Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung von Krankengeld, das sie für die Zeit vom 26. bis 29. Juli 1982 in Höhe von 144, 80 DM an die Arbeitslose Antonia M… (M) gezahlt hat. Diese bezog seit 1981 Arbeitslosengeld (Alg). Sie wollte vom 14. Juni bis 23. Juli 1982 einen Urlaub in Spanien verbringen. Dort erkrankte sie am 18. Juni 1982 und war bis 31. August 1982 arbeitsunfähig. Am 2. Sep-tember 1983 meldete sie sich erneut beim Arbeitsamt und beantragte die Wiederbewilligung des Alg.

Die Beklagte hatte vor Beginn des Urlaubs festgestellt, in den ersten drei Wochen könne eine Vermittlung aller Voraussicht nach nicht erfolgen, so daß für diese Zeit die Abwesenheit der M… ihrer Verfügbarkeit nicht entgegenstehe. Die Beklagte zahlte ihr Alg bis 24. Juli 1982, dem Ablauf der sechsten Woche seit Beginn des Auslandsaufenthalts von M…. Mit Bescheid vom 7. September 1982 hob sie die Alg-Bewilligung mit Wirkung vom 25. Juli 1982 auf. Zuvor hatte das Arbeitsamt am 3. Juni 1982 verfügt, daß die Zahlung des Alg mit Ablauf des 3. Juli 1982, dem Ende der dritten Urlaubswoche, eingestellt werde und von da ab wegen der Ortsabwesenheit der M… unter-bleiben sollte.

Den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Vorausset-zungen für eine Zahlung von Alg während einer Ortsabwesenheit bis zu drei Wochen im Jahr lägen nach § 6 der Aufenthaltsanordnung nur vor, wenn der Auslandsaufenthalt insgesamt sechs Wochen nicht überschreite. Da der Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 105b Arbeitsförde-rungsgesetz (AFG) wie der Anspruch auf Alg nach § 100 AFG zu beurteilen sei, hätten die Voraussetzungen für eine Leistungsfortzahlung über die sechste Woche des Auslandsaufenthalts hinaus nicht vorgelegen. Damit entfalle auch ein Erstattungsanspruch der Klägerin.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 144, 80 DM zu erstatten (Urteil vom 21. Juli 1983). Es hat die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 13. März 1984 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Anspruchsgrundlage sei § 105 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X). Hiernach müsse der zuständige Leistungsträger grundsätzlich im Umfang seiner Leistungspflicht dem unzuständigen Leistungsträger die Sozialleistungen erstatten, die dieser erbracht habe. Hier sei die Beklagte nicht der zuständige Leis-tungsträger. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, M… für den streitigen Zeitraum Alg zu zahlen. Voraussetzung für die Gewährung dieser Leistung sei u.a., daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe.

M… habe in dem hier streitigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf Alg gehabt, weil sie sich nicht im Nahbereich des Arbeitsamts aufgehalten habe und die Voraussetzungen der Verfügbarkeit nicht mehr vorgelegen hätten. Der § 105b Abs. 1 Satz 1 AFG begründe einen solchen Anspruch nicht.

Nach dieser Bestimmung verliere der Arbeitslose, der während des Bezugs von Alg arbeitsunfähig werde, dadurch nicht den Anspruch auf Alg für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Durch die Worte "verliert dadurch nicht", mit denen sie der Formu-lierung in § 1 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) folge, bringe die Vorschrift zum Ausdruck, daß nur das Fehlen der Arbeitsfähigkeit nicht schade. Diese werde sozusagen fingiert. Alle anderen Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg müßten aber weiterhin vorliegen. Falle nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Anspruchsvoraussetzung weg, so entfalle damit auch der Anspruch auf Alg. Das gelte auch für die einzelnen Tatbestandsmerkmale des zusammenfassenden Begriffs der Verfügbarkeit. Der § 105b AFG diene dazu, die Abwicklung der Leistungsfälle zu vereinfachen. Zu diesem Zweck sehe er vor, daß die Beklagte bei Arbeitsunfähigkeitszeiten von bis zu sechs Wochen Dauer die Leistung ununterbrochen gewähre. Dazu müsse sichergestellt sein, daß mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähig-keit ein Anspruch auf Alg weiterbestehe. Das sei nur der Fall, wenn die weiteren Voraussetzungen der Verfügbarkeit gegeben blieben.

