§§ 87 - 98 A. Privater Dienst
§ 87 [Entschädigung bei Schaden im privaten Dienst]
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, wenn er im privaten Dienst durch Entlassung, vorzeitiges Ausscheiden oder durch Versetzung in eine erheblich geringer entlohnte Beschäftigung geschädigt worden ist.
(2) Versetzung in eine erheblich geringer entlohnte Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn die Versetzung in der Gesamtzeit der Schädigung zu einer Einkommensminderung von mehr als 25 vom Hundert geführt hat.
§ 88 [Verlust des Arbeitsplatzes aus anderen Gründen]
§ 87 gilt sinngemäß, wenn
1. |
dem Verfolgten von seinem Arbeitgeber unter Beachtung der gesetzlichen, vertraglichen oder tariflichen Bestimmungen gekündigt worden ist, sofern nach der Verkehrssitte oder den Umständen des Einzelfalles das Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden wäre, wenn keiner der Verfolgungsgründe des § 1 vorgelegen hätte; |
2. |
ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht erneuert worden ist, sofern nach der Verkehrssitte oder den Umständen des Einzelfalles die Erneuerung zu erwarten gewesen wäre, wenn keiner der Verfolgungsgründe des § 1 vorgelegen hätte; |
3. |
der Verfolgte seinen Arbeitsplatz durch Freiheitsentziehung, Berufsverbot oder dadurch verloren hat, daß er, um nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen zu entgehen, ausgewandert oder geflohen ist oder in der Illegalität gelebt hat oder aus den Verfolgungsgründen des § 1 ausgewiesen oder deportiert worden ist; |
4. |
der arbeitslose Verfolgte aus den in Nummer 3 genannten Gründen keinen Arbeitsplatz erlangt hat oder aus den Verfolgungsgründen des § 1 von der Vermittlung in Arbeit ausgeschlossen geblieben ist; |
5. |
der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz dadurch verloren hat, daß der Arbeitgeber im Zuge der Verfolgung seine Tätigkeit hat einstellen müssen und der Arbeitnehmer wegen seines Dienstes bei diesem Arbeitgeber keine gleichwertige Beschäftigung gefunden hat; |
6. |
die Aufgaben des arbeitgebenden Verbandes im Zuge nationalsozialistischer Organisationsmaßnahmen auf einen anderen Verband übergeführt worden sind und der Arbeitnehmer aus den Verfolgungsgründen des § 1 von der allgemeinen Übernahme in den Dienst dieses Verbandes ausgeschlossen geblieben ist. |
§ 89 [Anspruch auf Wiedereinstellung]
(1) 1Der Verfolgte hat Anspruch auf Einräumung seines früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes, es sei denn, daß er das 65. Lebensjahr vollendet hat oder erwerbsunfähig ist. 2Die Erwerbsunfähigkeit ist nach der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit des Verfolgten im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen.
(2) Die Verpflichtung zur Einräumung des früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes obliegt jedem Arbeitgeber, aus dessen Dienst der Verfolgte entlassen worden oder vorzeitig ausgeschieden ist, oder dessen Rechtsnachfolger.
(3) Der in Anspruch genommene Arbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger kann die Erfüllung des Anspruchs auf Einräumung des früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes verweigern, wenn
1. |
er zur Erfüllung dieses Anspruchs aus zwingenden wirtschaftlichen oder betrieblichen Gründen nicht in der Lage ist; |
2. |
bei Vorhandensein mehrerer Verpflichteter ein anderer Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zur Erfüllung des Anspruchs in erster Linie als verpflichtet anzusehen ist. |
(4) Ist die Verpflichtung zur Einräumung des früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes durch unanfechtbaren Bescheid oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt, so gilt das Arbeitsverhältnis als wiederhergestellt.
§ 89a [Bevorzugte Arbeitsvermittlung]
Verfolgte, die ohne ihr Verschulden eine ständige Tätigkeit in dem bisherigen oder angestrebten Beruf noch nicht aufgenommen haben, sollen von den Agenturen für Arbeit bevorzugt in freie Arbeitsstellen vermittelt werden.
§ 90 [Darlehnsgewährung]
1Hat der Verfolgte eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen oder weist er nach, daß er die Voraussetzungen für die erfolgreiche Aufnahme einer solchen Tätigkeit erfüllt, so finden §§ 69, 71 entsprechende Anwendung. 2§ 72 gilt sinngemäß.
§ 90a [Vergabe von öffentlichen Aufträgen]
Hat der Verfolgte eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen, so findet § 68 entsprechende Anwendung.
§ 91 [Entschädigung für Verdienstausfall]
1Der Verfolgte hat Anspruch auf eine Entschädigung für Schaden, der ihm durch Entlassung, vorzeitiges Ausscheiden oder durch Versetzung in eine erheblich geringer entlohnte Beschäftigung entstanden ist. 2Die Entschädigung besteht in einer Kapitalentschädigung oder in einer Rente.
§ 92 [Kapitalentschädigung]
(1) Auf die Kapitalentschädigung finden die §§ 75, 76 Abs. 1, 2 und 4, §§ 78 bis 80 entsprechende Anwendung.
(2) 1Hat der Verfolgte keinen Anspruch oder keine Anwartschaft auf eine lebenslängliche Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder auf Ruhelohn sowie auf Hinterbliebenenversorgung, so ist der Summe der nach Absatz 1 errechneten Bezüge ein Betrag in Höhe von 20 vom Hundert hinzuzurechnen. 2Der Zuschlag von 20 vom Hundert entfällt, wenn der Verfolgte Anspruch auf Entschädigung nach §§ 134 bis 137 hat.
(3) § 77 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß außer dem durch anderweitige Verwertung der Arbeitskraft erzielten Einkommen solche Entschädigungen, Zuwendungen, Unterhaltsbeiträge oder ähnliche Leistungen anzurechnen sind, die...