Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der Landessozialgerichts Hamburg vom 20. Mai 1959 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger ist homoöopathischer Arzt. Er ist als praktischer Arzt zu den RVO-Kassen und Ersatzkassen zugelassen.

Nach Auffassung des Prüfungsausschusses der beklagten Kassenärtzlichen Vereinigung (KV) ist der Kläger bei der Behandlung seiner Patienten insofern unwirtschaftlich verfahren, als er unverhältnismäßig viele „kleine Sonderleistungen” durchgeführt hat. Durchschnittlich entfielen – unter Zugrundelegung der Preußischen Gebührenordnung für Ärzte (Preugo) – folgende Beträge auf jeden Behandlungsfall des Klägers:

3.Vj. 1956:

4.Vj. 1956:

1.Vj. 1957:

Beratungen

2,99 DM

3,34 DM

3,36 DM

Besuche

0,96 DM

1,09 DM

1,38 DM

kleine Sonderlstg.

7,19 DM

7,82 DM

7,55 DM

Grundleistungen

11,14 DM

12,25 DM

11,99 DM

große Sonderlstg.

0,28 DM

0,19 DM

0,07 DM

Sachleistungen

0,12 DM

0,11 DM

-,– DM

Gesamtdurchschnitt

11,54 DM

12,55 DM

12,00 DM

Als Durchschnittszahlen für die Gruppe der praktischen Ärzte hatte der Prüfungsausschuß folgende Werte zugrunde gelegt:

3.Vj. 1956:

4.Vj. 1956:

1.Vj. 1957:

Beratungen

4,42 DM

4,63 DM

4,69 DM

Besuche

1,80 DM

1,99 DM

2,11 DM

kleine Sonderlstg.

3,37 DM

3,39 DM

3,25 DM

Grundleistungen

9,59 DM

10,01 DM

10,05 DM

große Sonderlstg.

0,08 DM

0,08 DM

0,08 DM

Sachleistungen

1,49 DM

1,62 DM

-,– DM

Gesamtdurchschnitt

11,16 DM

11,71 DM

10,15 DM

Bei den 16 homöopathischen Ärzten in Hamburg ergaben sich für III/1956 folgende Durchschnittswerte:

Beratungen

5,02 DM

Besuche

1,16 DM

kl. Sonderlstg.

2,47 DM

Grundleistungen

8,65 DM.

Der „geschäftsführende Arzt” der beklagten KV eröffnete dem Kläger zunächst für die Abrechnung III/56, daß nach Auffassung des „Prüfers” die Überhöhung der „kleinen Sonderleistungen” im Vergleich zu seiner Fachgruppe nicht in vollem Umfange vertreten werden könnte und das Honorar für die „kleinen Sonderleistungen” daher um 5 % gekürzt werde (Schreiben vom 3. Januar 1957). Auf den Einspruch des Klägers hin unterzog der Prüfungsausschuß die Honorarabrechnung „einer individuellen Nachprüfung”. Er wies darauf hin, daß die „eingehende Untersuchung” in 123 % der Fälle und die Leistung nach Nr. 25 c der Preugo (Injektionen) in 251 Fällen berechnet worden seien, und erhöhte die Kürzung des Honorars für kleine Sonderleistungen von 5 auf 10 % (Schreiben vom 13. Februar 1957). Mit ähnlicher Begründung kürzte der Prüfungsausschuß die Honorarforderungen des Klägers für „kleine Sonderleistungen” in den Vierteljahren IV/1956 und I/1957 um 15 % bzw. 10 % (Schreiben vom 29. März 1957 bzw. 28. Juni 1957).

Die Einsprüche des Klägers gegen die Kürzungsbescheide wurden durch Beschluß des Beschwerdeausschusses der beklagten KV vom 9. August 1957 (Schreiben vom 22. August 1957) zurückgewiesen.

Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) machte der Kläger geltend, die Beklagte habe keine individuelle Prüfung, sondern lediglich einen statistischen Kostenvergleich durchgeführt. Die Prüfungsärzte hätten nicht einen einzigen Krankheitsfall mit ihm durchgesprochen; sie seien auch nicht in der Lage, für bestimmte konkrete Fälle eine unwirtschaftliche Behandlungsführung nachzuweisen. Es müsse auch auffallen, daß nur seine Behandlung vor Patienten für die RVO-Kassen, nicht aber für die Ersatzkassen beanstandet worden sei. Die Beklagte habe bei dem Vergleich die Durchschnittszahlen für sämtliche praktischen Ärzte in Hamburg herangezogen. Die Eigenart seiner Praxis bringe es aber mit sich, daß die kleinen Sonderleistungen den Hauptumfang seiner ärztlichen Tätigkeit ausmachten. Mit Hilfe einer umfassenden, individuellen, phänomenologischen Diagnostik sowie mit einer gezielten Injektionstherapie sei es ihm gelungen, den Gesamtkostenaufwand seiner ärztlichen Tätigkeit äußerst niedrig zu halten. Sein Gesamtdurchschnitt liege nur geringfügig über dem Gesamtdurchschnitt der praktischen Ärzte (im 3. Quartal 1956 0,38 DM je Fall, im 4. Quartal 1956 0,84 DM je Fall). Darüber hinaus habe er an Fremdleistungen außerordentliche Einsparungen erzielt. Im zweiten Halbjahr 1956 habe er je Patient für 3,67 DM weniger Arzneimittel verbraucht als der Durchschnitt der praktischen Ärzte. Der Prozentsatz seiner Krankenhauseinweisungen betrage nur 1,5 % gegenüber durchschnittlich 3,6 %. Der Umfang der Röntgenkosten belaufe sich je Fall nur auf 0,13 DM gegenüber 1,09 DM bei der gesamten Fachgruppe. EKGs und Grundumsatzbestimmungen habe er in den letzten drei Jahren überhaupt nicht durchführen lassen und Facharztüberweisungen nur äußerst selten vorgenommen.

