Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.09.1962)

SG Köln (Urteil vom 02.11.1959)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 1962 abgeändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 2. November 1959 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Kosten sind dem Kläger für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger, geboren am 1. März 1897, von Beruf Angestellter, war bis 1925 in Polen, sodann in S. (Z.), Bezirk B. W. ansässig. Seit seiner Entlassung aus polnischer Internierung im Jahre 1953 lebt er in der Bundesrepublik. Mit Bescheid vom 18. Juni 1955 bewilligte ihm die Beklagte Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Kläger focht diesen Bescheid mit der Klage an, er begehrte eine höhere Rente. Die Beklagte entsprach dem Klagebegehren teilweise mit dem Bescheid vom 17. Januar 1956 durch die Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten; den weitergehenden Klageantrag wies das Sozialgericht (SG) K. ab (Urteil vom 2. November 1959). Der Kläger legte Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1961 die Rente neu nach dem Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) vom 25. Februar 1960 und stellte sie nach Art. 6 § 6 Abs. 2 dieses Gesetzes um. Bei der Umstellung ergab sich ein niedrigerer monatlicher Zahlbetrag als bisher; dem Kläger wurde deshalb nach Art. 6 § 11 FANG der bisherige höhere Rentenbetrag weiter gewährt. Die Beklagte kam zu diesem Ergebnis, weil der Kläger nach ihrer Meinung für seine Tätigkeit vom 1. September 1925 bis 31. Dezember 1941 beim „Bankverein S. eGmbH”, der ab 1939 in „Raiffeisenbank eGmbH Z.” umgewandelt wurde, in die Leistungsgruppe B 2 der Anlage 1960 (FRG) einzustufen war. Der Kläger wandte sich auch gegen den Bescheid vom 18. September 1961.

Das Bundessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen erließ am 24. September 1962 folgendes Urteil: „Unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 2. November 1959 und unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. September 1961 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Rentenbescheid zu erteilen, in dem die Rente ab 1. Januar 1959 unter Einstufung der Beschäftigung in der Zeit vom 1. September 1925 bis 31. Dezember 1941 in die Leistungsgruppe 1 der Anlage 1 Abschnitt B zum FANG berechnet ist.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des 1. und 2. Rechtszuges zu erstatten.”

Es führte aus, der Kläger sei für die Zeit vom 1. September 1925 bis 31. Dezember 1941 der Leistungsgruppe B 1 zuzuordnen. Für die Frage der Einstufung in die Leistungsgruppe B 1 oder B 2 sei zunächst festzustellen, ob der Versicherte in einem Betrieb einen speziellen Beruf der in der Leistungsgruppe B 2 aufgeführten Art. ausgeübt habe oder ob ihm im wesentlichen Tätigkeiten abgelegen hätten, die der Unternehmertätigkeit nahekommen. Das Hauptgewicht für die Einstufung in die Leistungsgruppe B 1 sei darauf zu legen, wie weit die ordnungsgemäße und erfolgreiche Bewältigung der dem Betrieb oder der Abteilung oder der Dienststelle obliegenden sachlichen Aufgaben von Maßnahmen abhänge, die der versicherte Angestellte selbständig und verantwortlich nach eigener Beurteilung und Entscheidung bestimmen müsse; es sei nicht so wichtig, wieviele Personen dem Versicherten unterstanden hätten; hinzukommen müsse aber, daß dabei erhebliche wirtschaftlichen Werte auf dem Spiel stehen oder Aufgaben zu erfüllen seien, die sich auf einen größeren Personenkreis auswirken. Für den Kläger träfen diese Voraussetzungen zu; er sei der Hauptgeschäftsführer der Genossenschaftsbank gewesen; die erfolgreiche Vertretung der Interessen der Genossen sei unbeschadet der von der Mitgliederversammlung zu treffenden Entscheidungen und der Aufgaben des Aufsichtsrats weitgehend von den Maßnahmen des Klägers abhängig gewesen; diese Maßnahmen hätten auch erhebliche wirtschaftliche Werte betroffen. Das zeige die Höhe der Bilanzsumme (im Jahre 1939 = 1.1 Millionen Zloty) und des Gewinnes (im Jahre 1939 = 18.000,– Zloty) sowie des Eigenkapitals des Bankvereins (nach den Angaben des Klägers 237.000,– Zloty). Für die Zeiten vor 1925 habe die Beklagte den Kläger dagegen in einem während des Berufungsverfahrens abgegebenen Anerkenntnis für die einzelnen Tätigkeiten in die richtigen Leistungsgruppen eingeordnet. Auch im übrigen sei die Berufung des Klägers nicht begründet. Das LSG ließ die Revision zu.