Im vorliegenden Falle sei nicht sichergestellt, daß das Alg weiterzuzahlen sei, wenn die Arbeitsunfähigkeit ende. Der Arbeitslose nehme hier eine Ausnahmemöglichkeit in Anspruch und begebe sich außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamts. Damit stehe schon fest, daß ein Anspruch auf Alg nach Ablauf der vereinbarten Zeit, längstens nach drei Wochen, entfalle. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Arbeits-lose rechtzeitig in den Nahbereich des Arbeitsamts zurückkehre.

Im vorliegenden Falle habe zudem von vornherein festgestanden, daß der Alg-Anspruch der M… mit dem Ablauf der dritten Woche der Abwesenheit aus dem Nahbereich des Arbeitsamtes enden würde, da sie fast sechs Wochen in Spanien bleiben wollte. Diese Rechtsfol-ge, nämlich den Wegfall des Anspruchs auf Alg aus einem anderen Grunde als dem der Arbeitsunfähigkeit, habe der Gesetzgeber nicht dadurch ändern und in der Abwicklung erschweren wollen, daß bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern auch die Anwesenheit im Nahbereich des Arbeitsamts unterstellt werde. Dies werde auch durch die Rechtslage bei der Lohnfortzahlung bestätigt, an die sich § 105b AFG anlehne. Lohn werde während eines unbezahlten Urlaubs grundsätzlich nicht fortgezahlt. Die Fortzahlung des Alg könne auch nicht, wie das SG meine, nach dem Ablauf der sechsten Woche des auswärtigen Aufenthalts wieder aufgenommen werden. Der hierdurch bedingte erneute Wechsel des Leistungsträgers stehe mit dem Zweck von j 105b AFG nicht im Einklang. Auch eine entsprechende Anwendung der §§ 5 und 6 der Aufenthaltsanordnung könne im vorliegenden Falle nicht zu einer Leistungspflicht der Be-klagten für die Zeit nach Ablauf der sechsten Woche des auswärtigen Aufenthalts führen. Diese Vorschriften könnten nicht entsprechend angewendet werden.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 105b AFG. Sie meint, das LSG gehe zu Unrecht davon aus, § 105b AFG fingiere die Arbeitsfähigkeit. Die Vorschrift ordne vielmehr an, daß der Alg-Anspruch trotz Fehlens von Anspruchsvoraussetzungen für sechs Wochen weiterbestehe. Richtig sei allerdings, daß bei den Vorschriften über die Lohnfortzahlung verlangt werde, daß die Arbeitsverhinde-rung ausschließlich auf der Arbeitsunfähigkeit beruhe. Wenn das LSG von dieser für die Lohnfortzahlung geltenden Rechtslage ausgehend meine, ein Anspruch aus § 105b AFG habe hier nicht bestanden, weil wegen der über drei Wochen hinausgehenden Abwesenheit von M… ihre Verfügbarkeit entfallen sei, so übersehe es, daß allein die Krankheit M gehindert habe, in die Nähe des Arbeitsamts zurückzu-kehren.

