Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Erstattung der Kosten für die Mitaufnahme einer Begleitperson bei der stationären Behandlung eines Kindes.

Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Sein am 8. Juli 1972 geborener Sohn wurde vom 4. bis 15. Mai 1976 in der Kinderklinik des Stadtkrankenhauses der Beigeladenen stationär behandelt. Bei der Aufnahme des Kindes vereinbarte der Kläger mit dem Krankenhaus als Wahlleistung die Mitaufnahme seiner Ehefrau als Begleitperson. Diese befand sich alsdann während der stationären Behandlung ihres Kindes ebenfalls in der Kinderklinik. Für ihre Mitaufnahme berechnete das Krankenhaus insgesamt 1.701,-- DM. Der Kläger bezahlte diesen Betrag und beantragte dessen Erstattung. Die Beklagte zahlte für die Dauer der stationären Behandlung des Kindes an den Krankenhausträger den für ihn festgesetzten allgemeinen Pflegesatz, lehnte jedoch die Erstattung des vom Kläger für die Mitaufnahme seiner Frau gezahlten Betrages mit Bescheid vom 6. Juli 1977 ab. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Der Chefarzt der Kinderklinik, Prof. Dr. T…, erklärte am 21. September 1977, eine medizinische Indikation für die Mitaufnahme der Mutter des Kindes, die die Eltern ausdrücklich gewünscht hätten, sei nicht erwogen worden, habe auch nicht bestanden und würde nicht attestiert werden können. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1977).

Das Sozialgericht (SG) hat den behandelnden Uzt des Kindes, Dr. H… in H…, als sachverständigen Zeugen gehört und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es brauche nicht entschieden zu werden, ob die Krankenhausmitaufnahme der Mutter des Kindes von § 182 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (WO) gedeckt gewesen sei; auch in diesem Fall stehe dem Kläger kein Erstattungsanspruch zu, weil die Beklagte ihrer Leistungspflicht für die stationäre Behandlung des Kindes auch dann voll nachgekommen sei. Krankenhauspflege werde grundsätzlich als Sachleistung gewährt. Dementsprechend habe die Beklagte dem Krankenhausträger den für ihn festgesetzten allgemeinen Pflegesatz für die Dauer der stationären Behandlung des Kindes bezahlt. Sei die Mitunterbringung der Kindesmutter nicht medizinisch notwendig gewesen, entfalle die Leistungspflicht der Beklagten dafür schon aus diesem Grund. Sei sie aber medizinisch notwendig gewesen, dann habe die Beklagte ebenfalls nicht mehr zu leisten als den allgemeinen Pflegesatz; mit dessen Zahlung seien die von ihr zu tragenden Krankenhauspflegekosten insgesamt abgegolten.

Mit der - zugelassenen - Sprungrevision rügt der Kläger Verletzung des § 184 Abs. 1 i.V.m. § 182 Abs. 2 RVO. Er meint, der allgemeine Pflegesatz umfasse bei stationärer Behandlung eines Kindes nicht die Kosten der Mitaufnahme eines Elternteils. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihm die Kosten für die Mitaufnahme seiner Frau zu erstatten; denn diese Mitaufnahme sei aus medizinischen Gründen notwendig gewesen.

Der Kläger beantragt,das angefochtene Urteil sowie die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm 1.701,-- DM zu erstatten, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und hebt hervor, der Kläger habe die durch die Mitaufnahme seiner Frau entstandenen Mehrkosten selbst zu tragen, weil er diese Wahlleistung mit dem Krankenhaus vereinbart habe. Dieser Auffassung schließt sich die Beigeladene an, ohne selbst Anträge zu stellen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte ist zur Erstattung des geltend gemachten Kostenbetrages nicht verpflichtet.

