Entscheidungsstichwort (Thema)

Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen. Beginn der Verjährung des Beitragserstattungsanspruchs in der Arbeitslosenversicherung. notwendige Beiladung des Arbeitnehmers. Prozeßführungsbefugnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nach dem bisherigen Recht am 1.7.1977 noch nicht verjährten Ansprüche werden dem neuen günstigeren Recht unterworfen, bereits verjährte Ansprüche bleiben dagegen verjährt.

2. Für die Erfüllung der Anwartschaftszeit auf das Arbeitslosengeld ist entscheidend, daß der Arbeitslose in der gemäß § 104 AFG erforderlichen Zeit tatsächlich in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat.

3. Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge steht demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat; der Arbeitgeber kann daher die vom Arbeitnehmer getragenen Beiträge nur dann geltend machen, wenn der Arbeitnehmer seinen Erstattungsanspruch an den Arbeitgeber abgetreten hat (§§ 398 ff BGB).

4. Ein Versicherungsträger kann dann gehalten sein, die Einrede der Verjährung zu Unrecht entrichteter Beiträge nicht geltend zu machen, wenn die Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln des Versicherungsträgers bzw der Einzugsstelle beruht.

 

Orientierungssatz

1. § 27 Abs 2 S 2 SGB 4 findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung (Festhaltung an BSG 13.6.1985 7 RAr 107/83 = BSGE 58, 154 = SozR 2100 § 27 Nr 4). Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Arbeitslosenversicherungsbeiträge verjährt daher gemäß § 27 Abs 2 S 1 SGB 4 in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind.

2. Beim Streit zwischen Arbeitgeber und der Bundesanstalt für Arbeit über die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen braucht der Arbeitnehmer nicht notwendig beigeladen zu werden.

3. Soweit der Arbeitgeber die Erstattung der Arbeitnehmeranteile begehrt, fehlt es an der Prozeßführungsbefugnis, dh dem Recht, den streitigen Anspruch geltend zu machen.

4. Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge steht nicht demjenigen zu, der die Beiträge an die Einzugsstelle abgeführt hat, sondern demjenigen, der sie getragen hat.

 

Normenkette

AFG § 104; BGB § 398; SGG § 75 Abs. 2; AFG § 186 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGB IV Art. 2 § 15 Fassung 1976-12-23; SGB IV § 26 Abs. 2 Fassung 1976-12-22; AFG § 185a Abs. 1 Fassung: 1983-12-22; SGB IV § 27 Abs. 2 S. 1 Fassung 1976-12-23, S. 2 Fassung 1976-12-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.1984; Aktenzeichen L 12 Ar 77/82)

SG Aachen (Entscheidung vom 04.06.1982; Aktenzeichen S 14 Ar 55/81)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Beiträgen zur Bundesanstalt für Arbeit (BA).

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft in Liquidation, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist. Geschäftsführer der GmbH war Hermann E, der gleichzeitig als Gesellschafter die Hälfte des Stammkapitals der GmbH hielt. Eine Betriebsprüfung im Juli 1980, die die beigeladene Einzugsstelle durch eine Landesversicherungsanstalt durchführen ließ, ergab, daß für den Geschäftsführer zu Unrecht Beiträge abgeführt worden waren.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 1980 beantragten die Klägerin und der Geschäftsführer die Erstattung der Beiträge zur BA für die Zeit vom 1. Januar 1971 bis zum 30. Juni 1980, die die Antragsteller mit insgesamt 10.044,-- DM bezifferten. Die Beklagte erstattete die Beiträge zunächst für die Zeit ab 1. Dezember 1976, die Erstattung der Beiträge für die Zeit davor lehnte sie dagegen ab, weil der Erstattungsanspruch insoweit verjährt sei. Den entsprechenden Bescheid vom 20. März 1981 eröffnete die Beklagte beiden Antragstellern. Nachdem Widerspruch eingelegt worden war, erkannte die Beklagte die Erstattung der Beiträge ab 1. Dezember 1975 an, was wiederum beiden Antragstellern eröffnet worden ist (Bescheid vom 12. Juni 1981). Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte durch den nur an die Klägerin gerichteten Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 1981 zurück.