Die Frage, ob nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Alg bestehe, habe nichts mit der Frage zu tun, ob während der Arbeitsunfähigkeit ein Leistungsfortzahlungsanspruch bestehe. Ab wann der Arbeitslose nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitsamt zur Verfügung stehen müsse, sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Unverständlich sei der Hinweis des LSG auf die Regelung bei der Lohnfortzahlung, wonach bei einer Erkrankung während eines unbezahl-ten Urlaubs der Lohn nicht fortgezahlt werde. Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Anspruch aus § 105b AFG während des "unbe-zahlten Urlaubs" ruhe, so habe M… doch nach Beendigung dieses Zeitraums einen Anspruch auf Leistungsfortzahlung gehabt, wie das SG richtig gesehen habe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. März 1984 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Juli 1983 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 24. Mai1984 - 7 RAr 97/83 - habe der M… an sich Alg nur bis zum 3. Juli 1982 gezahlt werden müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie gemäß § 3 der Aufenthaltsanordnung als verfügbar gegolten. Ab 5. Juli 1982 (einem Montag) habe dem Anspruch auf Alg ihre nicht genehmigte Ortsab-wesenheit entgegengestanden. Wenn das Arbeitsamt trotzdem Alg bis zum 24. Juli 1982 geleistet habe, so beruhe dies auf einer weiter-gehenden Praxis bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen.

Die Zahlung des Alg zwischen der vierten und sechsten Woche habe aber nicht zur Folge, daß über die sechste Woche des Aufenthalts außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamtes hinaus ein Anspruch auf Fortzahlung und somit ein Erstattungsanspruch der Klägerin bestehe. Der Auffassung der Klägerin, durch die primäre Leistungspflicht der Beklagten solle nicht nur der Wechsel der Leistungsträger bei kurzzeitigen Erkrankungen des Versicherten vermieden, sondern insbesondere auch die Krankenkassen durch die Lohnfortzahlung der Arbeitsämter entlastet werden, sei so nicht zu folgen.

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Verfahren des LSG, das hinsichtlich des Unterlassens einer notwendigen Beiladung von Amts wegen zu prüfen ist (seit BSG SozR 1500 § 75 Nr. 1 st. Rspr.), ist nicht zu beanstanden. M… war im Rechtsstreit nicht notwendig beizuladen. Wie der Senat schon entschieden hat, ist die Versicherte an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). In dem hier anhängigen Rechtsstreit ist kein Urteil denkbar, das Rechte oder Rechtsbeziehungen der M… gestaltet (vgl. Urteil des Senats vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 - SozR 4100 § 105b Nr. 1).

Die Klägerin macht ihr Begehren zutreffend in Form einer echten Leistungsklage geltend. Sie verfolgt einen eigenen Anspruch gegenüber der Beklagten. Zwischen ihr und der Beklagten besteht kein Über- und Unterordnungsverhältnis, das die Beklagte berechtigt und verpflich-tet, über den geltend gemachten Anspruch durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Die auf Zahlung von 144, 80 DM gerichtete Leistungskla-ge ist entgegen der Auffassung des LSG begründet.

Ob der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht, richtet sich, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nach den durch Art. I des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I 1450) eingeführten und mit Wirkung vom 1. Juli 1983 in Kraft getretenen §§ 102 f SGB X, durch die der Gesetzgeber die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander neu geregelt hat. Nach Art. II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 sind bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Damit sind auch noch nicht zu Ende geführte Gerichtsverfahren erfaßt worden, in denen Leistungsträger Erstattungsansprüche geltend machen, wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat (BSGE 56, 69, 70 f = SozR 1300 Art. II § 21 Nr. 1; vgl. ferner die zur Veröf-fentlichung vorgesehenen Urteile vom 28. März 1984 - 9a RV 50/82 -, 22. Mai1984 - 8 RK 45/83 -, 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 -, 15. November 1984 - 7 RAr 52/84 und 14. März 1985 - 7 RAr 61/84 -).