Die beklagte KV erwiderte, bei dem Kläger werde insbesondere die übermäßige Anwendung der Preugo-Ziffer 19 beanstandet. Hierbei handele es sich um die eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende physikalische Untersuchung der Brust- und Bauchorgane. In der ärztlichen Wissenschaft sei anerkannt, daß es nur in ganz seltenen, unklaren Fällen einer derartigen Untersuchung bedürfe. Für die landläufigen Krankheiten genüge die übliche Untersuchung, die von jedem verantwortungsbewußten Arzt ohnehin sorgfältig durchgeführt werde. Die Prüfungsinstanzen gingen davon aus, daß bei praktischen Ärzten in der Regel besondere Untersuchungen nach Preugo-Ziffer 19 in höchstens 25 % der Fälle angebracht seien. Der Kläger habe jedoch besondere Untersuchungen in folgendem Ausmaß für erforderlich gehalten:

3.

Quartal 1956

bei 501

Fällen 609 mal

= 121 %

4.

Quartal 1956

” 498

” 702 ”

= 140 %

1.

Quartal 1957

” 488

” 605 ”

= 124 %.

Daß die vom Kläger durchgeführten 121 % bis 140 % Untersuchungen nach Preugo-Ziffer 19 kassenwirtschaftlich gerechtfertigt gewesen seien, müsse als schlechthin unmöglich angesehen werden. Im übrigen habe der Kläger trotz der Kürzungen für kleine Sonderleistungen je Fall erhalten:

6,47 DM

gegenüber 3,37 DM

seiner Fachgruppe im 3. Quart.

1956

6,65 DM

” 3,39 DM

” ” ” 4. ”

1956

6,31 DM

” 3,36 DM

” ” ” 1. ”

1957.

Der Kläger liegt damit um rund 100 % über dem Durchschnitt seiner Fachgruppe. Es sei richtig, daß der Kläger an Fremdleistungen je Fall nur 0,13 DM gegenüber 1,10 DM bei seiner Fachgruppe verordnet habe und daß die Durchschnittzahlen der Arbeitsunfähigkeitsfälle, Krankenhauseinweisungen und Verordnungskosten weit unter dem Durchschnitt lägen. Diese Tatsache sei von den Prüfungsinstanzen dadurch berücksichtigt, daß an den kleinen Sonderleistungen nur relativ geringe Abstriche vorgenommen worden seien.

Die Behauptung des Klägers, daß er den Gesamtkostenaufwand seiner ärztlichen Tätigkeit äußerst niedrig gehalten habe, könne jedoch widerlegt werden. Der Kläger liegt weit über dem Falldurchschnitt der homoöpathischen Ärzte in Hamburg. Dieser habe im 3. Quartal 1956 durchschnittlich 9,52 DM betragen, während er bei dem Kläger bei 11,54 DM liege. Werde der Kläger mit den übrigen Hamburger Homoöpathen verglichen, so seien seine Ersparnisse bei Arzneikosten und Krankenhauseinweisungen erheblich geringer als die von dem Kläger errechneten Zahlen.

Durch Urteil des SG Hamburg vom 28. Mai 1958 wurde die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Kürzungsbescheide der beklagten KV aufzuheben.

Er wiederholte und ergänzte seine bisherigen Ausführungen, daß eine allein auf Prüfrichtzahlen beruhende Schätzung der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise unzulässig sei. Auch dürfe nicht eine Sondergruppe der homoöpathischen Ärzte gebildet werden. Wen das aber schon geschehe, so dürften nicht nur die Arztleistungen in Gestalt von Beratungen, Besuchen und kleinen Sonderleistungen miteinander verglichen werden. Die Wirtschaftlichkeit seiner spezifischen Handhabung der Praxis komme gerade darin zum Ausdruck, daß er den Krankenkassen über den Durchschnitt seiner homoöpathischen Berufskollegen hinaus wesentliche Einsparungen bringe, indem er

  1. ungewöhnlich wenig Arzneimittel verschreibe,
  2. ungewöhnlich wenig Krankenhauseinweisungen vornehme,
  3. ungewöhnlich wenig Röntgenaufnahmen veranlasse,
  4. ungewöhnlich wenig Überweisungen an Spezialärzte vornehme.