Mit der von E als "alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer" für die Klägerin erhobenen Klage brachte diese ua vor, die Beigeladene habe 1971 die Auskunft erteilt, daß der Geschäftsführer versicherungspflichtig sei. Außerdem habe die Beigeladene bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1976 die Beitragsentrichtung für den Geschäftsführer nicht gerügt.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4. Juni 1982). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der ergangenen Bescheide verurteilt, der Klägerin die für E entrichteten Beiträge zur BA (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) zu erstatten sowie Beklagte und Beigeladene gesamtschuldnerisch zur Tragung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen verpflichtet.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, zu Unrecht entrichtete Beiträge seien dem zu erstatten, der sie getragen habe (§ 185a Arbeitsförderungsgesetz -AFG-, § 26 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften - SGB 4). Mit Recht mache die Klägerin die Erstattung im eigenen Namen und zugleich - in dessen Einverständnis - für den Geschäftsführer geltend. Zutreffend habe die Beigeladene bei der Betriebsprüfung 1980 festgestellt, daß die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien. Der geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH & Co, der zugleich mit 50 vH am Gesellschaftsvermögen der GmbH beteiligt sei, stehe nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (BSG SozR 4100 § 168 Nr 16). Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Erstattungsanspruch nicht verjährt. Der Beginn der Verjährung richte sich im vorliegenden Falle nämlich nicht nach Satz 1 des § 27 Abs 2 SGB 4, sondern nach dessen Satz 2. Danach beginne die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen beanstandet habe, wie das hier sowohl durch die Beigeladene bei der Betriebsprüfung als auch durch die Beklagte geschehen sei, indem diese in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich anerkannt habe, daß seit Januar 1971 durchlaufend zu Unrecht Beiträge entrichtet seien. Beanstandung im Sinne des § 27 Abs 2 SGB 4 sei jede Geltendmachung der Unwirksamkeit von Beiträgen durch den Versicherungsträger oder - im Rahmen ihrer Befugnisse - durch die Einzugsstelle, die den mit der Entgegennahme oder Buchung erzeugten Rechtsschein beseitige. Das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Beanstandungsrecht sei allgemein. Schon zur Aufrechterhaltung der rechtsstaatlichen Ordnung könne auf ein Beanstandungsrecht bzw auf eine Beanstandungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nicht verzichtet werden; lediglich der Einschränkungen, die im Interesse der Versicherten bei der Ausübung dieses Rechts den Renten- und den Krankenversicherungsträgern auferlegt sei, bedürfe es nicht. Die Kostenentscheidung berücksichtige, daß sich die Beigeladene den Anträgen der Beklagten angeschlossen habe.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 27 SGB 4. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des LSG genüge es nicht, wenn ein Versicherungsträger die Unwirksamkeit von Beiträgen geltend mache. Wenn das Gesetz verlange, daß "der Versicherungsträger beanstandet", so meine es denjenigen Versicherungsträger, gegen den sich der Erstattungsanspruch richte; es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ein außerhalb des Erstattungsverhältnisses stehender Dritter die Möglichkeit haben solle, den Beginn der Verjährung zu beeinflussen. Eine Beanstandung durch die Beklagte liege nicht vor; die Erstattungsbescheide seien keine Beanstandungen. Im übrigen habe auch die Beigeladene die Beiträge nicht im Sinne des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 beanstandet. Abgesehen davon, daß die Beigeladene eine Beanstandung nicht habe aussprechen wollen, hätten Krankenversicherungsträger ebensowenig wie die BA ein Beanstandungsrecht; ein solches komme lediglich den Rentenversicherungsträgern zu. Mangels Beanstandung sei daher die Frage der Verjährung nach § 27 Abs 2 Satz 1 SGB 4 zu beurteilen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision nicht zuzulassen, und hilfsweise, sie zurückzuweisen.

Sie weist im Hinblick auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Senats vom 13. Juni 1985 - 7 RAr 107/83 - darauf hin, daß der Berufung der Beklagten auf Verjährung entgegenstehe, daß die Beigeladene ihr 1971 die Auskunft erteilt habe, daß der Geschäftsführer beitragspflichtig sei. Auf den Hinweis, daß für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen könnte, soweit die Klägerin auch den Erstattungsanspruch des Geschäftsführers geltend macht, hat die Klägerin vorsorglich eine Abtretungserklärung vom 13. März 1986 vorgelegt und im übrigen vorgetragen, es könne ihr nicht angelastet werden, wenn sie den Geschäftsführer nicht in den Prozeß einbezogen habe. Der Bescheid habe sich gegen sie gerichtet, der Rechtspfleger beim SG habe bei Aufnahme der Klage keinen Hinweis gegeben und schließlich habe sich die Beklagte bislang rügelos auf die Klage eingelassen. Außerdem trägt die Klägerin vor, sie habe die Beiträge gezahlt; daß der Geschäftsführer entsprechend belastet worden sei, spiele für den Erstattungsanspruch keine Rolle.