Allerdings kommt nach den vom LSG getroffenen Feststellungen entgegen dessen Auffassung als Anspruchsgrundlage ( § 105 SGB X nicht in Betracht. Diese Vorschrift setzt voraus, daß ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, d.h., daß es sich um Leistungen handelt, die ohne Rechtsgrund erbracht worden sind. Hier war aber die Klägerin nach dem Recht der Krankenversicherung der Arbeitslosen der M… gegenüber für die Tage nach Ablauf der sechsten Woche deren Auslandsaufenthalts zu einer endgültigen Gewäh-rung von Krankengeld verpflichtet. Das gilt unabhängig von der Frage, ob der M… ein Anspruch auf Alg für den hier in Betracht kommen-den Zeitraum vom 26. bis 29. Juli 1982 zustand.

Nach § 155 Abs. 1 AFG ist u.a. für den Fall der Krankheit versichert, wer Alg bezieht. Gemäß § 155 Abs. 2 AFG, § 182 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) hatte M… daher in Höhe des Betrages, das sie als Alg zuletzt bezogen hatte, vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an Anspruch auf Krankengeld (§ 158 Abs. 1 AFG). Dieser Anspruch ruht zwar nach § 183 Abs. 6 RVO, solange der Versicherte Alg bezieht; dies setzt aber voraus, daß tatsächlich Alg geleistet wird (vgl. BSGE 43, 68, 70 = SozR 2200 § 1504 Nr. 3; Urteil des Senats vom 14. März 1985 - 7 RAr 61/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Da M… für die Zeit vom 26. bis 29. Juli 1982 kein Alg erhalten hat, hat die Klägerin ihre aus der Krankenversicherung der Arbeitslosen folgende Pflicht erfüllt, wenn sie der M… für diese Zeit Krankengeld gewährt hat. Sie war daher insoweit der zuständige Leistungsträger. Aus den vorstehenden Gründen scheidet auch § 102 Abs. 1 SGB X als Anspruchsgrundlage aus. Dieser hat zur Voraussetzung, daß ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Da auch § 103 Abs. 1 SGB X nicht einschlägig ist - der Anspruch der M… auf Krankengeld ist nachträglich weder ganz noch teilweise entfallen -, kommt als Anspruchsgrundlage lediglich § 104 SGB X in Betracht.

Nach dieser Vorschrift hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, ohne daß die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, gegenüber dem Leistungsträger einen Erstattungsanspruch, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. März 1985 - 7 RAr 61/84 -entschieden hat, folgt die Nach-rangigkeit des Krankengeldes gegenüber dem auf § 105b AFG gestützten Anspruch auf Alg bei Arbeitsunfähigkeit aus dem Regelungszu-sammenhang dieser Vorschrift. Die Weiterzahlung des Alg in Anlehnung an die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle sollte nämlich, auch wenn dies nur Folge und nicht der Grund der Einführung des § 105b AFG gewesen ist, die Krankenkassen im allgemeinen von der Kran-kengeldzahlung an Arbeitslose in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit entlasten. Aus diesem Grunde ist mit der Einführung des § 105b AFG der § 183 Abs. 6 RVO ab 1. Januar 1981 dahin erweitert worden, daß nunmehr der Anspruch auf Krankengeld u.a. auch ruht, solange der Versicherte Alg bezieht. Der Anspruch auf Alg ist daher, jedenfalls soweit er auf § 105b AFG beruht, gegenüber dem Anspruch auf Krankengeld vorrangig.

Damit im Einklang steht auch die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 22. Mai 1985 - 1 RA 33/84 -. Auch hiernach ist für die Anwendung des § 104 Abs. 1 SGB X zunächst erforderlich, daß die Leistungen des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers rechtmäs-sig erbracht worden sein müssen. Auch die weiter vom 1. Senat für erforderlich gehaltene Voraussetzung, daß die Zuständigkeit und Verpflichtung des nachrangigen Leistungsträgers schon im Zeitpunkt der Leistungsgewährung der Höhe nach von der Leistungsverpflich-tung des vorrangig verpflichteten Trägers abhängig sein muß, liegt vor. Die Krankenkasse ist verpflichtet, das Krankengeld in Höhe des Alg zu zahlen. Schließlich besteht auch das vom 1. Senat aufgezeigte Anspruchshindernis nicht. Hiernach stehen zwei Leistungsträger zueinander nicht im Verhältnis des Vor- oder Nachranges, wenn, je nachdem welche Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, ausschließ-lich der eine oder der andere Träger zur Erbringung einer Sozialleistung zuständig und verpflichtet ist. In dem hier zu entscheidenden Fall hängt der Anspruch der Versicherten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gegenüber dem jeweiligen Leistungsträger von dersel-ben Tatbestandsvoraussetzung ab, nämlich dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bei dem Bezug von Alg (§ 105b AFG; § 155 Abs. 2 AFG i.V.m. § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO und § 158 AFG).

Auch die übrigen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs. 1 SGB X liegen vor. Die Klägerin hätte ihre Leistungen nicht erbringen müssen, wenn die Beklagte geleistet hätte, was aus § 183 Abs. 6 RVO folgt. Die Ansprüche der Berechtigten gegen beide Träger betreffen denselben Zeitraum. Sie sind auch von der Zielsetzung her gleichartig. Es handelt sich um Leistungen im Krankheitsfalle.

Dem Anspruch der Klägerin steht ferner nicht die Verfügung des Arbeitsamtes vom 3. Juni 1982 entgegen, daß die Zahlung mit Ablauf des 3. Juli 1982 unterbleiben sollte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, hat es sich hierbei um einen internen Aktenvermerk gehandelt, der keine Rechtswirkungen erzeugen konnte. Unerheblich ist auch, daß die Beklagte mit Bescheid vom 7. September 1982 nachträglich die Alg-Bewilligung mit Wirkung vom 25. Juli 1982 aufgehoben hat. Zum einen hatte zu diesem Zeitpunkt die Klägerin das Krankengeld bereits bewilligt, so daß der Erstattungsanspruch damit entstanden war (so BSGE 21, 84 zu § 1531 RVO; Schellhorn in GK-SGB X vor §§ 102 - 114 Rz 30, 32; § 104 Rz 55; Schroeder-Printzen/Engelmann SGB X 1 104 Anm. 5; Hauck/Haines SGB X 3 Rz 32 zu § 104); zum anderen steht wegen der Eigenständigkeit des Erstattungsanspruchs die rückwirkende Aufhebung der Alg-Bewilligung gegenüber der M… der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht entgegen (BSG SozR Nr. 2 zu § 1531; Schellhorn in GK-SGB X vor §§ 102- 114 Rz 35).

M… hatte gemäß § 105b AFG einen Anspruch auf Alg auch für die Zeit vom 26. bis 29. Juli 1982. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift verliert der Arbeitslose den Anspruch auf Alg für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nicht dadurch, daß er während des Bezuges von Alg infolge von Krankheit arbeitsunfähig wird. M war am 18. Juni 1982 während des Bezuges von Alg arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat dies, soweit es den Zeitraum bis zum 24. Juli angeht (der 25. Juli 1982 war ein Sonntag), beachtet und der M… bis zu diesem Tage das Alg belassen. Zu Unrecht hat sie sich jedoch geweigert, der M… auch für die restlichen vier Tage der sechs Wochen seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Alg zu zahlen. Die Rechtsfolge des § 105b AFG ist zunächst daran geknüpft, daß der Arbeitslose während des Bezuges von Alg arbeitsunfähig erkrankt. Die vom Gesetz gewählte Formulierung, daß der Arbeitslose dadurch, d.h. durch die die Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung, den Anspruch auf Alg bis zur Dauer von sechs Wochen nicht verliert, macht deutlich, daß die Fortzahlung des Alg grundsätzlich nur in Betracht kommen soll, wenn die Leistung ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weiterzuzahlen wäre. Das bedeutet, andere Gründe dürfen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Alg führen. Da es sich hier um die Frage handelt, ob die Beklagte berechtigt war, das rechtmäßig bewilligte Alg mit Wirkung vom 25. Juli 1982 zu entziehen, kann es sich nur um solche Gründe handeln, die sie berechtigen, gemäß § 48 Abs. 1 SGB X den Bewilligungsbescheid aufzuheben. Dies setzt voraus, daß in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß des Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Das ist hier nicht der Fall.