Nach Zustellung dieses Urteils am 16. Oktober 1962 legte die Beklagte am 10. November 1962 Revision ein.

Sie beantragte,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen.

Am 5. Dezember 1962 begründete sie die Revision: Das LSG habe nicht berücksichtigt, daß es sich bei dem Bankverein Sepolno um ein kleineres Unternehmen gehandelt habe, das seiner Bedeutung nach etwa mit einer kleineren Sparkassen- oder Bankfiliale zu vergleichen sei. Die Bezahlung des Leiters einer solchen Filiale mit 6 Beschäftigten werde sich etwa nach der Tarifgruppe IV a richten und bei Sparkassen und Banken, die öffentlich-rechtliche Körperschaften seien, noch in den Aufgabenbereichdes mittleren gehobenen Diensten gehören, dessen Angehörige sicher nicht in die Leistungsgruppe B 1 einzuordnen seien. Das Gewicht einer leitenden Tätigkeit ergebe sich nicht so sehr aus der unbeschränkten Aufsichts- und Dispositionsbefugnis, sondern weitgehend aus der Größe des Betriebes. Dabei müsse regelmäßig dem Angestellten der Leistungsgruppe B 1 jedenfalls noch ein Angestellter der Leistungsgruppe B 2 unterstellt gewesen sein; der Leistungsgruppe B 1 seien nur die Angestellten zuzuordnen, die eine nach Umfang und Bedeutung herausragende Stellung hätten.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des SozialgerichtsgesetzesSGG –); sie ist auch begründet. Streitig ist allein noch, ob der Kläger für die Zeit seiner Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer des Bankvereins Sepolno (später Raiffeisenbank Zempelburg) in den Jahren 1925 bis 1941 der Leistungsgruppe B 1 oder der Leistungsgruppe B 2 der Anlage 1 zu § 22 FRG zuzuordnen ist. Bei den Leistungsgruppendefinitionen der Anlage 1 zu § 22 FRG handelt es sich ebenso wie bei den Definitionen der Vergütungsgruppen der Anlage 1 zur TO A (vgl. hierzu die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Arbeitsrechtliche Praxis zu § 3 TO A, insbesondere Nr. 1 mit Anmerkung von Neumann-Duesburg, Nr. 2, 4, 5; Nr. 18, 19 mit Anm. von Jesch) uum unbestimmte Rechtsbegriffe; sowohl die Anwendung dieser Rechtsbegriffe als auch die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diese Rechtsbegriffe unterliegt der Nachprüfung des Revisionsgerichts. Das LSG hat zu Unrecht die Voraussetzungen für die Zuzuordnung zu der Leistungsgruppe B 1 als gegeben angesehen.

