Leitsatz (amtlich)

Das 1988 ausgezahlte Kapital einer befreienden Lebensversicherung kann zur Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung aufgrund einer erst 1995 in Kraft getretenen Satzungsbestimmung nicht mehr herangezogen werden.

Stand:27. März 2000

 

Beteiligte

Siemens-Betriebskrankenkasse

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. November 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18. September 1996 aufgehoben.

Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1995 wird aufgehoben, soweit darin für die Zeit ab August 1994 ein höherer Krankenversicherungsbeitrag als monatlich 522,22 DM festgesetzt worden ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.

Der im Juli 1929 geborene Kläger war zuletzt von März 1988 bis November 1996 freiwilliges Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse. Aufgrund einer von ihm abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung war er ab Januar 1968 von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit. Nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben löste er die auf das 65. Lebensjahr abgeschlossene Lebensversicherung vorzeitig zum 1. November 1988 auf. Das im November 1988 ausgezahlte Kapital von 101.000 DM verwendete er zur Rückzahlung eines Bankdarlehens und für sonstige Ausgaben.

Als die Beklagte später hiervon Kenntnis erhielt, verlangte sie vom Kläger mit Bescheid vom 12. Oktober 1994 ab 1. August 1994 Höchstbeiträge. Dabei legte sie der Beitragsbemessung neben der ab August 1994 gezahlten Altersrente aus der Angestelltenversicherung (monatlich 993 DM) und einer Betriebsrente (monatlich 4.076 DM) bis zur Beitragsbemessungsgrenze (1994 monatlich 5.700 DM) auch einen Teilbetrag (631 DM) der ausgezahlten Lebensversicherung zugrunde, von der bei einer Verteilung auf zehn Jahre ein Einhundertzwanzigstel monatlich 841,67 DM betrug. Den gegen die Einbeziehung seiner Lebensversicherung erhobenen Widerspruch wies sie zurück, weil auch das ausgezahlte Kapital seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinflusse. Als nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung sei es gemäß § 229 Abs 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vom Zeitpunkt der Auszahlung an auf einen Zeitraum von zehn Jahren zu verteilen und satzungsgemäß in Höhe von monatlich einem Einhundertzwanzigstel der ausgezahlten Summe zu berücksichtigen (Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 1995).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 18. September 1996 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 26. November 1998 zurückgewiesen. Die Satzung der Beklagten regle in § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst i zwar erst seit 1. Januar 1995 ausdrücklich, wie eine befreiende Kapital-Lebensversicherung bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder behandelt werde. Dies stehe einer anteiligen Berücksichtigung der 1988 ausgezahlten Lebensversicherungssumme ab August 1994 aber nicht entgegen, weil die Satzung der Beklagten für freiwillige Mitglieder bereits vor 1995 auf die Beitragsregelung für versicherungspflichtige Mitglieder Bezug genommen habe. Bei diesen sei der Beitragsbemessung ua der Zahlbetrag einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde zu legen. Die befreiende Lebensversicherung sei „der Gruppe der Renten zuzuordnen” und somit auch bei freiwilligen Mitgliedern mit ihrem Zahlbetrag zu berücksichtigen. Sie sei „von der gesetzlichen Konzeption her ein Surrogat für die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung”. Soweit es um die Höhe des berücksichtigungsfähigen Betrages gehe, sei § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend anzuwenden. Die Beklagte habe diesen Rechtsgedanken in der zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Neufassung des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst i ihrer Satzung herangezogen und damit nur klargestellt, was sich bereits zuvor aus § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V sowie § 180 Abs 4 und 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergeben habe. Deshalb und weil die Beklagte Beiträge aus der Lebensversicherung „lediglich für die Restzeit” ab August 1994 verlange, habe sie auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.

Der Kläger rügt mit seiner Revision sinngemäß eine Verletzung der §§ 229, 240 SGB V. Er beantragt,

das Urteil des LSG vom 26. November 1998 und das Urteil des SG vom 18. September 1996 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1995 aufzuheben, soweit darin für die Zeit ab August 1994 ein höherer Krankenversicherungsbeitrag als monatlich 522,22 DM festgesetzt worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist begründet.