Die Beigeladene hat von Antrag und Stellungnahme abgesehen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig. Das LSG hat dieses Rechtsmittel in seinem Urteil zugelassen, wie sich aus dem Tenor und den Gründen ergibt. An diese Zulassung, die auf § 160 Abs 1 und 2 Nr 1 SGG beruht, ist der Senat gebunden (§ 160 Abs 3 SGG). Es ist also entgegen dem Revisionsantrag der Klägerin nicht darüber zu befinden, ob die Revision zuzulassen ist. Die statthafte Revision ist von der Beklagten auch rechtzeitig eingelegt und begründet worden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie angesichts der Verurteilung der Beklagten durch das LSG, "der Klägerin die für Hermann E zur BA entrichteten Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) zu erstatten", vorweg zu bemerken ist, lediglich die Erstattung der für die Zeit vom 1. Januar 1971 bis 30. November 1975 entrichteten Beiträge, deren Erstattung die Beklagte wegen Verjährung abgelehnt hat. Nur insoweit hat die Klägerin die ergangenen Bescheide angefochten, wie sich aus ihren vom LSG zutreffend wiedergegebenen Klage- und Berufungsanträgen ergibt. Nicht angefochten hat die Klägerin die Bescheide, soweit die Beklagte die Erstattung der für die Zeit nach dem 30. November 1975 entrichteten Beiträge vorgenommen hat; insoweit ist also weder über Grund, Höhe oder gar Verzinsung des Erstattungsbetrages zu entscheiden.

1. Soweit das LSG die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin die für den Geschäftsführer entrichteten Arbeitgeberbeiträge zu erstatten, ist das Verfahren der Vorinstanzen, das das Revisionsgericht hinsichtlich solcher Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, von denen das gesamte Verfahren in seiner Rechtswirksamkeit abhängt, von Amts wegen zu prüfen hat, nicht zu beanstanden.

Das Vorverfahren ist eingehalten, die Klage rechtzeitig erhoben worden. Es fehlt auch nicht die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin, da die Klägerin hinsichtlich der Erstattung der Arbeitgeberbeiträge einen Anspruch geltend macht, der, wenn er begründet ist, zweifellos ihr zusteht.

Unerheblich ist, daß die Firma der Klägerin, einem Aktenvermerk der Berichterstatterin des Berufungsgerichts zufolge inzwischen gelöscht ist, was wohl bedeutet, daß wegen Beendigung der Liquidation der Kommanditgesellschaft das Erlöschen der Firma von dem Liquidator zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet (§§ 157 Abs 1, 161 Abs 2 Handelsgesetzbuch -HGB-) und das Erlöschen der Firma dort inzwischen eingetragen worden ist. Nicht mit der Eintragung des Erlöschens, sondern erst mit der Beendigung der Liquidation, die nicht eintritt, solange beitreibbare Forderungen der Gesellschaft vorhanden sind, erlischt die Firma. Auch wenn das Erlöschen im Handelsregister eingetragen worden ist, obwohl die Liquidation wie angesichts des anhängigen Rechtsstreits hier noch nicht beendet war, besteht die Gesellschaft weiter und kann unter ihrer Firma klagen (BGH NJW 1979, 1987), also auch einen begonnenen Prozeß fortsetzen.

Daß die Vorinstanzen den Geschäftsführer nicht zu dem Rechtsstreit beigeladen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Geschäftsführer notwendig hätte beigeladen werden müssen (§ 75 Abs 2 SGG). Der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat zwar ua mit Rücksicht auf die Beitragserstattungsansprüche von Arbeitgeber und Arbeitnehmer entschieden, daß zu dem Rechtsstreit, in dem der versicherte Arbeitnehmer sich gegen die Beanstandung der Wirksamkeit von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung durch den Rentenversicherungsträger wehrt, der Arbeitgeber notwendig beizuladen ist (BSG SozR 1500 § 75 Nr 36). Ist indes nicht streitig, daß Beiträge zu Unrecht gezahlt worden sind, ist die Beiladung des Arbeitgebers zu dem Prozeß, in dem der Arbeitnehmer die Erstattung seiner Beiträge geltend macht, nicht notwendig. Das hat der erkennende Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 13. Juni 1985 - 7 RAr 107/83 - SozR 2100 § 27 Nr 4 = SGb 1986, 169 näher begründet. Nichts anderes gilt hinsichtlich der hier fraglichen Notwendigkeit der Beiladung des Arbeitnehmers zum Prozeß des Arbeitgebers auf Beitragserstattung. Auf das oben angegebene Urteil, dessen diesbezügliche Ausführungen nur in SGb 1986, 169 veröffentlicht sind, wird Bezug genommen.

Schließlich bestehen gegen die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des SG keine Bedenken. Zwar unterfällt nach der Rechtsprechung des BSG eine Berufung, die die Erstattung rechtmäßig entrichteter Beiträge betrifft, dem Berufungsausschluß des § 144 Abs 1 Nr 1 SGG (BSGE 10, 186; BSG SozR Nr 9 zu § 74 G 131; BSG 52, 145, 147 = SozR 1200 § 14 Nr 12; BSG SozR 1500 § 144 Nr 22). Für die Rückerstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge, um die es hier geht, gilt indes allein § 149 SGG (BSGE 11, 35 f; 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5; vgl ferner die vorgenannten Urteile). Danach ist in Streitigkeiten wegen der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Berufung nur dann nicht zulässig, wenn der Beschwerdewert 150,-- DM nicht übersteigt. Dieser Beschwerdewert wird hier jedoch überschritten; denn nach den Angaben der Klägerin beträgt allein der Arbeitgeberanteil von Januar bis November 1975 308,-- DM (= 11 x 28,-- DM).