Die Leistungsgruppe B 1 erfaßt „Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis”; anders als bei den übrigen Leistungsgruppen sind einzelne Berufe hier nicht aufgeführt. Weder der Begriff des „Angestellten in leitender Stellung” noch der Begriff der „Aufsichts- und Dispositionsbefugnis” ist eindeutig. Der Begriff des „Angestellten in leitender Stellung” findet sich im Recht der Sozialversicherung auch in § 165 b Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG); er wird insoweit dahin verstanden, daß es sich um Angestellte handeln muß, die eine im allgemeinen selbständige Tätigkeit mit selbständiger Verantwortung ausüben (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, 304 b unter A II, 2). Aus dem Zusatz „mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis” in der Leistungsgruppendefinition ergibt sich zunächst, daß hier der Kreis der Angestellten in leitender Stellung enger gefaßt ist. Auch im Arbeitsrecht (vgl. hierzu Bulla, in Festschrift für Herschel, Schriftenreihe des Bundesarbeitsministeriums Heft 1, 1955, 121 ff mit weiteren Hinweisen) gibt es keine einheitlichen Begriffe und keine einheitlichen Begriffsmerkmale allgemeiner Art. für den Begriff des „leitenden Angestellten” oder des „Angestellten in leitender Stellung” (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Januar 1965, NJW 1965, 1549). Ebenso wie im Arbeitsrecht kann auch im Recht der Sozialversicherung für die Auslegung des Begriffs „Angestellte in leitender Stellung” nur die jeweilige Rechtsvorschrift, in der dieser Begriff verwendet wird, und der mit der jeweiligen Regelung verfolgte Zweck herangezogen werden; dabei ist auch die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen. Für die Auslegung der Definition der Leistungsgruppe B 1 ist zunächst zu bedenken, daß diese Leistungsgruppe nicht nur Angestellte erfassen kann, deren Gehaltsbezüge die jeweilige Versicherungspflichtgrenze bereits überschritten haben (vgl. § 18 Abs. 2 FRG und die Anlagen 2 und 3 zu § 22 FRG; Jantz/Zweng/[xxxxx]cher, I [xxxxx] neue Fremdrenten- und Auslandsrentenrecht, 2. An N., Anm. 5 und 6 zu § 18 FRG). „Nach unten” ergibt sich eine Begrenzung andererseits dadurch, daß die Angehörigen der Leistungsgruppe B 1 durch ihre Tätigkeit über die Angehörigen der Leistungsgruppe B 2 herausragen müssen. In die Leistungsgruppe B 2 gehören nach Satz 1 der Leistungsgruppendefinition (Satz 2 kann hier außer Betracht bleiben) „Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben”. Hieraus ergibt sich zwar nicht, daß die Einstufung in die Leistungsgruppe B1 eine „uneingeschränkte” Aufsichts- und Dispositionsbefugnis voraussetzt, weil es zum Wesen jeder Arbeitnehmertätigkeit gehört, daß der Arbeitnehmer einer gewissen Aufsicht durch den Arbeitgeber unterliegt und von Weisungen des Arbeitgebers niemals völlig frei sein kann (vgl. auch BSG 13, 196, 197); es muß deshalb genügen, ist aber auch erforderlich, daß die Aufsichts- und Dispositionsbefugnis bei den Angehörigen der Leistungsgruppe B 1 eine umfangreiche gewesen ist (vgl. hierzu den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik – zu Drucks. IV 3233 – zu Art. 1 § 4 zu § 22 FRG). Diese Angestellten müssen deshalb in der Regel unternehmerische Funktionen jedenfalls hinsichtlich eines wesentlichen Teilbereichs des Unternehmers oder der Dienststelle selbständig und selbstverantwortlich wahrgenommen haben. Auch ein solches Ausmaß der Aufsichts- und Dispositionsbefugnis reicht aber für die Zugehörigkeit zu der Leistungsgruppe B 1 trotz des Wortlauts der Leistungsgruppendefinition nicht aus. Diese Definition ist nicht erschöpfend. Der Vergleich mit der Definition der Leistungsgruppe B 2 und die zusammenfassende Würdigung aller Leistungsgruppen machen vielmehr weitere Abgrenzungen erforderlich (vgl. hierzu auch das Urteil des erkennenden Senats vom 13. August 1965 – 11 RA 340/63 –). Schon die Zugehörigkeit zu der Leistungsgruppe B 2 setzt „besondere Erfahrungen und selbständige Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit” voraus; bemerkenswert ist ferner, daß bei fast allen dort – beispielweise – aufgeführten Berufen, u. a. auch bei der verantwortungsvollen Tätigkeit eines Bilanzbuchhalters, ein Alter über 45 Jahren gefordert wird; diese Altersgrenze ist vermutlich eingefügt worden, weil sie auf besondere Erfahrungen schließen läßt. Ausgenommen von dieser Altersgrenze sind nur der Chefkameramann, der leitende Wirtschafter in der Landwirtschaft, hochbezahlte Mitglieder eines Kulturorchesters und der Oberarzt. Diesen Berufen ist im allgemeinen ohnehin schon eine besondere qualifizierte und längere Zeit in Anspruch nehmende Vorbildung gemeinsam. Für die Zugehörigkeit zur Leistungsgruppe B 1 folgt hieraus, daß auch diese Leistungsgruppe besondere Erfahrungen in dem dem Angestellten übertragenen Tätigkeitsbereich voraussetzt; diese Angestellten müssen daher – in der Regel – ein Alter gehabt haben, der der unteren Altersgrenze von 45 Jahren der Leitungsgruppe B 2 nahe kommt, oder eine besondere Ausbildung für ihre Tätigkeit erworben haben. Hinzukommen muß aber nach der Überzeugung des Senats, daß sich die Tätigkeit des „Angestellten in leitender Stellung” und seine Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse in einem Rahmen abgespielt haben, den erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zugekommen ist; deshalb kann in der Regel die Größe und Bedeutung des Unternehmens, der Dienststelle oder der Abteilung, in der der Angestellte leitend tätig ist, nicht außer Betracht bleiben (vgl. auch Satz 2 der Definition der Leistungsgruppe B 2). Dabei lassen den hinsichtlich der Zahl der ihm unterstellten Personen keine festen Grenzen angeben, das ist auch nicht erforderlich, daß dem Angestellten der Leistungsgruppe B 1 – wie die Beklagte meint – jedenfalls ein Angehöriger der Leistungsgruppe B 2 habe unterstellt sein müssen; die Zahl der einem Angestellten unterstellten Personen und die Bedeutung der Tätigkeit dieser Personen lassen aber zusammen mit den übrigen Erfordernissen Schlüsse darauf zu, ob ein Angestellter der Leistungsgruppe B 1 zuzuordnen ist.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus dem vom LSG festgestellten Sachverhalt und aus den eigenen Angaben des Klägers in seinen vom LSG in Bezug genommenen Schriftsätzen, daß der Kläger eine spezielle Ausbildung für seine Tätigkeit im Bankfach nicht gehabt hat. Der Kläger hat von 1904 bis 1914 die Schule (nach seinen Angaben eine Handelsschule) besucht, jedoch ohne Abschluß, sodann von Januar bis Juni 1915 im Büro einer Eisenbahnbetriebswerkstätte, anschließend bis November 1916 als Hilfsheizer, sodann 5 Monate wieder in der Buchhaltung der Eisenbahnbetriebswerkstätte, 3 Monate als Kanzleischreiber beim Landgericht Lodz, 2 Monate als Mühlenbuchhalter und etwa 1 Jahr (bis November 1918) als Amtsschreiber im Polizeipräsidium Lodz gearbeitet, anschließend ist der Kläger arbeitslos und sodann bis August 1920 Soldat in der polnischen Armee gewesen. Von September 1920 an ist er bei der Deutschen Genossenschaftsbank in Lodz zunächst in der Warenabteilung und in der Buchhaltung, ab September 1922 im Revisionsdienst tätig gewesen, „Besondere Erfahrungen” im Bankfach, insbesondere für die Leitung einer Bank, hat der Kläger auf Grund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Tätigkeit bis zum Jahre 1925 demnach nicht gehabt, zumal er bei der Übernahme der Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer des Bankvereins Sepolno auch erst 28 Jahre alt gewesen ist. Es ist deshalb sogar fraglich, ob er in den ersten Jahren seiner Tätigkeit nach 1925 die Voraussetzungen der Leistungsgruppe B 2, die bereits – wenn auch bei eingeschränkter Dispositionsbefugnis – „besondre Erfahrungen”, selbstständige Leistungen und verantwortliche Tätigkeit voraussetzt, erfüllt hat. Zwar hat er sicherlich während seiner 16 Jahre umfassenden Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer auch „besondere Erfahrungen” erworben, er hat auch Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse gehabt. Seine Tätigkeit hat aber in der gesamten Zeit von 1925 bis 1941 nicht wesentlich über den Aufgabenbereich und die Verantwortung hinausgeragt, die auch entgegen der Meinung des LSG wirtschaftlich keine wesentlich größere Bedeutung gehabt. Zwar wird der Vergleich der Tätigkeit des Klägers mit dem Leiter einer Bank- oder Sparkassenfiliale entgegen der Auffassung der Beklagten der Tätigkeit des Klägers nicht gerecht, weil einem Filialleiter in der Regel größere Bindungen hinsichtlich seiner Verantwortung und seiner Aufsichts- und Dispositionsbefugnis auferlegt sind als dem Hauptgeschäftsführer einer kleineren Bank. Bei der Tätigkeit des Klägers hat es sich indessen zwar um eine „verantwortliche” Tätigkeit gehandelt, sie hat sich aber auch bei Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Bilanzsumme, des Eigenkapitals und des Gewinns des Bankvereins Sepolno im Vergleich mit anderen Banken nur auf ein kleines Bankunternehmen mit sehr begrenztem Wirkungsbereich bezogen; der Kläger gibt selbst an (Schriftsatz vom 4. Januar 1962), daß während seiner Tätigkeit in Sepolno an diesem Ort jedenfalls auch die Kreissparkasse, zeitweise auch noch zwei weitere Kreditinstitute Bankgeschäfte betrieben haben. Dem Kläger sind auch nur 6 Personen unterstellt gewesen, wobei davon auszugehen ist, daß es sich bei diesen 6 Personen nicht nur um Bankangestellte, sondern teilweise auch um Hilfskräfte für einfache Büroarbeiten gehandelt hat. Zu beachten ist schließlich, daß der Kläger, wiederum nach seinem eigenen Vorbringen, durch seine Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer des Bankvereins nicht einmal voll in Anspruch genommen gewesen ist; er hat vorgetragen, er sei nebenberuflich geschäftsführendes Vorstandmitglied der Viehvorwertungsgenossenschaft Zempelburg eGmbH gewesen, dabei habe es sich um ein Unternehmen von erheblichem Umfang gehandelt; Außerdem habe er noch ein Gut von 1000 Morgen verwaltet. Der Kläger hat sich überdies – wiederum nach seinen eigenen Angaben (Schriftsatz vom 2. Juli 1962) – in die Aufgaben der Geschäftsführung bis 1939 mit dem weiteren hauptamtlichen Geschäftsführer geteilt, dem „ähnliche Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse wie dem Kläger” zugestanden hätten, wenngleich „bestimmte geschäftliche oder verwaltungstechnische Vorfälle … allein dem Kläger zur Entscheidung vorbehalten” gewesen seien; auch dieser weitere hauptamtliche Geschäftsführer ist nach den Angaben des Klägers durch seine Tätigkeit nicht voll im Anspruch genommen worden, sondern hat „nebenberuflich” noch ein Getreidegroßhandelsgesellschaft kaufmännisch betreut. Durch die auch diesem Geschäftsführer eingeräumte Aufsichts- und Dispositionsbefugnis sind jedenfalls die Bedeutung der dem Kläger zustehenden leitenden Tätigkeit und seine Aufsichts- und Dispositionsbefugnisse in diesem kleinen Bankbetrieb weiter verringert und das Gewicht seiner Tätigkeit eingeschränkt worden. Wenn der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit noch „an der Grenze” zu der Leistungsgruppe B 3 gewesen ist, so ist bei Berücksichtigung aller Umstände, auch des fortschreitenden Alters und der zunehmenden Erfahrungen, seine Tätigkeit insgesamt mit der Zuordnung zu der Leistungsgruppe B 2 von der Beklagten zutreffend berücksichtigt worden.

Das LSG hat demnach den Rechtsbegriff des „Angestellten in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis” im Sinne der Definition der Leistungsgruppe B 1 zu weit ausgelegt und damit § 22 FRG nicht richtig angewandt. Es hat zu Unrecht den Bescheid vom 18. September 1961, den die Beklagte während des Berufungsverfahrens erlassen hat, abgeändert.

Die Revision der Beklagten ist deshalb begründet. Das Urteil des LSG ist abzuändern. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Die vom LSG festgestellten Tatsachen und die Angaben des Klägers, die das LSG mit herangezogen hat, lassen den Schluß zu, daß die Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1925 bis 1941 der Leistungsgruppe B 2 zuzuordnen ist. Das Begehren des Klägers im Berufungsverfahren, das auch auf die Aufhebung des Bescheids vom 18. September 1961 gerichtet und insoweit als Klage anzusehen ist, ist unbegründet, diese Klage ist abzuweisen. Die Berufung des Klägers ist in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 113

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