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1995, soweit mit ihm auch auf die verteilte Kapital-Lebensversicherungssumme Beiträge erhoben wurden. Der Bescheid ist insoweit rechtswidrig. Er verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil seine Beiträge hierdurch zu hoch festgesetzt wurden.

2. Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder richtet sich seit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) am 1. Januar 1989 nach § 240 SGB V. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt (Abs 1 Satz 1), wobei sicherzustellen ist, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs 1 Satz 2). Die Satzung der Krankenkasse muß mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (Abs 2 Satz 1).

Auf dieser gesetzlichen Grundlage hat die Beklagte in ihrer Satzung Bestimmungen zur Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder getroffen. Diese sind revisibles Recht (vgl § 162 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Bis zum 31. Dezember 1994 sah die Satzung der Beklagten bei freiwilligen Mitgliedern eine Beitragspflicht für das ausgezahlte Kapital einer befreienden Lebensversicherung nicht ausdrücklich vor. Der am 1. Januar 1995 in Kraft getretene § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst i der Satzung ordnet zwar die Beitragspflicht der Leistungen aus befreienden Lebensversicherungen auch bei einer Kapitalauszahlung an. Diese Regelung erfaßt jedoch beim Kläger die bereits im November 1988 ausgezahlte Kapitalsumme nicht mehr.

3. Das im November 1988 ausgezahlte Kapital der befreienden Lebensversicherung unterlag nach Ablauf des Jahres 1988 nicht mehr der Beitragspflicht. Beiträge waren nach dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Recht nach dem Grundlohn zu erheben (§ 385 Abs 1 Satz 1 RVO). Der Grundlohn richtete sich bei gesetzlichen Krankenkassen wie der beklagten Betriebskrankenkasse für freiwillige Mitglieder, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen, nach § 180 Abs 7 RVO, der die entsprechende Anwendung des § 180 Abs 5 RVO anordnete und damit die Beitragspflicht auf den Zahlbetrag einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, von Versorgungsbezügen und von Arbeitseinkommen beschränkte. Bezog der Versicherte keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (wie der Kläger bis Juli 1994) richtete sich der Grundlohn nach § 180 Abs 4 RVO. Dessen Satz 1 sah vor, daß im Rahmen der näher bezeichneten Ober- und Untergrenze als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt galt. Nach Satz 3 bestimmte, wenn sich kein Grundlohn ermitteln ließ, die Kasse den Grundlohn.

a) Das im November 1988 ausgezahlte Kapital war keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung iS des § 180 Abs 5 Nr 1 RVO (ab 1989: § 228 Abs 1 SGB V). Eine solche lag nur vor, wenn die Rente damals nach den Vorschriften der RVO, des Angestelltenversicherungsgesetzes oder des Reichsknappschaftsgesetzes erworben wurde. Hieran fehlt es. Der Abschluß der Lebensversicherung hatte beim Kläger zwar dazu geführt, daß er im Jahre 1968 von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit worden war. Dennoch läßt es dieser Zusammenhang entgegen der Ansicht des LSG und der Beklagten nicht zu, das aufgrund privatrechtlichen Vertrages erworbene und von einem privaten Versicherungsunternehmen aus einer befreienden Lebensversicherung gezahlte Kapital wie eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu behandeln. Was der Rente vergleichbare Einnahmen sind, war bis Ende 1988 als Versorgungsbezüge iS von § 180 Abs 8 Satz 2 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V) beschrieben und abschließend festgelegt (dazu unten b). Andere als die dort genannten Einnahmen waren weder als Rente noch als Versorgungsbezüge beitragspflichtig, selbst wenn sie wirtschaftlich betrachtet die Funktion eines Alterseinkommens hatten.

b) Die Kapitalzahlung gehörte nicht zu den in § 180 Abs 8 Satz 2 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V) aufgeführten wiederkehrenden Leistungen, die als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten. § 180 Abs 8 Satz 4 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V) sah ergänzend vor, daß dann, wenn an die Stelle der in Satz 1 genannten Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung trat, ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag galt. Diese Vorschrift (§ 180 Abs 8 RVO, jetzt: § 229 Abs 1 SGB V) bestimmte abschließend, in welchen Fällen Kapitalleistungen als Versorgungsbezüge galten und damit bei den im Gesetz genannten Personengruppen beitragspflichtig waren, und ferner, ob und wie sie für die Beitragsbemessung zu verteilen waren (vgl BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 10 zur Regelung in § 229 SGB V).