Wesentlich ist eine Änderung, die dazu führt, daß der gesetzliche Tatbestand für die bisherige Leistung nicht mehr vorliegt. Soweit M… die Absicht hatte, auch in der Zeit vom 4. bis 23. Juli 1982 ohne Einwilligung des Arbeitsamts in Spanien Urlaub zu machen, konnte sie diesen Plan wegen des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit nicht verwirklichen. Die Absicht allein, sich von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht im Nahbereich des Arbeitsamtes aufzuhalten und damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung zu stehen (§ 103 Abs. 1 Nr. 3 AFG), reicht nicht aus, um die Verfügbarkeit und damit einen Anspruch auf Alg zu verneinen. Das gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, die M… hätte, wenn sie nicht arbeitsunfähig geworden wäre, ihre Absicht verwirklichen wollen. Auch dann hätten sich gegenüber dem Zeitpunkt der Bewilligung die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert. Es handelt sich insoweit nicht um eine Tatsache, sondern um eine Hypothese, die nicht zu einer Änderung der rechtlichen Beurteilung führen kann.

Auch wenn man davon ausgeht, daß im Hinblick auf die Residenzpflicht gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 3 AFG und entsprechend den Bestim-mungen der Aufenthaltsanordnung nach einem Aufenthalt von mehr als sechs Wochen die Verfügbarkeit entfällt, steht dies einer Anwen-dung des § 105b AFG nicht entgegen. M… war nicht verpflichtet, der Residenzpflicht nachzukommen. Wenn § 105b AFG bestimmt, Ar-beitsunfähigkeit wegen Krankheit führe während des Bezugs von Alg nicht zum Verlust der Leistung bis zu der dort vorgesehenen Dauer, so bedeutet dies nicht, wie das LSG meint, die Vorschrift fingiere die Verfügbarkeit. Vielmehr geht sie davon aus, daß ein Anspruch auf Alg trotz fehlender Verfügbarkeit besteht (so auch Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 103 Erl. 2a). Zwar schließt eine Arbeitsunfähigkeit nicht schon begriffsnotwendig die Verfügbarkeit aus. Verfügbarkeit besteht z.B. dann, wenn der arbeitsunfähige Versicherte eine seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Beschäftigung sucht. Eine einmal eingetretene Arbeitsunfähigkeit endet weder dadurch, daß der Versicherte in der Lage ist, einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, noch dann, wenn er zur Aufnahme einer anderen Beschäftigung bereit ist, solange die Arbeitsvermittlung zu keinem Erfolg geführt hat (BSG SozR 4100 § 158 Nr. 6). Im Hinblick darauf, daß der § 105b AFG an den Bezug von Alg bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit anknüpft, ist jedoch bei der Beurteilung der Frage, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, nicht die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zugrunde zu legen, sondern der Tätigkeitsbereich, der für eine Vermittlung des Arbeitslosen in Betracht kommt (so auch Hennig/Kühl/Heuer a.a.O.; Nr. 3.3. des Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkas-sen und der Bundesanstalt für Arbeit vom 20. November 1980, abgedruckt bei Schmitz/Specke/Picard, AFG, 2. Aufl., Stand: 1. April 1981, Übergangsverlautbarungen S. 163). Dies bedeutet aber, daß fehlende Verfügbarkeit und Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 105b AFG identisch sind. Diese Bestimmung geht davon aus, daß der arbeitsunfähige Arbeitslose insoweit nicht in der Lage ist, eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben und dadurch gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht. Dies wiederum hat zur Folge, daß dem Arbeitslosen nicht zugemu-tet werden kann, trotz der fehlenden Verfügbarkeit gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG der Residenzpflicht gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 3 AFG nachzukommen.