Zutreffend sind die Beteiligten und das LSG davon ausgegangen, daß zu Unrecht zur BA entrichtete Beiträge zu erstatten sind. Ein solcher Anspruch ergab sich für das bis zum 30. Juni 1977 geltende Recht aus § 186 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582). Nach Abs 1 dieser Vorschrift waren zu Unrecht entrichtete Beiträge demjenigen, der sie getragen hat, auf seinen Antrag zurückzuzahlen. Durch das am 1. Juli 1977 in Kraft getretene SGB 4 vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845) erhielt § 186 Abs 1 AFG eine neue Fassung, derzufolge zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten sind (Satz 1) und für die Erstattung die Vorschriften des Vierten Buches SGB (§ 26 Abs 2, §§ 27 und 28) entsprechend gelten (Satz 2); der die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs regelnde § 186 Abs 2 AFG wurde gestrichen. Das Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) - SGB 10 - fügte als Folge des Wegfalls des bisherigen § 152 Abs 1 Nr 5 AFG dem § 186 Abs 1 AFG den Satz 3 an, demzufolge der zu erstattende Betrag sich um den Betrag der Leistung mindert, die in der irrtümlichen Annahme der Beitragspflicht gezahlt worden ist. Seit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) schließlich führt die Vorschrift des bisherigen § 186 AFG die Bezeichnung § 185a AFG. Die sich angesichts der Neuregelung des Beitragserstattungsrechts durch das SGB 4 aufdrängende Frage, ob das neue Recht auch insoweit Platz greift, als Beiträge erstattet verlangt werden, die vor dem 1. Juli 1977 entrichtet worden sind, ist von der Rechtsprechung des BSG unterschiedlich beantwortet worden (verneinend BSGE 50, 129 = SozR 2600 § 123 Nr 2; bejahend wie das LSG Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juni 1985 - 7 RAr 107/83 - SozR 2100 § 27 Nr 4 = SGb 1986, 169; vgl BSG SozR 2600 § 121 Nr 4). Im vorliegenden Falle bedarf diese Frage hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs keiner Entscheidung. Denn insoweit hat sich nichts geändert, was im vorliegenden Falle wesentlich wäre. Auch nach neuem Recht steht der Erstattungsanspruch dem zu, der die Beiträge getragen hat (§ 185a Abs 1 AFG, § 26 Abs 2 Satz 1 SGB 4). Soweit Änderungen eingetreten sind, wirken sich diese im vorliegenden Fall nicht aus, da die Klägerin einen Erstattungsantrag gestellt hat und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung an den Geschäftsführer nicht erbracht worden sind. Den Anwendungsbereich der neuen Verjährungsvorschriften des § 27 Abs 2 und 3 SGB 4 hat indessen die Überleitungsvorschrift des Art 2 § 15 SGB 4 abschließend geregelt. Danach gilt das neue Recht auch für die vor dem 1. Juli 1977 fällig gewordenen, noch nicht verjährten Erstattungsansprüche. Die nach dem bisherigen Recht am 1. Juli 1977 noch nicht verjährten Ansprüche werden demnach dem neuen günstigeren Verjährungsrecht unterworfen, bereits verjährte Ansprüche bleiben dagegen verjährt. Es kann dem LSG daher nicht gefolgt werden, wenn es die Verjährung des Erstattungsanspruchs allein nach neuem Recht beurteilt, ohne zu prüfen, inwieweit ein Rückzahlungsanspruch am 1. Juli 1977 schon verjährt war. Letzteres ist nämlich hinsichtlich aller bis zum 31. Dezember 1974 entrichteten Beiträge der Fall, da der Anspruch auf Rückzahlung nach § 186 Abs 2 AFG in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjährte, in dem die Beiträge entrichtet worden waren. Das hat für den Fall, daß die Klägerin die Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Beiträge zur BA regelmäßig und pünktlich an die Beigeladene abzuführen pflegte, zur Folge, daß sich die Frage der vom LSG bejahten Anwendung des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 in der Arbeitslosenversicherung nur hinsichtlich der Erstattung der für Januar bis November 1975 und möglicherweise der für Dezember 1974 gezahlten Beiträge stellt.

Soweit das neue Verjährungsrecht Anwendung findet, rügt die Revision zu Recht, daß das LSG gemeint hat, der im übrigen für begründet erachtete Erstattungsanspruch sei schon deshalb im Zeitpunkt des Erstattungsantrags nicht verjährt gewesen, weil die Verjährung nach § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen beanstandet habe, wie das sowohl 1980 anläßlich der Betriebsprüfung durch die Beigeladene als auch 1981 durch die Beklagte geschehen sei, indem sie in den angefochtenen Bescheiden anerkannt habe, daß seit Januar 1971 durchlaufend zu Unrecht Beiträge entrichtet seien.

Nach § 27 Abs 2 Satz 1 SGB 4 beginnt die Verjährung des Erstattungsanspruchs grundsätzlich nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Abweichend hiervon beginnt dann, wenn der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen beanstandet, die Verjährung nach § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Beanstandung. Es kann dahingestellt bleiben, ob lediglich eine Beanstandung des Versicherungsträgers, um dessen Beiträge es geht, diese wesentliche Verschiebung des Verjährungsbeginns zur Folge hat, wie die Revision meint. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, wann eine Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen iS des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 vorliegt, insbesondere, ob ein Versicherungsträger schon dann eine Beanstandung vornimmt, wenn er gegenüber einem Erstattungsbegehren Verjährung geltend macht und dabei einräumt, daß Beiträge zu Unrecht entrichtet seien. Der § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 findet nämlich in der Arbeitslosenversicherung überhaupt keine Anwendung, wie der Senat in seinem schon erwähnten Urteil vom 13. Juni 1985 entschieden hat. Der Senat hält an der in diesem Urteil vertretenen Rechtsauffassung auch angesichts der von Geschwinder in einer Urteilsanmerkung (SGb 1986, 172) erhobenen Bedenken fest. Abgesehen davon, daß Geschwinder übersehen hat, daß das SGB 4 und damit auch dessen § 27 Abs 2 im Arbeitsförderungsrecht nicht unmittelbar, sondern nur aufgrund des eigenständigen Erstattungsanspruchs des § 185a AFG gilt, was bei der Anwendung der entsprechend geltenden Rechtsvorschriften schon eine Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsförderungsrechts nahelegt, werden seine Einwände der Funktion der Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen durch den Versicherungsträger und dem mit § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 verfolgten Zweck nicht gerecht. Mit der in § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 umschriebenen Beanstandung wird die Unwirksamkeit von Beiträgen für eine Versicherungsleistung geltend gemacht. Eine Beanstandung in diesem Sinne setzt daher voraus, daß es für die Versicherungsleistung auf die wirksame Entrichtung der Beiträge ankommt. Das ist für den Anspruch auf die Versicherungsleistung der Arbeitslosenversicherung, das Arbeitslosengeld (Alg), jedoch nicht der Fall. Für die Erfüllung der Anwartschaftszeit auf das Alg ist vielmehr entscheidend, daß der Arbeitslose in der gemäß § 104 AFG erforderlichen Zeit tatsächlich in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden oder Zeiten zurückgelegt hat, die einer solchen Beschäftigung gleichstehen (§ 107 AFG). Auch die Dauer des Anspruchs ist nicht von der Entrichtung von Beiträgen, sondern von dem Umfang der zurückgelegten Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung abhängig (§§ 106, 106a AFG). Darüber hinaus sind für das Alg nicht alle in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung zurückgelegten Zeiten von Bedeutung, sondern nur die, die innerhalb von Rahmenfristen zurückgelegt worden sind. Die Rahmenfrist umfaßt grundsätzlich den Zeitraum von drei Jahren vor dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit (§ 104 Abs 2 AFG), die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1857) und durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes und der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20. Dezember 1984 (BGBl I 1713) eingeführten erweiterten Rahmenfristen vier Jahre (§ 106 AFG) bzw sieben Jahre (§ 106a AFG). Weiter zurückliegende Zeiten haben für die Versicherungsleistung keine Bedeutung. Von daher besteht in der Arbeitslosenversicherung kein Bedürfnis für eine Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen durch den Versicherungsträger im Hinblick auf Leistungen. Die Nichtanwendbarkeit des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 im Arbeitslosenversicherungsrecht führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen. Die in dieser Vorschrift als Folge der Beanstandung durch den Versicherungsträger eintretende Verschiebung des Verjährungsbeginns bezweckt lediglich, dem Versicherungsträger die Möglichkeit zu nehmen, wenn er zu Recht die Rechtsunwirksamkeit von Beiträgen für die Versicherungsleistung geltend macht, einem dann alsbald erhobenen Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge entgegenzuhalten, daß der Erstattungsanspruch verjährt sei. Um zu verhindern, daß die Beklagte einerseits Leistungen der Arbeitslosenversicherung verweigert, dem Erstattungsanspruch aber Verjährung entgegensetzt, bedarf es, jedenfalls für das bis zur Einführung der auf sieben Jahre erweiterten Rahmenfrist geltende Recht, keiner Verschiebung des Verjährungsbeginns. Im allgemeinen gewährleistet nämlich schon die Verjährungsfrist von vier Jahren, daß der Beklagten die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Erstattung solcher zu Unrecht entrichteter Beiträge nicht erwächst, die für Zeiten innerhalb der dreijährigen oder der auf vier Jahre erweiterten Rahmenfrist gezahlt wurden, die die Beklagte nicht als Anwartschaftszeiten anerkennen kann. Lediglich in den Fällen des § 106a AFG kann es wegen der auf sieben Jahre erweiterten Rahmenfrist dazu kommen, daß die Beklagte zurückliegende Zeiten, für die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, nicht zu berücksichtigen vermag und gleichzeitig berechtigt ist, dem Erstattungsanspruch die Einrede der Verjährung entgegenzusetzen. Diese Fallgestaltungen können indes vernachlässigt werden, weil es sich bei § 106a AFG um eine Sondervorschrift handelt, die sich nur auf ältere Arbeitslose und dann auszuwirken vermag, wenn der Anspruch auf Alg bis zum 31. Dezember 1989 entstanden ist. Im übrigen wird auf das den Beteiligten bekannte Urteil vom 13. Juni 1985 Bezug genommen, in dem sich der Senat insbesondere auch mit den Argumenten auseinandergesetzt hat, die das LSG in dem hier angefochtenen Urteil für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführt hat.

