtet. Da bei dieser Anpassung die von der Programmfreiheit des Beschwerdeführers geschützten Vorstellungen berücksichtigt werden können, hat das Landesarbeitsgericht der grundlegenden Bedeutung des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit ausreichend Rechnung getragen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60514

NJW 1993, 2672

NJW 1993, 2672 (S)

NZA 1993, 741

NZA 1993, 741-743 (LT)

AP BGB § 611, Nr. 1 Arbeitnehmerähnlichkeit (S)

AP BGB § 611, Nr. 14 Rundfunk (L)

AP BGB § 611, Nr. 64 Abhängigkeit (L)

AP BGB § 620, Nr. 143 Befristeter Arbeitsvertrag (L)

AP TVG § 12a, Nr. 4 (S)

AP TVG § 1, Nr. 19 Tarifverträge Rundfunk (S)

AfP 1993, 470

AfP 1993, 470-472 (ST)

EzA BGB § 611, Arbeitnehmerbegriff Nr. 50 (ST2)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge