Beteiligte

Klägerin und Revisionsbeklagte

Beklagte und Revisionsklägerin

 

Tatbestand

I.

Die klagende Gemeinde macht als Sozialhilfeträger die Familienhilfeberechtigung bzw. Familienversicherung des Sohnes eines Versicherten der Beklagten geltend.

Der Versicherte E. Ö. ist Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse. Er hat einen am 22. Februar 1958 geborenen Sohn Gerd, der nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule und nach Abbruch einer Lehre nur gelegentlich als Hilfsarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt war; die letzten bekannten Beschäftigungen dauerten vom 16. September bis 10. Oktober 1977, vom 14. bis 21. März 1978 und vom 10. April bis 2. Mai 1978. Er wurde wiederholt straffällig und verbüßte Jugendarrest und Gefängnisstrafen, wobei Alkohol eine immer größere Rolle spielte; vom 24. November bis 21. Dezember 1977 mußte er wegen "Alkoholismus" stationär behandelt werden. Von da an bis Anfang 1989 waren mit derselben Diagnose etwa 80 Krankenhausaufenthalte notwendig. Für die dadurch verursachten Kosten kam im wesentlichen die Klägerin auf; im Hinblick auf die bis Mai 1978 dauernde Beschäftigung und die dadurch begründete Mitgliedschaft erkannte die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Schwarzwald-Baar-Kreis (AOK) für die Zeit vom 6. Juni bis 31. Oktober 1978 ihre Leistungspflicht an.

Mit Schreiben vom 20. Januar 1978 teilte die Beklagte der Klägerin mit, unter welchen Voraussetzungen Familienkrankenpflege geleistet werde, nachdem sie mit Bescheinigung vom 19. Januar 1978 festgestellt hatte, daß ein Familienhilfeanspruch für den Sohn des Versicherten nicht bestehe. Unter Hinweis darauf lehnte sie die Gewährung von Familienkrankenpflege mit Schreiben vom 1. Februar 1980 gegenüber dem Landeswohlfahrtsverband ab.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 1987 stellte das zuständige Versorgungsamt wegen "Toxikose, geistiger Behinderung bei neurotischer Fehlentwicklung; Hepatopathie" die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung von 70 fest. Im November 1987 erklärte die Klägerin in Vertretung des Sohnes den freiwilligen Beitritt zur AOK; dieses Mitgliedschaftsverhältnis ruht, bis die Familienhilfe geklärt ist. Im Mai 1988 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Familienhilfe seit 1977. Die Beklagte faßte dies als Antrag auf Rücknahme der "Bescheide" vom 19./20. Januar 1978 und vom 1. Februar 1980 auf; mit Bescheid vom 29. Juli 1988 lehnte sie diesen Antrag ab, nachdem der Versicherte ihr mitgeteilt hatte, daß sein Sohn erst im September 1976 (also nach Vollendung des 18. Lebensjahres) durch verstärkten Alkoholgenuß aufgefallen sei. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 1988; Urteil des Sozialgerichts SG vom 25. Oktober 1989). Vor seiner Entscheidung hatte das SG den Sohn (Beigeladener zu 1), den Versicherten (Beigeladener zu 2) und die AOK (Beigeladene zu 3) beigeladen.

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) ärztliche Unterlagen beigezogen und ein nervenärztliches Gutachten vom 25. Juli 1991 eingeholt, dem es als Ergebnis entnommen hat: Es lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, ob der Sohn des Versicherten vor dem 22. Februar 1976 aufgrund einer seelischen Behinderung (chronischer Alkoholismus) bereits außerstande gewesen sei, sich selbst zu unterhalten; es müsse jedoch davon ausgegangen werden, daß der chronische Alkoholismus seit der ersten stationären Aufnahme im Krankenhaus R. im November 1977 bestehe. Mit Urteil vom 15. November 1991 hat das LSG die Vorentscheidungen geändert, die Beklagte zur Rücknahme der Bescheide vom 19./20. Januar 1978 und vom 1. Februar 1980 verpflichtet und festgestellt, daß der Beigeladene zu 1) ab 1. Januar 1984 mit Ausnahme der Zeiten des Strafvollzuges und der Zeit vom 2. April bis 18. Juli 1990 aus der Krankenversicherung des Beigeladenen zu 2) bei der Beklagten familienhilfeberechtigt ist; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Familienhilfe für den Sohn in den Bescheiden vom 19./20. Januar 1978 und vom 1. Februar 1980 zu Unrecht abgelehnt; die Klägerin sei nach §§ 37, 91a des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und nach § 55 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) berechtigt, dieses im Klagewege geltend zu machen. Damit sei der Versicherte zumindest den Umständen nach einverstanden gewesen. Gegen die Beschränkung auf einen reinen Feststellungsantrag bestünden wegen der Eigenschaft der Beklagten als juristische Person des öffentlichen Rechts keine Bedenken. Die Bescheide der Beklagten vom 19./20. Januar 1978 und 1. Februar 1980 seien rechtswidrig und deshalb nach § 44 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren (SGB X) zurückzunehmen. Der Sohn sei 1977 gegenüber dem Versicherten unterhaltsberechtigt gewesen; dieser habe in der Form von Unterkunft und Verpflegung auch tatsächlich Unterhalt erbracht. Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, sei zwar nicht vor der Volljährigkeit, aber zu einem Zeitpunkt vor dem 23. Lebensjahr eingetreten, als der Sohn nicht erwerbstätig gewesen sei und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, ohne Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe zu beziehen. Das genüge nach den am 1. September 1976 in Kraft getretenen Vorschriften, um einen Anspruch auf Familienhilfe ohne Altersgrenze zu begründen; dieser sei durch die Rechtsänderung zum 1. Januar 1989 nicht erloschen. Allerdings gingen Ansprüche aus eigener Versicherung vor, wie beispielsweise aufgrund der Beschäftigung vom 19. April bis 2. Mai 1978. Ausgenommen seien auch die Zeiten des Strafvollzugs. Ausgehend von dem im Mai 1988 gestellten Antrag könne die Leistungsverpflichtung der Beklagten nur mit vierjähriger Rückwirkung, also ab 1. Januar 1984 festgestellt werden (§ 44 Abs. 4 SGB X).

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 55 SGG, der §§ 44 und 111 SGB X, des § 91a BSHG, der §§ 176c und 205 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 10 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG vom 15. November 1991 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 25. Oktober 1989 in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 3) beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere die Voraussetzungen des § 91a BSHG lägen vor, denn der Anspruch auf Familienhilfe sei kein Gestaltungsrecht und weder von einem Antrag noch von einem Bewilligungsbescheid abhängig. Mit der Familienversicherung und insbesondere mit der Familienhilfeberechtigung werde eine Sozialleistung festgestellt, weil sich daraus unmittelbar Leistungspflichten der Krankenkasse ergäben. Auf diese Feststellung finde § 111 SGB X keine Anwendung. Das LSG habe bindend festgestellt, daß der Anspruch im ausdrücklichen Einverständnis des Versicherten geltend gemacht werde, daß Alkoholabhängigkeit den Sohn unfähig gemacht habe, sich selbst zu unterhalten, daß dieser bei Eintritt der Behinderung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe und daß er sein Wahlrecht nach § 10 Abs. 5 SGB V ausgeübt habe.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Während des Revisionsverfahrens ist die AOK mit anderen Kassen zur AOK Baden-Württemberg vereinigt worden; diese ist im Wege der Rechtsnachfolge an die Stelle der ursprünglichen Beigeladenen zu 3) getreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Ob die Beklagte gegenüber der Klägerin bestandskräftige Bescheide erteilt hat und ob darin bzw. in den jetzt angefochtenen Bescheiden nur der krankenversicherungsrechtliche Status des Sohnes des Versicherten oder (möglicherweise daneben) konkrete Leistungsansprüche geregelt wurden, ist dem Urteil des LSG nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Darauf kommt es jedoch nicht an. Handelt es sich um eine Statusentscheidung, könnte die Klage an der fehlenden Feststellungsbefugnis des Sozialhilfeträgers scheitern (vgl. BSGE 70, 72 = SozR 3-5910 § 91a Nr. 1; BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr. 15), wenn sie nicht schon unter dem Gesichtspunkt des Art II § 40 Abs. 2 des SGB X unbegründet wäre. Versteht man das Begehren der Klägerin dagegen als konkretes Leistungsbegehren, über das entweder nach § 104 SGB X oder nach § 91a BSHG zu entscheiden wäre, steht ihm jedenfalls materiell-rechtlich der fehlende Familienversicherungsschutz für den Sohn entgegen, ohne daß es auf den möglichen Ausschluß durch bestandskräftige Bescheide oder durch Fristablauf ankommt.

Die sachliche Überprüfung der Familienhilfe des Versicherten für seinen Sohn in der Zeit nach dessen 18. Lebensjahr führt im Gegensatz zur Auffassung des LSG zur Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang. Denn die Behinderung ist nicht vor der maßgeblichen Altersgrenze eingetreten.

Die Familienhilfe für Kinder regelte sich bis 31. Dezember 1988 nach § 205 Abs. 1 RVO, wobei es auf die dort genannten Ausschlußgründe hier nicht ankommt; für die Zeit ab 1. Januar 1989 enthält § 10 Abs. 1 SGB V die entsprechenden Bestimmungen für die Familienversicherung. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten vom 24. Juni 1975 (BGBl. I 1536) ist die Familienhilfe nach § 205 Abs. 3 RVO (jetzt § 10 Abs. 2 SGB V) an Altersgrenzen gebunden; vorher war dies dem Satzungsrecht vorbehalten. § 205 Abs. 3 Satz 2 RVO (jetzt § 10 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) läßt den Versicherungsschutz mit der Vollendung des 18. Lebensjahres entfallen; wenn das Kind sich in Schul-oder Berufsausbildung befindet oder ein freiwilliges soziales Jahr leistet, gilt nach derselben Vorschrift (jetzt § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V) jedoch das 25. Lebensjahr als Altersgrenze. Familienhilfe ohne Altersgrenze gewährleistet § 205 Abs. 3 Satz 4 RVO für Kinder, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; § 10 Abs. 2 Nr. 4 Halbs 2 SGB V knüpft diese unbegrenzte Familienversicherung an die Voraussetzung, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, zu dem das Kind nach einer der anderen Vorschriften, also innerhalb der dort genannten Altersgrenzen, versichert war.

Mit § 205 Abs. 3 Satz 5 RVO wurde die dargestellte Regelung um einen zweiten begrenzten Verlängerungstatbestand erweitert. In der ursprünglichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) und des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung vom 18. August 1976 (BGBl. I 2213, hier: Art 2 Nr. 1) war Voraussetzung, daß das Kind nach § 2 Abs. 4a BKGG berücksichtigt wurde; Altersgrenze war das 23. Lebensjahr. Diese Fassung galt vom 1. September 1976 bis 31. Dezember 1981. Gleichzeitig mit der Streichung des § 2 Abs. 4a BKGG (BGBl. I981 I 1566, hier: Art 1 Nr. 1 Buchst g) senkte der Gesetzgeber die Altersgrenze auf 19 Jahre; der Anspruch bestand für Kinder, die mangels Ausbildungsplatzes eine Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen konnten oder die nicht erwerbstätig waren (Art 1 Nr. 12 Buchst a des Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes vom 22. Dezember 1981, BGBl. I 1578). Mit Wirkung vom 21. Oktober 1984 wurde die Altersgrenze wieder auf 23 Jahre heraufgesetzt (Art 3 des Gesetzes vom 15. Oktober 1984, BGBl. I 1277); mit § 10 Abs. 2 Nr. 2 SGB V entfiel die sich auf die Berufsausbildung beziehende Regelung, so daß nunmehr einzige Voraussetzung die fehlende Erwerbstätigkeit des Kindes ist.

Im Revisionsverfahren wird nur noch um den Versicherungsschutz oder um Leistungsansprüche für die Zeit vom Jahre 1984 an gestritten. Denn das LSG hat die Familienhilfe nur für diesen Zeitraum festgestellt, und nur die Beklagte hat Revision eingelegt. Ob für die Zeit ab 1984 Familienhilfe zu gewähren ist, hängt materiell-rechtlich davon ab, ob auf Grund des § 205 Abs. 3 Satz 4 RVO (jetzt § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V) eine Familienhilfeberechtigung bzw. Familienversicherung ohne Altersgrenze besteht. Nach der zur Familienhilfe ergangenen Rechtsprechung muß die im Gesetz vorausgesetzte Behinderung eingetreten sein, bevor der Versicherungsschutz durch Überschreiten der jeweils maßgeblichen Altersgrenze erlischt (BSGE 49, 159 = SozR 2200 § 205 Nr. 30; BSG USK 82100; vgl. auch BSG USK 9042). Für die Familienversicherung hat der Gesetzgeber diese Voraussetzung in § 10 Abs. 2 Nr. 4 Halbs 2 SGB V ausdrücklich übernommen.

Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, daß der Sohn des Versicherten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres am 22. Februar 1976 nicht außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Entgegen einer Formulierung im Tatbestand des angefochtenen Urteils kommt es für die Familienhilfeberechtigung allerdings nicht darauf an, ob die Behinderung mit "hinreichender Wahrscheinlichkeit" vor der Altersgrenze eingetreten ist; erforderlich ist vielmehr eine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit". Die Voraussetzung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt für die haftungsbegründende Kausalität in der Unfallversicherung (BSGE 61, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 84 S. 235); im Rahmen des § 205 RVO gelten die allgemeinen Maßstäbe für die richterliche Überzeugungsbildung. Die Aussage des LSG, für einen Beginn der Behinderung vor dem 18. Lebensjahr fehle die hinreichende Wahrscheinlichkeit, enthält aber gleichzeitig die Feststellung, daß für einen früheren Eintritt der Behinderung auch die "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" fehlt. Diese Feststellung schließt den Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer vor dem 18. Lebensjahr eingetretenen Behinderung aus. Die Altersgrenze des 25. Lebensjahrs kommt hier nicht in Betracht, weil der Sohn des Versicherten nach dem 18. Lebensjahr nicht mehr in Schul- oder Berufsausbildung stand und auch kein freiwilliges soziales (oder ökologisches, vgl. die Ergänzung des § 10 Abs. 2 Nr. 3 durch Art 3 Abs. 12 Nr. 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 1993, BGBl. I 2118) Jahr leistete.

§ 205 Abs. 3 Satz 5 RVO in der vom 1. September 1976 bis 31. Dezember 1981 geltenden Fassung stützt den Anspruch auf Familienhilfe ebenfalls nicht. Denn es steht nicht fest, daß der Sohn in der Zeit nach dem 18. Lebensjahr, in die nach den Feststellungen des LSG der Beginn der Behinderung möglicherweise fällt (November 1977), nach § 2 Abs. 4a BKGG beim Kindergeld berücksichtigt worden ist. Das LSG hat den Familienhilfeanspruch bejaht, ohne daß es auf die tatsächliche Berücksichtigung ankomme; es genüge, daß der Sohn hätte berücksichtigt werden müssen, wenn Kindergeld beansprucht worden wäre. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.

§ 205 Abs. 3 Satz 5 RVO in der damaligen Fassung setzt voraus, daß Kinder nach § 2 Abs. 4a BKGG "berücksichtigt werden"; der Anspruch ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht davon abhängig, ob die Kinder "zu berücksichtigen" oder "berücksichtigungsfähig" sind. § 205 Abs. 3 Satz 5 RVO verweist demnach nicht auf die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs, sondern auf die tatsächliche Berücksichtigung durch die Stelle, die das Kindergeld gewährt. Daß der Gesetzgeber in dieser Hinsicht unterscheidet, zeigt sich etwa an § 40 Abs. 3 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes, wonach sich die Stufe des Ortszuschlags nach der Zahl der "berücksichtigungsfähigen" Kinder i.S. des BKGG richtet. Die Wahl des Begriffs der "Berücksichtigung" an Stelle (beispielsweise) der "Gewährung" kann nicht im Sinne einer Verweisung auf die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4a BKGG verstanden werden, weil diese Begriffe im Kindergeldrecht die Unterscheidung zwischen "Zählkind" und "Zahlkind" kennzeichnen (vgl. Wickenhagen/Krebs, BKGG Stand: Juni 1992, § 2 Rdnr. 8). In der hier gefundenen Auslegung hat die Verweisung des § 205 Abs. 3 Satz 5 RVO den Sinn, die Krankenkasse von der Überprüfung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4a BKGG freizustellen. Hierfür sprach, daß die Berücksichtigung nach dem BKGG und somit auch der Familienhilfeanspruch u.a. davon abhing, daß das Kind der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Es kann nicht angenommen werden, daß § 205 Abs. 3 Satz 5 RVO die Krankenkassen dazu verpflichten sollte, über die Familienhilfe für das Kind unter dem Gesichtspunkt seiner subjektiven bzw. objektiven Verfügbarkeit i.S. des § 103 des Arbeitsförderungsgesetzes zu entscheiden; diese Aufgabe sollte vielmehr den für die Kindergeldgewährung zuständigen Stellen - in der Regel also den Arbeitsämtern - überlassen werden. Eine Bestätigung dieser Auffassung liegt darin, daß anläßlich der Änderung des Satzes 5 mit seiner Verweisung auch die Voraussetzung der Verfügbarkeit im Rahmen der Familienhilfe entfiel, während sie im Kindergeldrecht beibehalten wurde (§ 205 Abs. 3 Satz 5 RVO in der Fassung des Art 1 Nr. 12 Buchst a Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 - BGBl. I 1578; § 2 Abs. 4 Satz 1 BKGG in der Fassung des Art 1 Nr. 1 Buchst g des Neunten Änderungsgesetzes zum BKGG vom 22. Dezember 1981 - BGBl. I 1566).

Die für die Familienhilfe erforderliche Berücksichtigung des Sohnes beim Kindergeld steht nicht fest. Nachdem der Versicherte dem LSG gegenüber die Frage nach dem Bezug von Kindergeld in der Zeit seit März 1976 zunächst mangels Unterlagen schriftlich nicht hatte beantworten können, hat er sie und eine entsprechende Antragstellung in der mündlichen Verhandlung verneint, wie das LSG in seinem Urteil angegeben hat. Den Akten des LSG, auf die im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird, ist zu entnehmen, daß nach der Auskunft des Arbeitsamts eine Kindergeldakte nicht mehr vorhanden ist. Unter diesen Umständen sieht der Senat keine erfolgversprechende Möglichkeit mehr, daß weitere Ermittlungen die Zahlung von Kindergeld für den Sohn ergeben könnten. Daher war von einer Zurückverweisung abzusehen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Zahlung von Kindergeld nicht festzustellen ist, was zu Lasten der Klägerin geht. Damit war für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres die Gewährung von Familienhilfe nicht mehr gerechtfertigt. Der Versicherungsschutz ohne Altersgrenze greift nicht ein, ohne daß es darauf ankommt, seit welchem Zeitpunkt nach dem 18. Lebensjahr eine Behinderung besteht. Die Berufung ist demnach auch hinsichtlich des beim LSG erfolgreichen Teils und damit in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI517606

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