Er könne für sich die Vermutung in Anspruch nehmen, daß jede von ihm getroffene Maßnahme ursächlich für die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlung sei. Im Streitfall habe die beklagte KV den Nachweis zu führen, daß ein solcher ursächlicher Zusammenhang nicht bestehe.

Die beklagte KV hat um

Zurückweisung der Berufung

gebeten. Sie führte aus, die Eigenart der Praxis des Klägers als eines homöopathischen Arztes bringe es mit sich, daß schwere Behandlungsfälle, wie sie sonst bei praktischen Ärzten häufig vorkämen, fehlten. Krankheiten wie Arthrosen, Lungenemphyseme, Asthma, Krebs, schwere dekompensierte Herzanfälle, frische und alte Verletzungen kämen in der Praxis des Klägers offensichtlich kaum vor. Darauf seien die Einsparungen an Fremdleistungen zurückzuführen. Im übrigen bestätige die veränderte Behandlungsweise des Klägers in den späteren Abrechnungszeiträumen, in denen der Kläger wesentlich weniger „kleine Sonderleistungen” abgerechnet habe, daß der Kläger diese Leistungen in den dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Abrechnungszeiträumen im Übermaß erbracht habe.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 20. Mai 1959). Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt mit dem Antrag,

die Urteile des LSG und des SG sowie die Kürzungsbescheide der beklagten KV für die Quartale III/1956 bis I/1957 aufzuheben.

Er wendet sich gegen die Auffassung des LSG, daß die Prüfungsinstanzen nicht anhand einzelner Behandlungsfälle die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des überprüften Arztes festzustellen brauchten. Die Prüfungsorgane müßten sich auf erkennbare und nachprüfbare Tatsachen stützen, so daß der überprüfte Kassenarzt die Möglichkeit habe, sich mit der Auffassung der Prüfstellen auseinanderzusetzen. – Es müsse dem verantwortungsbewußten Ermessen des Klägers überlassen bleiben, die Behandlungsmethode zu wählen, die den größten Erfolg verspreche. Durch besonders gründliche und umfassende, notfalls wiederholte Volluntersuchungen nach Nr. 19 der Preugo habe er mindestens die gleichen Erfolge wie seine Berufskollegen erzielt, die zwar weniger „kleinen Sonderleistungen” erbracht hätten, dafür aber in stärkeren Maße auf Fremdleistungen zurückgegriffen hätten. Soweit Vergleiche überhaupt zulässig seien, könnten sie nur mit der Gesamtgruppe der praktischen Ärzte, nicht aber mit der kleinen Gruppe der homöopathischen Ärzte angestellt werden. Diese sei mit 16 Ärzten zu klein, um allgemein gültige Durchschnittsbetrachtungen zu ermöglichen, zumal sie nicht als Fachärzte anerkannt seien.

Die beklagte KV hat

Zurückweisung der Revision

beantragt. Sie tritt den Ausführungen des angefochtenen Urteils über die Möglichkeiten und Grenzen einer individuellen Nachprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise grundsätzlich sei. Sei eine Häufung bestimmter aufwendiger Behandlungsmethoden nach allgemeinen Erfahrungsregeln bei Anlegung vernünftiger Wirtschaftlichkeitsmaßstäbe unter keinem Gesichtspunkt vertretbar, so dürften die Prüfungsinstanzen die Unwirtschaftlichkeit im Wege der Schätzung feststellen. – Der Kläger könne auch nicht beanspruchen, daß ihm für die gestrichenen „kleine Sonderleistungen” in entsprechenden Umfange mindestens Beratungen gutgeschrieben würden. Rechne man die in den angefochtenen Kürzungsbescheiden verfügten Kürzungen von 10 % bzw. 15 % nur auf die „eingehenden Untersuchungen” des Klägers in den fraglichen Abrechnungsquartalen an, so seien dem Kläger immer noch in mindestens 90 % seiner Fälle die „eingehenden Untersuchungen” honoriert, also das Dreifache von dem gewährt worden, was sonst einem praktischen Arzt zugebilligt werde. Die Zurückhaltung, mit der die Prüfungsinstanzen zu Kürzungsmaßnahmen geschritten seien, habe mehr als wettgemacht, daß dem Kläger für die gestrichenen kleinen Sonderleistungen nicht ausdrücklich Gutschriften für Beratungen erteilt worden seien.