Mit der Residenzpflicht soll eine sofortige Vermittelbarkeit erreicht werden. Diesem Zweck steht jedoch im allgemeinen die fehlende Leistungsfähigkeit des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitslosen entgegen. So hat dann auch die Beklagte in ihrem Runderlaß vom 5. Dezember 1980 (Dienstblatt 301/80 Nr. 5.3 Abs. 1) keine Bedenken gegen eine Leistungsfortzahlung, wenn sich ein im Inland arbeitsun-fähig erkrankter Leistungsempfänger während des Bezugs von Alg gemäß § 105b AFG ins Ausland begeben will, sofern die jeweils zu-ständige Krankenkasse in vergleichbaren Fällen das Krankengeld weiterzahlt. Es kommt danach nicht darauf an, ob der arbeitsunfähige Leistungsempfänger die Residenzpflicht gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG erfüllt. Wenn von einem Leistungsempfänger, der sich bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am Wohnort aufhält, nicht verlangt wird, dort zu bleiben, um seiner Residenzpflicht zu genügen, obwohl er reisefähig und damit auch in der Lage ist, das Arbeitsamt aufzusuchen, muß dies erst recht für Arbeitslose gelten, die während des Bezugs von Alg im Ausland, d.h. außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamts erkranken. Ein solcher Arbeitsloser ist u.U. nicht reisefähig, muß den Arzt wechseln und gefährdet womöglich seine Gesundung, wenn er trotz der Arbeitsunfähigkeit die Heimreise antritt. Wenn die Beklagte nach ihrem vorstehend aufgeführten Runderlaß lediglich zwischen Inlands- und Auslandsaufenthalt unterscheidet, so ist dies unter dem Gesichtspunkt der Residenzpflicht nicht erheblich. Hierfür kommt es nur darauf an, ob sich der Arbeitslose im oder außerhalb des Nahbereichs des Arbeitsamts aufhalten muß. Ist dies, wie hier, nicht der Fall, können Beweisschwierigkeiten, wie sie das LSG aufgezeigt hat, nicht eintreten.

Soweit das LSG darauf abstellt, es müsse sichergestellt sein, daß mit dem Wiedereintritt der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Alg weiterbestehe, ist dies kein Kriterium für die Frage, ob § 105b AFG anwendbar ist. Für den Anspruch auf Alg ist bei Eintritt der Arbeitsun-fähigkeit unerheblich, ob Leistungsträger gemäß § 105b AFG die Beklagte oder gemäß § 158 AFG die Krankenkasse ist. Allerdings erspart sich der Arbeitslose, wenn die Beklagte Leistungsträger ist, den Wechsel von der Krankenkasse zum Arbeitsamt. Das ist, wie der Senat in dem erwähnten Urteil vom 24. Mai 1984 näher dargelegt hat, der eigentliche Zweck des § 105b AFG. Auch dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es im vorliegenden Falle, die Beklagte als zuständigen Leistungsträger anzusehen. Sie soll grundsätzlich bei Arbeitsunfähig-keit für sechs Wochen das Alg erbringen, das gemäß § 105b AFG nicht wegen Arbeitslosigkeit, sondern wegen Krankheit fortgezahlt werden soll.

Da hiernach die Beklagte verpflichtet war, der M… für die Dauer von sechs Wochen seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Alg zu zahlen, hat die Klägerin gemäß § 104 Abs. 1 SGB X dem Grunde nach einen Erstattungsanspruch, der nach § 104 Abs. 2 SGB X auch der Höhe nach gerechtfertigt ist. Das von der Klägerin gezahlte Krankengeld entspricht gemäß § 158 AFG der Höhe nach dem Alg, das die Beklagte gemäß § 105b AFG zu zahlen hätte.

Auf die Revision der Klägerin muß daher das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.7 RAr 74/84

Bundessozialgericht

Verkündet am 25. Juli 1985

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518288

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