Kann dem LSG mithin nicht gefolgt werden, führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Findet § 27 Abs 2 Satz 2 SGB 4 auch insoweit keine Anwendung, als an sich das neue Verjährungsrecht Platz greift, richtet sich die Verjährung des Erstattungsanspruchs nach § 27 Abs 2 Satz 1 SGB 4. Danach verjährt der Anspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Selbst wenn die Klägerin den schriftlichen Erstattungsantrag noch 1980 gestellt haben sollte, was sich aus den Feststellungen des LSG nicht ergibt, weil das Eingangsdatum des Antrags nicht ermittelt worden ist, hätte dieser Antrag gemäß § 27 Abs 3 Satz 2 SGB 4 die Verjährung der Erstattung der hier streitigen Beiträge nicht mehr unterbrechen können, soweit sie vor dem 31. Dezember 1975 entrichtet worden sind. Ob und wieweit das der Fall gewesen ist, kann den Feststellungen des LSG nicht entnommen werden. Das LSG ist zwar von einer durchgängigen Beitragsentrichtung ausgegangen, wann indes die einzelnen Beiträge für den Geschäftsführer entrichtet worden sind, eine Frage, auf die es nach der Rechtsauffassung des LSG nicht ankam, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat daher weder davon ausgehen, daß der geltend gemachte Erstattungsanspruch verjährt ist, noch daß das nicht der Fall ist.

Ob Verjährung eingetreten ist, bedürfte allerdings letztlich keiner Entscheidung, wenn die Beklagte jedenfalls gehalten wäre, von der Verjährungseinrede, deren Geltendmachung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht, abzusehen. Aber auch das kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Ein solcher Fall könnte vorliegen, wenn die Beitragsentrichtung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten oder der Einzugsstelle beruhte. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte sich schon des schwerwiegenden Vorwurfs unzulässiger Rechtsausübung aussetzt, wenn sie sich auf die Verjährung des Erstattungsanspruchs beruft, obwohl, wie die Klägerin geltend macht, ihr von einem Mitarbeiter der Einzugsstelle eine die Beitragspflicht des Geschäftsführers bejahende unzutreffende Auskunft erteilt worden ist. Dem könnte entgegenstehen, daß die Klägerin bzw der Geschäftsführer die naheliegende Möglichkeit, die Zweifel an der Beitragspflicht, die seinerzeit Anlaß zur Anfrage bei der Beigeladenen gegeben hatten, auf dem Rechtswege zu klären, nicht wahrgenommen hat (vgl das Urteil des Senats BSGE 8, 218 und zur Unzulässigkeit der Verjährungseinrede für den Fall früheren fehlerhaften Verhaltens des die Einrede erhebenden Versicherungsträgers BSGE 24, 66, 69 f; 28, 282; 34, 1, 14; 34, 124; 42, 219, 222 f = SozR 2200 § 29 Nr 6; für den Fall, daß einer dritten Stelle ein Fehler unterlaufen ist BSGE 40, 279, 281 = SozR 2200 § 29 Nr 4 und allgemein zur Verjährungseinrede ferner BSGE 19, 88, 93; 20, 262, 265; 32, 21, 28). Jedenfalls kann die Beklagte, falls die Beitragsentrichtung auf ein falsches Verwaltungshandeln der Einzugsstelle zurückzuführen ist, aus Gründen der Gleichbehandlung die Verjährung gegenüber der Klägerin nicht geltend machen, wenn sie in vergleichbaren Fällen dies nicht zu tun pflegt, was nach ihren Verwaltungsanweisungen der Fall sein könnte (vgl 3.3 des Gemeinsamen Beschlusses der Bundesverbände der Kranken- und Rentenversicherungsträger sowie der Bundesanstalt für Arbeit vom 23. Mai 1977 zur Auslegung des § 27 SGB 4). Indessen ist bislang von Seiten der Klägerin lediglich behauptet worden, daß die unrichtige Beitragsentrichtung auf fehlerhaftes Verhalten der Einzugsstelle zurückzuführen sei. Feststellungen sind darüber nicht getroffen worden, insbesondere nicht über die Behauptung der Klägerin, daß ein Mitarbeiter der Beigeladenen auf eine entsprechende Anfrage eine unrichtige Antwort erteilt hat. Ebensowenig steht fest, daß der Beigeladenen vorzuhalten ist, daß sie bei einer früheren Betriebsprüfung die Beitragspflicht des Geschäftsführers unrichtig beurteilt hat (vgl zum Vertrauensschutz in Betriebsprüfungsergebnisse BSGE 47, 194, 198 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11). Ist aus den vorgenannten Gründen eine abschließende Entscheidung über die Erstattung der Arbeitgeberanteile nicht möglich, muß das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt und aufgrund dieser Feststellungen eine erneute Entscheidung getroffen werden kann.

2. Soweit das LSG die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin die Arbeitnehmerbeiträge zu erstatten, kann die Verurteilung der Beklagten durch das LSG schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben.

Bei einer zulässigen Revision ist vor der sachlich-rechtlichen Würdigung von Amts wegen zu prüfen, ob diejenigen Voraussetzungen erfüllt sind, von denen die Rechtswirksamkeit des Verfahrens als Ganzes abhängt. Das Revisionsgericht hat daher, ohne daß es einer entsprechenden Verfahrensrüge bedarf, alle weiterwirkenden Verstöße gegen prozeßrechtliche Grundsätze zu beachten, deren Befolgen im öffentlichen Interesse steht und dem Belieben der Beteiligten entzogen ist (BSGE 2, 225, 226 f; 2, 245, 253 f). Zu diesen unverzichtbaren Prozeßvoraussetzungen gehört das Prozeßführungsrecht der klagenden Partei (BSGE 37, 33, 34; BSG SozR 2200 § 639 Nr 1; vgl auch BSGE 6, 278, 281). Soweit die Klägerin die Erstattung der Arbeitnehmeranteile begehrt, fehlt es an der Prozeßführungsbefugnis, dh dem Recht, den streitigen Anspruch geltend zu machen. Die Vorinstanzen hätten insoweit nicht in der Sache entscheiden dürfen. Die Klägerin macht diesbezüglich nämlich keinen eigenen Anspruch geltend, sondern einen, der, wenn er begründet ist, dem Geschäftsführer zusteht. Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge steht nicht, wie die Klägerin meint, demjenigen zu, der die Beiträge an die Einzugsstelle abgeführt hat, sondern demjenigen, der sie getragen hat. Das hat so § 186 Abs 1 AFG (in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung) vorgesehen. Für das neue Recht ergibt sich dies aus § 185a Abs 1 Satz 2 AFG, § 26 Abs 2 SGB 4. Da die BA Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erhebt (§ 167 AFG) und ein Ausnahmefall, in dem der Arbeitgeber von Gesetzes wegen den Beitrag allein trägt (§ 171 AFG) bzw aufgrund freiwilliger Vereinbarung den Anteil des "Arbeitnehmers" übernommen hat, hier nicht gegeben ist, was sich aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt, wonach der Geschäftsführer mit dem Arbeitnehmeranteil belastet worden sei, kann ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile nicht der Klägerin, sondern nur dem Geschäftsführer entstanden sein. Erstattungsansprüche sind in Fällen dieser Art daher von Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbständig und grundsätzlich unabhängig voneinander geltend zu machen (BSG ZfS 1967, 178, 179; Hauck/Haines, Komm zum SGB IV, § 26 Rdz 14), was entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zunächst auch beachtet worden ist. Das Arbeitsamt hat nämlich, nachdem sowohl die Klägerin als auch der Geschäftsführer die Erstattung beantragt hatten, in den Erstattungsbescheiden zutreffend zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen unterschieden und deshalb die an den Geschäftsführer gerichteten Bescheide auch an die Klägerin gesandt. Lediglich im Widerspruchsverfahren ist dies nicht beachtet worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies deshalb nicht zu beanstanden ist, weil der Widerspruch nur der Klägerin und nicht auch dem Geschäftsführer zuzurechnen ist. Indessen liegt auf der Hand, daß die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin nicht dadurch auf einen Erstattungsanspruch des Geschäftsführers erstreckt werden kann, weil die Beklagte zu Unrecht der Klägerin gegenüber auch sachlich über einen dem Geschäftsführer zustehenden Anspruch befunden hat; denn durch eine solche Verfahrensweise kann nicht die Klägerin in ihren, sondern allenfalls der Geschäftsführer in seinen Rechten verletzt worden sein.