II

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Kürzungsbescheide der beklagten KV vom 13. Februar 1957 (betr. III/1986), vom 29. März 1957 (betr. IV/1956) und vom 28. Juni 1957 (betr. I/1957) in der Gestalt des – sie bestätigenden – Bescheids des Beschwerdeausschusses der beklagten KV vom 22. August 1957 (vgl. § 95 SozialgerichtsgesetzSGG – i.V.m. § 368 n Abs. 4 Satz 7 Reichsversicherungsordnung – RVO –). Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Berufung zulässig ist. Die angefochtenen Verwaltungsakte betreffen „Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen” (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG) für einen Zeitraum von drei Vierteljahren (vgl. die Entscheidung des Senats vom gleichen Tage in der Sache 6 RKA 8/61). Die Berufung ist daher nach § 143 SGG statthaft.

2.) Von den drei Kürzungsbescheiden des Prüfungsausschusses weist der zuerst ergangene Bescheid (vom 13. Februar 1957) die Besonderheit auf, daß er einen Vorläufer (Bescheid vom 3. Januar 1957) gehabt hat, mit dem der „geschäftsführende Arzt” der beklagten KV dem Kläger eröffnete, daß „der Prüfer” die Honorarforderung für das 3. Quartal 1956 als überhöht angesehen habe und das auf die „kleinen Sonderleistungen” entfallende Honorar um 5 % gekürzt werde. Auf den Einspruch des Klägers hin hat derPrüfungsausschuß eine „individuelle Nachprüfung” vorgenommen, die Kürzung von 5 % auf10 % des auf die „kleinen Sonderleistungen” entfallenden Betrags erhöht und dem Kläger eine nochmalige Beschwerdemöglichkeit eröffnet.

Der Kläger hat dieses Verfahren, insbesondere seine Schlechterstellung durch den zweiten Kürzungsbescheid, nicht beanstandet. Trotzdem wäre ein hierin liegender Mangel des Verfahrens vor dem Prüfungsausschuß vom Revisionsgericht zu berücksichtigen; den er wäre kein „Verfahrensmangel” i. S. des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG – der nur auf Rüge hin zu beachten wäre –, sondern ein die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids betreffender Mangel, der bei einer statthaften Revision von Amts wegen zu beachten wäre.

Ob – und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen – die zur Entscheidung über den Einspruch berufene Verwaltungsstelle den angegriffenen Verwaltungsakt zum Nachteil des Adressaten des Verwaltungsakts ändern darf, kann jedoch im vorliegenden Rechtsstreit auf sich beruhen; denn es erweist sich bei näherer Prüfung, daß erst der Bescheid vom 13. Februar 1957 der „ursprüngliche Verwaltungsakt” i. S. des § 95 SGG ist, der den Streitgegenstand bildet. Der erste Kürzungsbescheid vom 3. Januar 1957 war das Ergebnis einer Überprüfung durch den „Prüfer”. Gegen die Einschaltung eines solchen ärztlichen Vorprüfers (vgl. auch § 4 der Prüfordnung der beklagten KV vom 22. Januar 1959) ist rechtlich nichts einzuwenden, wenn diesem Arzt nur Maßnahmen der Vorbereitung für die Entscheidung des Prüfungsausschusses übertragen sind. Eine Prüfungsentscheidung durch ein einzelnes Mitglied des Prüfungsausschusses widerspricht aber der gesetzlichen Regelung. Die RVO kennt zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung – in der ersten Instanz – nur Prüfungsausschüsse (§ 368 n Abs. 4 RVO). Wie der Bundesgerichtshof (BGHB 21, 294 = DVBl 1957, 24) zutreffend festgestellt hat, setzt das Zustandekommen eines durch ein Kollegium zu erlassenden Verwaltungsakts ein Dreifaches voraus: die Willensbildung der Mitglieder des Kollegiums, die Beschlußfassung durch Abstimmung und die Verlautbarung des Beschlusses. Fehlt es an der Willensbildung und Beschlußfassung des kollegialen Verwaltungsorgans, so leidet der Verwaltungsakt an einem schweren Mangel. Ob dieser Mangel in jedem Fall zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führt (so BGH aaO) oder ob der Mangel der fehlenden Kollegialentscheidung den Verwaltungsakt nicht schlechthin nichtig macht, sondern diese Folge nur dann hat, wenn der Mangel nach außen erkennbar ist (so Oberverwaltungsgericht Münster, DVBl 1957, 21 und Ule, DVBl 1957, 26 in der Besprechung der beiden genannten Urteile), kann im vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen; denn der Bescheid des „Prüfers” vom 3. Januar 1957 läßt klar erkennen, daß ein einzelner Arzt die Entscheidung getroffen hat. Diesem Verwaltungsakt ist somit der schwere – sein Zustandekommen betreffende – Verfahrensmangel „an die Stirn geschrieben”. Er ist daher nichtig.

Erst auf den Einspruch des Klägers hin hat somit überhaupt ein ordnungsmäßiges Prüfverfahren stattgefunden, das erstmals zu einem zu einem wirksamen Prüfungsbescheid – und zwar des Prüfungsausschusses als des berufenen Prüfungsorgans – geführt hat. Dieses Prüfverfahren war nach keiner Richtung hin durch den vorausgegangenen – nichtigen – Verwaltungsakt begrenzt.