Beim Kläger gehörte das ausgezahlte Kapital nicht zu den Versorgungsbezügen. Es war insbesondere keine Rente der betrieblichen Altersversorgung iS des § 180 Abs 8 Nr 5 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Derartige Renten können zwar auch durch Zahlungen privater Versicherungsunternehmen erbracht werden, jedoch ist hierfür erforderlich, daß zwischen dem Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung und der früheren Berufstätigkeit jedenfalls bei typisierender Betrachtung (vgl BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 6 S 23) ein Zusammenhang besteht (vgl BSGE 70, 105, 109 = SozR 3-2500 § 229 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 7 S 29; SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 68). Dieser liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats vor, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine private Lebensversicherung auf Rentenzahlung im Alter zB in Form einer Direktversicherung abgeschlossen hat (BSG SozR 2200 § 180 Nr 47 S 203; SozR 3-2500 § 229 Nr 13 S 66; SozR 3-2500 § 229 Nr 15 S 77, jeweils Direktversicherung; SozR 3-2500 § 229 Nr 10 S 57, Gruppenversicherungsvertrag). Dies war hier nicht der Fall. Der Vertrag über die befreiende Lebensversicherung wurde weder vom Arbeitgeber des Klägers abgeschlossen noch war er seinem Zweck nach darauf gerichtet, dem Kläger eine zusätzliche, seinem Arbeitgeber (dem Betrieb) zurechenbare Altersvorsorge zu verschaffen.

c) Ob das ausgezahlte Kapital, wenngleich es nicht zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung oder den Versorgungsbezügen zählte, gleichwohl als „sonstige Einnahme zum Lebensunterhalt” dem beitragspflichtigen Grundlohn zuzurechnen war oder ob es dazu einer (hier nicht vorhandenen) Satzungsregelung bedurft hätte, kann offenbleiben. Jedenfalls wäre für eine Verteilung des Kapitals auf die Zeit nach seiner Auszahlung eine entsprechende Regelung erforderlich gewesen, an der es damals fehlte. Einnahmen können der Beitragsbemessung bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nämlich nur in dem Monat zugrunde gelegt werden, in dem der Anspruch auf sie entsteht oder in dem sie ausgezahlt werden. Sie bleiben für die Beitragsbemessung außer Ansatz und damit endgültig beitragsfrei, wenn und soweit sie im Kalendermonat ihrer Entstehung oder Auszahlung (sog Zuflußprinzip) die monatliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigen. Auf andere Zeiträume können sie nur „umgelegt” werden, soweit dies ausdrücklich vorgesehen ist. Solche Ausnahmen vom Zuflußprinzip waren im Gesetz schon vor 1989 für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (zB Weihnachts- oder Urlaubsgeld) und für nachträglich kapitalisierte Versorgungsbezüge vorgesehen, hier aber nicht gegeben.

Die Regelung über einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 385 Abs 1a RVO, jetzt: § 23a des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) ließ eine Verteilung von Einmalzahlungen, die bei ihrer Auszahlung zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt die anteilige monatliche Beitragsbemessungsgrenze überstiegen, nur auf zurückliegende Kalendermonate zu. Auch soweit die Krankenkassen befugt sind, bei freiwilligen Mitgliedern das im Laufe eines Jahres zu erwartende einmalig gezahlte Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Zuflusses monatlich mit einem Zwölftel zu berücksichtigen (BSGE 76, 242 = SozR 3-2500 § 240 Nr 22), gilt das nur für das betreffende Jahr. Der Beklagten geht es hier jedoch darum, das 1988 ausgezahlte Kapital auch für Zeiten ab August 1994 heranzuziehen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt beim Kläger auch kein Fall des § 180 Abs 8 Satz 4 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V) vor, der abweichend vom Zuflußprinzip die anteilige Berücksichtigung kapitalisierter Versorgungsbezüge in weiteren Zeiten nach der Auszahlung des Kapitals zuließ. Diese Regelung soll verhindern, daß Versicherte ihre Versorgungsbezüge der Beitragsbemessung entziehen, indem sie anstelle der beitragspflichtigen laufenden Bezüge eine (weitgehend) beitragsfreie Kapitalleistung vereinbaren (vgl BSGE 10, 14 = SozR 2200 § 180 Nr 25 S 93 und BSG SozR § 180 Nr 47 S 205; BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 4 S 16). War zB eine wiederkehrende Leistung aus einer privaten Lebensversicherung den Renten der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, blieb die Beitragspflicht auch bestehen, wenn der Arbeitnehmer mit der Versicherungsgesellschaft nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbarte, daß die bereits geschuldete laufende Rente durch eine Kapitalleistung ersetzt und abgegolten wurde. Nur für diesen Fall war im Gesetz angeordnet, daß für einen Zeitraum von längstens 120 Monaten ein Einhundertzwanzigstel der Leistung (des ausgezahlten Kapitals) als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge galt. War dagegen von vornherein oder jedenfalls noch vor dem Versicherungsfall anstelle der nach dem Versicherungsvertrag geschuldeten laufenden Rentenleistungen und zu deren Abfindung eine Kapitalleistung vereinbart, trat diese nicht iS des § 180 Abs 8 Satz 4 RVO (jetzt: § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V) an die Stelle der Versorgungsbezüge; sie blieb vielmehr beitragsfrei (vgl BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 10 S 58).