Zur Begründung ihrer Prozeßbefugnis kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, daß der Geschäftsführer ihr den Anspruch abgetreten habe. Allerdings dürften grundsätzlich gegen die Wirksamkeit einer entsprechend den Vorschriften der §§ 398 ff Bürgerliches Gesetzbuch vorgenommenen Abtretung eines Erstattungsanspruchs keine Bedenken bestehen, jedenfalls nicht, nachdem der Berechtigte wie hier die Erstattung selbst ausdrücklich beim Versicherungsträger beantragt hat; denn die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ist ein vermögensrechtlicher Ausgleichsanspruch, nicht etwa eine Sozialleistung iS des § 11 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB 1 - (vgl BSGE 24, 126, 128). Der die Übertragung von Sozialleistungen regelnde § 53 SGB 1 findet daher keine Anwendung. Das LSG hat indessen keine Feststellungen getroffen, aus denen sich die wirksame Vornahme eines solchen zweiseitigen Rechtsgeschäfts ergibt. Der Hinweis der Berichterstatterin des LSG an die vom Geschäftsführer vertretene Klägerin, daß Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zustehen, wenn die Arbeitnehmerbeiträge vom Gehalt einbehalten worden sind, und bisher nur eine Klage des Arbeitgebers vorliege, dem der dem Arbeitnehmer zustehende Anteil abgetreten werden müßte, hat die Klägerin und den Geschäftsführer nicht veranlaßt, noch während des Berufungsverfahrens eine Abtretung vorzunehmen. Daß der Anspruch während des Revisionsverfahrens abgetreten worden ist, wie die Klägerin nunmehr geltend macht, ist unerheblich; denn der Zeitpunkt, auf den es für das Vorliegen oder Fehlen der Prozeßführungsbefugnis ankommt, ist die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BGHZ 31, 279, 283 mwN). Im übrigen steht der Wirksamkeit der Annahme der Abtretung durch die Klägerin die auf die Zwecke der Liquidation der Kommanditgesellschaft beschränkte Vertretungsmacht des Liquidators (§ 149 HGB) entgegen. Nachdem schon die Firma gelöscht ist, liegt auf der Hand, daß eine jetzt vorgenommene Annahme der Abtretung einer Forderung, die, wie die Klägerin selbst einräumt, dem Geschäftsführer auch wirtschaftlich zusteht, nichts mehr mit der Beendigung der laufenden Geschäfte, der Einziehung der Forderungen der Gesellschaft, der Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld oder der Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern zu tun hat.

Da somit davon auszugehen ist, daß die Klägerin nicht Inhaber des materiellen Rechts sein kann, war sie zur Prozeßführung nur in dem Rahmen befugt, in dem eine gewillkürte Prozeßstandschaft zulässig ist, wie das LSG zu Recht erkannt hat. Zwar setzt die gewillkürte Prozeßstandschaft voraus, daß der Anspruchsinhaber den Prozeßstandschafter hierzu ermächtigt hat; indes ist eine gewillkürte Prozeßstandschaft nicht schon dann zulässig, wenn die - vom LSG zutreffend unterstellte - Ermächtigung vorliegt. Es muß vielmehr, und das hat das LSG nicht beachtet, ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Prozeßstandschafters hinzukommen, das fremde Recht im eigenen Namen geltend zu machen (BSGE 10, 131; 37, 33; BSG SozR 2200 § 639 Nr 1). Erforderlich ist, daß die erstrebte Entscheidung die Rechtslage des Prozeßstandschafters günstig beeinflußt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der beherrschende Gesellschafter einer GmbH als Prozeßstandschafter ein der GmbH zustehendes Recht geltend macht (BGH NJW 1965, 1962), nicht aber schon dann, wenn - wie hier - eine Handelsgesellschaft Ansprüche einer Person geltend macht, die am Kapital ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin beteiligt ist. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die hier erstrebte Entscheidung die Rechtslage der offenbar praktisch abgewickelten Kommanditgesellschaft zu verbessern in der Lage wäre, zumal die Klägerin selbst einräumt, daß sie den Betrag, wenn sie ihn erstritte, dem Geschäftsführer zugute kommen lassen müßte. Auch die Klägerin hat nicht darlegen können, worin sie ihr Interesse sieht, den Erstattungsanspruch des Geschäftsführers im eigenen Namen geltend machen zu können.

Haben die Vorinstanzen daher hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge nicht in der Sache entscheiden dürfen, erweist sich die Revision des Beklagten insoweit mit der Folge als begründet, daß das BSG selbst über die Klage entscheiden kann und sie in diesem Punkte als unzulässig abzuweisen hat. Die Rechtskraft der Abweisung dieser Klage steht, worauf die Beteiligten hingewiesen werden, einer entsprechenden Klage des Geschäftsführers nicht entgegen.

Es ist daher zu erkennen, wie geschehen. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60359

RegNr, 16456

BR/Meuer SGB 4 § 27, 26-06-86, 7 RAr 121/84 (OT1-4)

USK 86104 (OT1-4, ST3-4)

Die Beiträge 1987, 78-83 (ST1-2, OT1)

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