3.) Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte hatte der Senat – wie auch die Vorinstanzen – nicht nur die Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die derBegründung dieser Verwaltungsakte zu entnehmen sind.

Die Prüfungsbescheide müssen zwar ausreichend begründet sein; für die Bescheide des Beschwerdeausschusses ergibt sich das aus dem Gesetz (§ 368 n Abs. 4 Satz 6 RVO i.V.m. § 85 Abs. 3 SGG), für die Bescheide des Prüfungsausschusses aus der Natur der Sache (BSG 11, 102, 116 f). So bedeutsam auch dieser Begründungszwang zur Verhütung übereilter, summarischer Prüfungsbescheide und zur Sicherung der Verteidigungsposition des überprüften Kassenarztes ist, so darf er doch nicht in dem Sinne verstanden werden, daß er ein weiteres Vorbringen zur Stütze des angefochtenen Verwaltungsakte ausschließt. Die Begründung muß die rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte erkennen lassen, auf die die Prüfungsinstanz ihren Prüfungsbescheid gestützt hat. Ist aber dem Bescheid eine in diesem Sinne ausreichende Begründung mitgegeben, so ist damit dem Erfordernis des Begründungszwangs genügt. Die Verwaltungsbehörde darf im gerichtlichen Verfahren neue Gesichtspunkte rechtlicher oder tatsächlicher Art ins Feld führen, sofern der angefochtene Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Wesensgehalt und Ausspruch verändert und der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung wesentlich beeinträchtigt wird (BSG 3, 209, 216; 7, 8, 12; 7, 257, 261; 8, 125, 128; 9, 232, 235; 10, 209, 211). Die letztgenannte – vom 3. Senat besonders betonte (vgl. BSG 3, 209, 216) – Voraussetzung darf dabei nicht so aufgefaßt werden, daß schon der Umstand, daß die nachgeschobenen Gründe erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden, eine Beeinträchtigung der Rechtsverteidigung bedeutet; denn damit wäre ein Nachschieben von Gründen im Prozeß in aller Regel überhaupt ausgeschlossen, weil die Geltendmachung bisher nicht herangezogener Tatsachen und Gesichtspunkte zur Rechtfertigung des durch Klage angegriffenen Verwaltungsakte die Prozeßsituation des Klägers, der sich auf die Bekämpfung der in der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts angeführten Gründe eingestellt hat, regelmäßig erschweren wird. Insofern genügt es, daß der Kläger rechtliches Gehör zur Einlassung auf die veränderten Gesichtspunkte erhält, und falls er nach Kenntnis und in Würdigung der neuen Gründe die Hauptsache für erledigt erklärt oder die Klage zurücknimmt (vgl. § 102 Satz 3 SGG), von der Kostenlast freigestellt wird.

Im vorliegenden Rechtsstreit sind somit auch die erst im gerichtlichen Verfahren von der beklagten KV geltend gemachten Gründe – insbesondere die vergleichende Betrachtung der Behandlungsweise des Klägers mit der sich aus den Durchschnittswerten ergebenden Praxis der Fachgruppe der homöopathischen Ärzte – bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte zu berücksichtigen.

4.) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Prüfungsinstanzen der KV nur dann zu Kürzungen der Honorarforderung des überprüften Kassenarztes schreiten dürfen, wenn dessen Behandlungsweise unwirtschaftlich ist; denn die Prüfungsausschüsse sind „zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen” eingesetzt (§ 368 n Abs. 4 Satz 1 RVO). Die einschlägigen sachrechtlichen Vorschriften verwenden zur Kennzeichnung des Ausmaßes der Krankenpflege von Versicherten z.T. andere Begriffe (vgl. § 162 Abs. 2 RVO: „ausreichend”, „zweckmäßig”, „das Maß des Notwendigen nicht überschreitend”; § 368 e RVO: „zweckmäßig”, „ausreichend”, „für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig”, „unwirtschaftlich”). Diese Begriffe stehen jedoch in einem untrennbaren inneren Zusammenhang. Was zur Erzielung des Heilerfolgen nicht notwendig oder zweckmäßig ist, ist begrifflich auch unwirtschaftlich. Die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise folgt daraus, daß Überflüssiges (mehr, als „notwendig” oder „ausreichend” ist) getan wird oder daß – an sich geeignete – Behandlungsmethoden gewählt werden, die aufwendiger als andere zum gleichen Erfolg führende Behandlungsweisen sind (nicht „zweckmäßig”). Insofern trägt der für die Tätigkeit der Prüfungsinstanzen der KV-en maßgebende Begriff der„Wirtschaftlichkeit” die anderen genannten Sachvoraussetzungen in sich.