Eine nachträgliche Änderung der Zahlungsweise einer Lebensversicherung liegt hier nicht vor. Unabhängig davon, daß es sich bei der dem Kläger ausgezahlten Lebensversicherung schon nicht um beitragspflichtige Versorgungsbezüge handelte (s oben 3b), trat die Kapitalleistung nicht an die Stelle regelmäßig wiederkehrender Rentenzahlungen des Versicherungsunternehmens. Vielmehr wurde das Kapital, wie von vornherein vereinbart, in einer Summe ausgezahlt.

Eine Regelung, nach der auch Kapitalzahlungen als Grundlohn gelten, diese auf einen Zeitraum von zehn Jahren nach ihrer Auszahlung zu verteilen und monatlich mit den sich ergebenden Teilbeträgen der Beitragsbemessung unterliegen, sah die Satzung der Beklagten 1988 noch nicht vor. Damit war das Kapital der Lebensversicherung in der freiwilligen Krankenversicherung des Klägers jedenfalls bei Ablauf des Jahres 1988 kraft Gesetzes oder Satzung nicht mehr beitragspflichtig.

4. Das neue, ab 1. Januar 1989 geltende Recht des SGB V hat die Lebensversicherung des Klägers nicht mehr erfaßt. Die erst am 1. Januar 1995 in Kraft getretene, von der Beklagten mit Bescheid vom 12. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1995 unzulässigerweise und zudem rückwirkend ab August 1994 angewandte Satzungsregelung des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst i konnte das beim Jahreswechsel 1988/89 bestehende Ergebnis (Beitragsfreiheit der Kapitalzahlung) nicht mehr ändern.

§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst i der Satzung lehnt sich an § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V an, stellt entgegen der Ansicht der Beklagten aber nicht nur klar, was kraft Gesetzes schon immer rechtens war. Die Vorschrift erweitert für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessungsgrundlage gegenüber pflichtversicherten Mitgliedern, indem sie auch befreiende Lebensversicherungen generell zu beitragspflichtigen Einnahmen erklärt und außerdem die Aufteilung eines ausgezahlten Kapitals nach dem Prinzip des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V auf nachfolgende Bemessungszeiträume auch dann zuläßt, wenn ein Versicherungsvertrag von vornherein nur eine Kapitalzahlung vorsah. Die Satzungsregelung gilt jedoch nicht für Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 1995. Für solche bleibt es bei dem bis zum 31. Dezember 1994 maßgeblichen Recht und somit dabei, daß Einnahmen, die nach ihrer Auszahlung (hier: November 1988) nicht zu Beiträgen herangezogen werden konnten, endgültig beitragsfrei bleiben. Die Vorschrift ermächtigt nicht dazu, in beitragsrechtlich schon abgeschlossene Tatbestände einzugreifen und früher beitragsfreie Einnahmen nachträglich der Beitragspflicht zu unterwerfen.

Hiernach war die Revision des Klägers begründet. Deshalb waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, ebenso der Bescheid der Beklagten, soweit er höhere Beiträge als monatlich 522,22 DM festsetzte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

NZS 2000, 608

SozSi 2001, 72

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