Der Kläger ist freiwilliges Mitglied einer Ersatzkasse, deren Leistungen sich nach ihrer Satzung richten. Nach Abschnitt G Nr. 8 der als Satzungsbestandteil in Betracht kommenden Versicherungsbedingungen der Beklagten in der für die hier maßgebende Zeit vom 4. bis 15. Mai 1976 gültig gewesenen Fassung (VB, jetzt Abschnitt G Nr. 10) haben nur nichtversicherungspflichtige Mitglieder bestimmter Versicherungsklassen Anspruch auf Kostenerstattung. Ob der Kläger zu diesem Personenkreis gehört, läßt sich weder seinem Vorbringen noch den Feststellungen des SG entnehmen. Sollte er nicht dazu gehören, dann stünde ihm schon aus diesem Grund der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu; denn das System der gesetzlichen Krankenversicherung wird nicht vom Kostenerstattungs-, sondern vom Sachleistungsprinzip geprägt (vgl. u.a. BSGE 42, 117, 119 SozR 2200 § 184 RVO Nr. 4; BSGE 44, 41, 42 = SozR 2200 § 508 RVO Nr. 2, BSG in SozR 2200 § 184 RVO Nr. 13 sowie Urteile des Senats vom 19. Dezember 1978 - 3 RK 34/78 - KVRS 2020/4 - und vom 11. Oktober 1979 - 3 RK 72/78 -). Der Versicherte muß deshalb zunächst einen Antrag auf Gewährung der von ihm begehrten Sachleistung an die Krankenkasse richten (Abschn. G Nr. 1 i.V.m. Abschn. F Leistungsübersicht Nr. 2 VB). Erst wenn er das getan hat und die Voraussetzungen der Leistungsgewährung erfüllt sind, die Krankenkasse jedoch seinen Antrag rechtswidrig ablehnt und er deshalb gezwungen ist, sich die Leistung selbst zu beschaffen, wandelt sich sein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch um. Dasselbe gilt, wenn ein Notfall vorliegt, der es dem Versicherten unmöglich macht, den mit der Antragstellung beginnenden regelmäßigen Beschaffungsweg zu beschreiten. Daß einer dieser Fälle der ausnahmsweise erfolgenden Umwandlung des Sachleistungsanspruchs in einen Kostenerstattungsanspruch hier vorliegen könnte, ist weder ersichtlich, noch wird es vom Kläger behauptet. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen und deshalb für den Senat als Revisionsgericht bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) tatsächlichen Feststellungen des SG hat der Kläger vielmehr bei der Krankenhausaufnahme seines Kindes durch einen mit dem Krankenhaus abgeschlossenen Vertrag die Mitaufnahme seiner Frau als Wahlleistung vereinbart. Er hat das während des Verwaltungsverfahrens der Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 16. September 1977 auch ausdrücklich bestätigt und erklärt, nach diesem Vertrag sei er verpflichtet, die Kosten für die Krankenhausmitaufnahme seiner Frau zu bezahlen. Erst nach Begleichung der diese Mitaufnahme betreffenden Rechnung des Krankenhauses hat er von der Beklagten die Erstattung des von ihm bezahlten Betrages gefordert. Derjenige aber, der - wie hier der Kläger - einem Arzt oder einem Krankenhaus einen privaten Auftrag erteilt, hat grundsätzlich auch die aufgrund dieses Auftrages entstehenden Kosten zu tragen; ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Krankenkasse steht ihm nicht zu (vgl. BSG in SozR 2200 § 184 RVO Nr. 13 sowie Urteil des Senats vom AG Dezember 1978 3 RK 34/78 - a.a.O.).

Auch wenn der Kläger aber zu dem kostenerstattungsberechtigten Mitgliederkreis der Beklagten gehören sollte, steht ihm der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Krankenhausmitaufnahme seiner Frau - wie er unter Berufung auf die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. H… behauptet - aus medizinischen Gründen notwendig war, oder ob das - wie die Beklagte, gestützt auf die Erklärung des Klinikchefarztes Prof. Dr. T…, meint - zu verneinen ist. War diese Mitaufnahme der Mutter des Kindes aus medizinischen Gründen notwendig, dann sind auch die durch sie verursachten Kosten - wie das SG richtig erkannt hat - mit der seitens der Beklagten erfolgten Zahlung des allgemeinen Pflegesatzes abgegolten. Der Versicherte hat nach § 184 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 182 Abs. 2 RVO Anspruch auf eine das Maß des Notwendigen nicht übersteigende, aber ausreichende und zweckmäßige Krankenhauspflege. Eine Krankenhauspflege dieses Umfangs wird vom Krankenhaus im Rahmen des allgemeinen Pflegesatzes erbracht, mit dessen Zahlung die Krankenkasse auch ihre Verpflichtung gegenüber dem Versicherten erfüllt, so daß - von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen abgesehen - weder die Krankenkasse noch der Patient weitere Kosten der Krankenhauspflege zu tragen hat (vgl. BSG in SozR 2200 § 184 RVO Nr. 13). Die Mitaufnahme der Ehefrau des Klägers als Begleitperson ihres der stationären Behandlung bedürftigen Kindes war im Falle ihrer medizinischen Notwendigkeit eine besonders geartete Leistung; denn sie stellte für sich allein - wie die Aufzählung der Leistungen in den §§ 182e 184 RVO zeigt - keine selbständige Leistung der Krankenversicherung dar. Sie wurde in diesem Fall mithin vom allgemeinen Pflegesatz erfaßt und durch dessen Zahlung abgegolten.

War dagegen die Mitaufnahme der Kindesmutter in die Kinderklinik medizinisch nicht notwendig, dann wurden die durch sie verursachten Kosten weder mit der Zahlung des allgemeinen Pflegesatzes abgegolten, noch hatte die Beklagte diese Kosten zu tragen; denn nach § 184 Abs. 1 Satz 2 Abs. § 182 As 2 RVO darf die Krankenhauspflege das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. zu alledem BSG in SozR Nr. 15 zu § 184, BSGE 28, 253 = SozR Nr. 33 zu § 182 RVO; 35, 102 = SozR Nr. 54 zu § 182 RVO).

Allgemeine Rechtsgrundsätze, die einen Erstattungsanspruch rechtfertigen könnten, finden im vorliegenden Fall keine Anwendung. Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt u.a. ein rechtswidriges Verwaltungshandeln voraus (BSGE 34, 124, 126; siehe auch BSGE 41, 126, 127 sowie 260, 261; BVerwGE 38, 336, 346). Die Beklagte hat hier jedoch rechtmäßig gehandelt; sie hat die ihr obliegenden Leistungen zur Verfügung gestellt. Auch die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sind nicht erfüllt. Dieser kann zwar auch einer Privatperson gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Verwaltung zustehen. Er ist jedoch nur gegeben, wenn im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose unmittelbare Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 38, 46, 47). Das war hier - wie bereits dargelegt - nicht der Fall.

Nach alledem ist der Revision des Klägers der Erfolg versagt; denn die Vorinstanz hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 72

Breith. 1981, 93

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