Mit Recht hat das LSG diesen Begriff als unbestimmten Rechtsbegriff aufgefaßt, der im Streitfall der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (BSG 11, 102, 117). Ebenso ist nicht zu beanstanden, daß das LSG es im Grundsatz gebilligt hat, daß die Prüfungsinstanzen der beklagten KV die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers bei dem gegebenen Sachverhalt nicht anhand einzelner Behandlungsfälle, sondern auf Grund einer vergleichenden, von Durchschnittswerten ausgehenden Betrachtung getroffen hat. Der Senat hat bereits entschieden, daß abgesehen von den vergleichsweise seltenen und weniger bedeutsamen Fällen, in denen eine Einzelfallprüfung praktisch durchführbar ist, es für den Nachweis unwirtschaftlichen Behandlung nicht der Einzelfallprüfung bedarf, wenn diese nicht durchführbar ist oder unverhältnismäßige Schwierigkeiten oder Aufwendungen verursachen würde (aaO S. 114). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Wenn in einem Vierteljahr, wie die beklagte KV zur Illustration glaubhaft vorträgt, erfahrungsgemäß etwa 800 000 Krankenscheine der RVO-Kassen abzurechnen sind und hieraus regelmäßig mehr als ein Viertel einer Nachprüfung unterzogen werden muß, so würden die Prüfungsausschüsse mit ihren wenigen – ehrenamtlichen – Mitgliedern („mindestens drei”: § 2 Abs. 1 Satz 2 der schon erwähnten Prüfordnung) ihren Prüfpflichten nicht im entferntesten genügen können, wenn der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit allgemein anhand von Einzelfallprüfungen geführt werden müßte. Mit Recht weist das LSG in diesem Zusammenhang darauf hin, daß keine gesetzliche Handhabe dafür besteht, Patienten, die von dem zu überprüfenden Kassenarzt behandelt worden sind, von den Prüfungsinstanzen zur Vernehmung oder von beauftragten Gutachten zur Begutachtung vorzuladen. Selbst wenn man annimmt, daß der eine oder andere Versicherte auch ohne rechtlichen Zwang einer Vorladung folgen würde, bleibt doch sehr fraglich, ob solche – auf jeden Fall lästigen – Vernehmungen oder Untersuchungen, die unmittelbar jedenfalls nur für das Abrechnungsverfahren zwischen Kassenarzt und KV von Bedeutung sind, den Versicherten nicht besser erspart bleiben sollten. Derartige Einzelfalluntersuchungen können nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein.

Allerdings muß auch eine auf vergleichender Betrachtung beruhende Prüfung „individuell” in dem Sinn sein (BSG aaO S. 115), daß durch eine zweckentsprechende Auswahl der Vergleichstatbestände den Besonderheiten der Praxis des zu überprüfenden Arztes Rechnung getragen wird. Wer daher der in den angefochtenen Kürzungsbescheiden gewählte Vergleichsmaßstab – die Durchschnittswerte in der Fachgruppe aller praktischer Ärzte des Abrechnungsgebietes – noch relativ allgemein (d. h. nicht individuell), so entsprach die spätere Invergleichsetzung des Klägers mit der engeren Gruppe der homöopathischen Ärzte durchaus dem Ziel einer möglichst verfeinerten Vergleichswertung. Zwar ist dem Kläger darin recht zu geben, daß auch innerhalb der Gruppe der Ärzte homöopathischer Fachrichtung verschiedene Auffassungen über zweckentsprechende Behandlungs- und Untersuchungsmethoden bestehen. Aber die Erfahrung läßt doch den Schluß zu, daß bei dieser von einer gleichen Grundauffassung her bestimmten Arztgruppe mehr Übereinstimmung in der Behandlungsweise – und auch im „Krankengut” – besteht, als es bei der viel stärker differenzierten großen Gruppe aller praktischen Ärzte der Fall ist. Der Vergleich des Klägers mit der Gruppe seiner engeren Fachkollegen ist daher sachgemäß. Er zeigt, daß der Kläger mit den „kleinen Sonderleistungen”weit über dem Durchschnitt der anderen homöopathischen Ärzte liegt (in III/1956 7,19 DM je Behandlungsfall gegenüber 2,37 DM), so daß auch den vom Kläger vorgebrachten Bedenken, die Vergleichsgruppe von nur 16 Ärzten sei zu klein, hier kein Gewicht zukommt.

Der Kläger muß sich auch einen Vergleich mit seiner eigenen Behandlungstätigkeit in anderen Abrechnungszeiträumen gefallen lassen (BSG aaO S. 114 f). Wie das LSG festgestellt hat, sind die „kleinen Sonderleistungen” – und zwar beginnend bei II/57 mit einem Rückgang von mehr als 25 % gegenüber I/57, dem letzten hier im Streit befindlichen Abrechnungsabschnitt – bis I/59 auf einen Stand zurückgefallen, der dem Kläger mit seinen Grundleistungen dicht an den Gesamtdurchschnitt der praktischen Ärzte heranführt. Wenn – nach den eigenen Angaben des Klägers – das „Krankengut” seiner Praxis sich nicht verbessert, sondern eher etwas verschlechtert hat und seine Patienten trotz der Änderung der Behandlungsweise, wie er vorträgt, unverändert gut versorgt werden, so zeigt dieser Vergleich zum mindestens, daß auch dem Kläger eine sachgemäße Betreuung seiner Patienten ohne übermäßige Inanspruchnahme von „kleinen Sonderleistungen”, insbesondere von „eingehenden Untersuchungen” (Nr. 19 der Preugo) in dem Maße möglich ist, wie es in den Vierteljahren III/56 bis I/57 der Fall war.

Wenn der Kläger demgegenüber darauf verweist, daß bei der Frage der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eine einzelne Leistungsgruppe („kleine Sonderleistungen”) nicht für sich allein betrachtet werden dürfe, so trifft diese Auffassung jedenfalls insoweit zu, als die durch eine bestimmte Behandlungs- oder Untersuchungsmethode in anderen Behandlungsbereichen erzielten Ersparnisse bei der Gesamtabwägung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Kassenarztes mit in Rechnung zu stellen sind. Ein solcher Ausgleich des mit einer bestimmten Behandlungsweise verbundenen höheren Aufwands durch einen Minderaufwand bei anderen Leistungen setzt aber voraus, daß der Mehraufwandursächlich für die Ersparnis auf der anderen Seite ist. Irrig ist die Annahme des Klägers, eine „ganzheitliche” Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines Kassenarztes sei in dem Sinne möglich, daß jedem Kassenarzt ein bestimmter Durchschnittswert für erbringbare Leistungen (unter Einschluß der Fremdleistungen) je Behandlungsfall „zur Verfügung stehe” und daß das Gebot der Wirtschaftlichkeit jedenfalls dann nicht verletzt sei, wenn der Kassenarzt nurinsgesamt mit seinen Leistungen in einem Abrechnungszeitraum diesen Durchschnittswert nicht Überschritten habe. Diese Betrachtungsweise übersieht, daß der Minderaufwand bei bestimmten Leistungsgruppen auf Gründen beruhen kann, die von der besonderen Art der Behandlungsweise des Arztes unabhängig sind. So kann die Zusammensetzung des „Krankenguts” hierfür von Bedeutung sein. Wenn beim Kläger, wie die beklagte KV in diesem Zusammenhang mit Recht hervorhebt, bestimmte Arten schwerer Behandlungsfälle (Arthrosen, Lungenemphyseme, Asthma, Krebs, schwere dekompensierte Herzanfälle, frische und alte Verletzungen), wie sie sonst in der Praxis praktischer Ärzte nicht selten sind, kaum vorkommen, so erklärt das zum großen Teil, warum die mit solchen Behandlungen erfahrungsgemäß verbundenen aufwendigeren Leistungen einschließlich der Fremdleistungen fehlen und der Durchschnittsbetrag der entsprechenden Leistungsgruppen des Klägers niedriger als der Gesamtdurchschnitt ist. Jedenfalls kann der Kläger den auffälligen Mehraufwand an „kleinen Sonderleistungen” nicht schon damit rechtfertigen, daß er auf die niedrigeren Durchschnittsweise bei anderen Leistungsgruppen und Fremdleistungen hinweist, wenn nicht der ursächliche Zusammenhang zwischen Mehr- und Minderleistungen dargetan ist.

Entgegen der Meinung der Revision besteht auch keineVermutung, daß ein solcher ursächlicher Zusammenhang besteht, was zur Folge hätte, daß die Prüfungsinstanzen durch Gegenbeweise diese Vermutung ausräumen müßten. Die „Ersparnisse” bei bestimmten Leistungsgruppen können so vielfältige Ursachen haben, daß es eine unzulässige Vereinfachung wäre, wenn sie unterschiedslos in erster Linie auf eine bestimmte Behandlungsweise – z. B. auf „eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende physikalische Untersuchung der Brust- und Bauchorgane” (Nr. 19 der Preugo) oder bestimmte Injektionen (Nr. 25 c der Preugo) – zurückgeführt würden. Vielmehr gilt in dieser Hinsicht, was der Senat bereits über die Verpflichtung des überprüften Arztes zur Mitwirkung an der Aufklärung der Umstände zum Ausdruck gebracht hat, die geeignet sind, den aus der statistischen Vergleichsbetrachtung herrührenden ersten Anschein der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise zu widerlegen (vgl. aaO S. 115 f). Im vorliegenden Fall haben die Prüfungsinstanzen die ihnen aus den Abrechnungsunterlagen zugänglichen „individuellen” Umstände – wie Umfang der Praxis und Zusammensetzung des Krankenguts (vgl. BSG aaO S. 116) – in Rechnung gestellt. Für die weiteren entlastenden Umstände, die der Kläger bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise berücksichtigt wissen will – nämlich der Minderaufwand bei bestimmten Leistungsgruppen sowie die „Ersparnisse” an Fremdleistungen – genügte nicht die Tatsache, daß sie gegeben waren, oder der allgemeine Hinweis darauf, daß im Einzelfall eine ursächliche Beziehung zwischen dem Mehraufwand bei den „kleinen Sonderleistungen” und dem Mehraufwand in anderen Leistungsbereichen bestehenkönnte. Vielmehr wäre es Sache des Klägers gewesen, substantiiert darzulegen, in welchen Bereichen er kompensationsfähige „Ersparnisse” erzielt hat, und zwar in einem Ausmaß, daß ein Ausgleich zwischen Mehr- und Minderaufwand hergestellt ist. Daß es für den Kassenarzt nicht einfach ist, dieser Darlegungspflicht zu genügen, liegt auf der Hand. Für die Mitglieder des Prüfungsausschusses wäre aber ohne eine solche Mitwirkung des Kassenarztes die Aufhellung der schwer zu beurteilenden Zusammenhänge zwischen Mehr- und Minderaufwand schlechterdings unmöglich. Unterläßt es der überprüfte Kassenarzt, konkrete Zusammenhänge in dem erforderlichen Umfange aufzuzeigen, so muß er es hinnehmen, daß der Prüfungsausschuß nach seinem ärztlichen Erfahrungswissenschätzt, welchen Einfluß die vom Kassenarzt bevorzugte – gegenüber dem Durchschnitt aufwendigere – Behandlungsweise auf den Minderaufwand in anderen Leistungsbereichen gehabt hat (vgl. dazu BSG aaO S. 114). Das haben die Prüfungsinstanzen auch im vorliegenden Fall getan mit dem Ergebnis, daß ihrer Auffassung nach selbst nach Durchführung der von ihnen verfügten Kürzung der Honorarforderung die auf die Vielzahl der „kleinen Sonderleistungen” zurückzuführende Unwirtschaftlichkeit nicht in vollem Umfange durch kompensationsfähige Ersparnisse in anderen Leistungsbereichen wettgemacht wird.

Allerdings haben sowohl der Prüfungsausschuß als auch der Beschwerdeausschuß davon abgesehen, das genaue Ausmaß der Auswirkungen der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers festzustellen. Die Prüfungsinstanzen haben sich damit begnügt – einer, wie es scheint, allgemeinen Praxis folgend –, einen Kürzungsbetrag festzusetzen, der jedenfalls noch im Rahmen des auf der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise beruhenden Mehraufwands liegt. Ein solches Verfahren wäre dann nicht unbedenklich, wenn die Prüfungsorgane verpflichtet wären, eine volle Wiedergutmachung im Sinne einer Schadensersatzleistung durch den Kassenarzt herbeizuführen. Dafür könnte sprechen, daß jedes Entgegenkommen der Prüfungsinstanzen bei der Festsetzung des Kürzungsbetrages zu Lasten der übrigen Kassenärzte geht, deren Anteil an der Gesamtvergütung entsprechend geschmälert wird. Auf der anderen Seite sind triftige Gründe denkbar, die es – auch im Interesse der Versicherten – ratsam erscheinen lassen, dem Kassenarzt die Unwirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise nicht in voller Schärfe vor Augen zu führen. So wird es häufig genügen, einem noch nicht lange zur Kassenpraxis zugelassenen Arzt die Beachtung des Erfordernisses der Wirtschaftlichkeit durch relativ bescheidene Kürzungsmaßnahmen nahe zu legen, die erst bei fehlender Einsicht bis zur Höhe des auf Unwirtschaftlichkeit beruhenden Mehraufwands gesteigert werden würden. Vor allem aber fällt ins Gewicht, daß der Rechtsbegriff der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise einen – „niemals völlig objektivierbaren” (BSG aaO S. 118) – Beurteilungsspielraum enthält. Wären die Prüfungsinstanzen genötigt, den vollen Betrag des auf die Unwirtschaftlichkeit entfallenden Mehraufwands durch Kürzung der Honorarforderung „hereinzuholen”, so müßten ihre Kürzungsentscheidungen jene Zone des Beurteilungsspielraums berühren, die besonders umstritten ist und die meisten Angriffsflächen bietet. Die Folge wäre eine starke Zunahme der Honorarstreitigkeiten, die dem Interesse der Wahrung des Rechtsfriedens innerhalb der kassenärztlichen Selbstverwaltung abträglich wäre. Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Prüfungsinstanzen von der genauen Feststellung des auf der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise beruhenden Mehraufwands absehen und sich nach pflichtgemäßen Ermessen mit der Festsetzung einer Kürzung der Honorarforderung begnügen, die sichjedenfalls noch im Rahmen des auf die Unwirtschaftlichkeit entfallenden Mehraufwands hält.

Demnach sind die angefochtenen Bescheide der Prüfungsinstanzen der beklagten KV rechtmäßig. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 707814

BSGE, 79

NJW 1963, 410

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge